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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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den Armen. Er konnte nicht einmal ans Telefon kommen, keine zwei Meter entfernt. Er spürte, wie das Leben aus ihm wich. Bald verebbte aller Schmerz, und er fühlte sich von Wellen der Ruhe durchströmt. Und als die Dunkelheit sich über ihn senkte, begann Lassiter zu beten.
    Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name...
     

23.

Das Treffen
     
    Main Justice Building Washington, D. C., 16.55 Uhr
     
    Erika kam in Carltons Büro, als er gerade den Hörer abnahm.
    »Pat Carlton.« Er winkte ihr hereinzukommen und die Tür zu schließen.
    »Hier ist Dave Mazursky.«
    Der Mann keuchte; seine Stimme klang gehetzt. »Hi, David. Haben Sie etwas herausgefunden?«
    »Hab ich. Sie hatten Recht. Ich habe Ihnen einen Brief geschickt. Können wir uns treffen? Ich kann wirklich nicht am Telefon reden.«
    »Dann ist es diesmal umgekehrt, was? Jetzt wollen Sie mit mir reden.« Carlton lachte.
    »Ich meine es ernst.«
    »Wie wär's in zehn Minuten, im Coast? Passt Ihnen das?«
    »Bin schon unterwegs.«
    Wieder bangte Erika um ihr Leben, hielt sich am Türgriff fest und drückte sich tief in den Beifahrersitz. Carlton jagte die Pennsylvania Avenue hinauf und raste weiter auf der Constitution Avenue in Richtung Capitol Hill. Aus den Lautsprecherboxen säuselte Sinatra. Die Räder rutschten auf dem Schneematsch, und fast wäre der Shark rückwärts um die nächste Ecke geschlittert. Nur wenige Zentimeter von der Stoßstange eines anderen Wagen entfernt kamen sie schlingernd zum Stehen - vor der Tortilla Coast, einer Kneipe genau vis-ä-vis von dem weißen Backsteinbau, in dem das Nationalkomitee der Republikanischen Partei residierte. Zwei Blocks weiter schimmerte die prächtige weiße Kuppel des Capitols. Die Spitze der Kuppel war erleuchtet: Der Senat tagte. Dieser Postkartenblick faszinierte Carlton immer wieder. Heute Abend jedoch wurde die schöne Aussicht von düsteren Vorahnungen getrübt.
    Erika wand sich ächzend aus dem Wagen. »Ich glaube, jetzt brauche ich einen Drink.«
    Sie bogen um die Ecke und betraten die Tortilla Coast, auch eine von Carltons Lieblingskneipen auf dem Hill. Scharen von Behördenangestellten gaben sich die Türklinke in die Hand und gesellten sich zu ihren Beraterkollegen. Unter der Decke des Raumes schwebte eine dichte blaue Wolke aus Zigarettenrauch. »Ganz schön voll hier. Trennen wir uns, vielleicht können wir ihn dann leichter finden.«
    Die Happy Hour auf dem Hill war die Stunde, in der man den ermüdenden Trott im engen Kabuff vergessen konnte; die tägliche Fron des Brütens über Gesetzesänderungen, Stimmenauszählungen, Ausschussberichten und Wählerpost, die jeden Tag lastwagenweise herangekarrt wurde. Carlton drängte sich durch die Menge und hielt Ausschau nach Mazursky. Besonders belagert war die Bar. Die glücklich beschwipsten Gäste schien weder der ohrenbetäubende Lärm noch die Anwesenheit politischer Gegner sonderlich zu stören. Wie Tip O'Neill, der Sprecher des Weißen Hauses, einmal richtig bemerkt hatte: Nach fünf Uhr sind alle auf dem Hill gute Freunde.
    Keine Spur von Mazursky.
    »Im Restaurant ist er auch nicht«, sagte Erika. Sie drängten sich zur Bar durch, an der die durstigen Gäste in Dreierreihen standen. Erika schien nicht zu merken, wie die Männer sie anstarrten, während Carlton finstere Blicke um sich warf: Haltet euch bloß zurück. Er war erstaunt, dass er so Besitz ergreifend reagierte, doch inzwischen gab er seine Gefühle vor sich selbst zu. Noch einmal dachte er daran, wie unpassend es war, sich mit einer weiblichen Untergebenen zum zweiten Mal außerhalb der Arbeitszeit zu treffen, und wieder in einer Bar. Aber letztlich ging es ja um die gemeinsame Arbeit, redete er sich ein - ganz der Anwalt. Es war ja nicht so, als hätten sie ein Rendezvous.
    Einer der Barkeeper hatte ihn gesehen und winkte. »Hi, Tex.« Carltons Spitznamen, durch seine Cowboystiefel inspiriert, konnten sich alle gut merken. Der Barkeeper warf zwei Gästen einen finsteren Blick zu - arrogante Bürokraten, die alle anderen Gäste mit ihren Titeln zu beeindrucken suchten. »Tut mir Leid, Gentlemen. Die beiden Hocker sind für das junge Paar reserviert.« Er grinste, als sie wütend Platz machten.
    Carlton und Erika ließen sich auf den Barhockern nieder. »Sie versetzen mich immer wieder in Erstaunen, Steve. Was gibt's Neues?«
    »Das Gleiche wie immer, alter Knabe. Die üblichen Verdächtigen, das gewohnte Mistwetter, die altbekannten Misttrinkgelder. Bin froh,

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