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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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Eminenz lässt bitten.«
    »Danke, Monsignore.«
    Felici stieg eine Marmortreppe mit geschnitztem Geländer hinauf, die von einem Kronleuchter erhellt wurde. Dann gingen die Männer über einen langen Gang mit gewölbter, bemalter Decke, kamen durch ein Vorzimmer mit roten Samtsofas und blieben schließlich vor einer Doppeltür mit Goldverzierungen stehen.
    Felici klopfte einmal kurz, dann öffnete er die Tür. Carlton sah ein riesiges Büro vor sich. Er war kein Neuling an den Schaltstellen der Macht – ähnliche Räume hatte er im Capitol und in verschiedenen Behördenzentralen schon oft gesehen, aber so etwas Prächtiges noch nie. Nur ein weißer Computer machte die Illusion zunichte, durch einen Zeitsprung zurück ins siebzehnte Jahrhundert versetzt worden zu sein. Der Raum hatte ungefähr die Maße einer Sporthalle. Glänzend poliertes Parkett mit Intarsien, an den Wänden Meisterwerke der Renaissance von Raffael, Tizian und Botticelli mit Goldrahmen, Decken mit Fresken in gedämpften Blau-, Rot- und Gelbtönen. Aus allen vier Ecken an der Decke blickten Engelsfiguren mit Schwertern herab – bildhauerische Meisterwerke – und bewachten ihre irdischen Schützlinge. Bleigefasste Fenster mit welligen Einlagerungen, die vom hohen Alter des Glases zeugten, verstärkten das schwache Licht der Wintersonne. Die Strahlen fielen auf ein massives Kreuz aus Silber und Rosenholz aus dem siebzehnten Jahrhundert auf rotem Seidenbrokat; darunter stand eine Kniebank, die mit rotem Samt bezogen war. Die Pracht des Zimmers wurde von der relativen Leere darin nur unterstrichen. In der Mitte standen zwei Sessel und ein mit Schnitzwerk versehener und vergoldeter Louis-seize-Schreibtisch – so groß und wuchtig, dass er als Barrikade für einen mittelalterlichen Raubritter hätte dienen können.
    Ein beleibter Mann in Scharlachrot und Weiß mit einem roten zuchetto auf dem Kopf erhob sich hinter dem Tisch und kam auf Carlton zu, der sich vorstellte. Der weißhaarige Mann nickte mit einstudierter Ruhe. »Willkommen im Vatikan, Signore. Willkommen in der Banco Vaticano. Ich bin Kardinal Giovanni Benedetti.«
    Als guter Katholik hätte Carlton sich beinahe hingekniet und den Ring des Kardinals geküsst. Doch er war in offizieller Mission hier, und die Geste hätte unangebracht gewirkt, da es sich nicht um einen privaten Besuch handelte. Stattdessen schüttelte er die dargebotene Hand. »Eminenz«, grüßte er respektvoll.
    »Sie haben eine lange Reise hinter sich, Mr Carlton. Setzen wir uns. Möchten Sie Kaffee?« Der Mann sprach gemächlich, aber nicht langsam. Er wies auf die rote Samtgarnitur und warf dann Felici, der geduldig an der Tür wartete, einen Blick zu. Ohne auf Carltons Antwort zu warten, bestellte er Kaffee. »Due espressi per favore, Lucca.«
    »Si, Eminenza.« Der tüchtige Monsignore verbeugte sich und verließ das Zimmer.
    Beide Männer saßen nun, Carlton unsicher auf der Sesselkante, Benedetti bequem zurückgelehnt. Carlton sah, wie der Kardinal ein schweres Goldkruzifix befingerte, das er an einer Kette am Hals trug. Seine Korpulenz behinderte ihn keineswegs in seinen Bewegungen. Sein Gesicht war groß und fleischig, mit beginnendem Doppelkinn und markanter Adlernase. Hätte Carlton den Mann woanders kennen gelernt, ohne Kardinalskleidung, hätte er ihn vielleicht für einen Winzer im Ruhestand oder für einen Bauern gehalten. Was ihm an Benedetti am meisten auffiel, waren die Augen. Anders als die meisten Mitglieder der römischen Kurie, in deren Augen Carlton oft politische Gerissenheit oder Arroganz erkannt hatte, blickten Benedettis Augen zwar wachsam, aber dennoch warm und bescheiden. Der Kardinal wirkte so, als sähe er lieber ein Fußballspiel als die politischen Winkelzüge einer obskuren Finanzinstitution.
    Carlton hatte lange und gründlich darüber nachgedacht, wie er das Thema Diamanten vor dem Kardinal anschneiden sollte. Er hatte sich angelesen, dass man bei einem Mitglied der römischen Kurie am schnellsten auf den Punkt kam, wenn man das genaue Gegenteil tat und sich der althergebrachten diplomatischen Kunst der Romanita befleißigte. Mit anderen Worten: Man musste den Ball verstecken. Aber Carlton war amerikanischer Anwalt und geradeheraus; er war so etwas nicht gewöhnt.
    Den Ball zu verstecken war für ihn gleichbedeutend mit Zeitverschwendung.
    Im Grunde ging es auch eher darum, wie viel Information Carlton preisgeben wollte. Jede Besprechung zwischen Repräsentanten fremder Mächte war ein

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