Das Monopol
Postauto zurück und fuhr davon.
Amt für Landverwaltung. Bundesstiftung für die Erhaltung historischer Stätten. FBI. Amt für geologische Aufnahme. Vielleicht sogar die CIA. Und nun auch noch die Bundespost. Die Verbindung zur Regierung war offensichtlich, nur das Motiv blieb immer noch im Dunkeln.
Carlton ließ den Motor an, fuhr die nächste Straße hinunter und steuerte zwei Meilen weiter eine Autowaschanlage an, wo man im Auto sitzen bleiben und zusehen konnte, wie Bürsten, Lauge und Wasser ihr Werk verrichteten. Seine Neffen in Kalifornien liebten diese Waschstraßen.
Carlton bezahlte beim Tankwart und bekam einen Chip zur Autowäsche ausgehändigt. Er wartete, bis die Heckflossen des Shark vollends mit Schaum und Wasser bedeckt waren, bevor er den gefalteten Umschlag aus seiner Jackentasche holte. Außer Atem und ein wenig zitternd knipste er die Innenraumlampe an und riss den weißen Umschlag auf, wobei er um ein Haar auch die inliegenden Blätter zerrissen hätte.
Dafür hat Mazursky sterben müssen.
Im Umschlag steckten zwei Blätter. Carlton las das erste:
Cleveland Metals, Inc. §20.000.000. 113567854. Vanuatu Bank.
Cleveland Metals? Den Namen hatte er doch schon einmal gehört. Hatte Josh von der Börsenaufsicht nicht so etwas … ja, sicher! Die Cleveland Metals war Eigentümerin der Murfreesboro Mining.
Die Bürsten drehten sich nicht mehr. Nun strömte Wasser über die eingeseifte Metallhülle des Shark und spülte den angesammelten Dreck ab. Ein paar Tropfen Wasser drangen durch das gepflegte, aber altertümliche Schiebedach. Carlton achtete nicht darauf und nahm sich die nächste Seite vor.
Eine Kopie von einem kürzlich ausgestellten Scheck, unterschrieben von einem gewissen »L. Churchman«. Es war dieselbe Kontonummer der Bank in Vanuatu. Der Scheck war ausgestellt auf die »Little Rock Spar- und Darlehenskasse« – in Höhe von einer Million Dollar.
Am Kopf der Seite standen folgende Worte:
Diese Bank gehört Scott Fress.
Plötzlich dröhnten die Luftdüsen, die den Wagen trockneten, so laut auf, dass Carlton erschrocken zusammenfuhr. Er starrte atemlos auf die Seiten.
Scott Fress?
Fress war der Stabschef des Weißen Hauses. Wenn ihm diese Bank gehörte, hatte ein gewisser L. Churchman dem Stabschef des Weißen Hauses eine schlappe Million gezahlt. Eine hübsche runde Summe. Aber wer zum Teufel war L. Churchman? Außer der Tatsache, dass die Murfreesboro Mining der Cleveland Metals gehörte, schien diese Information weder direkt mit der Murfreesboro Mining noch mit MacLean oder den Diamanten in Arkansas zu tun zu haben.
Das Einzige, was Carlton bekannt vorkam, war die Bank. In den Achtzigerjahren war es die Schweiz gewesen, wo gewisse Leute schmutziges Geld bunkerten. Nachdem in den Neunzigern ans Licht gekommen war, dass Schweizer Banken auch Konten für Drogenbarone und Holocaustverbrecher führten, mauserten sich die Cayman Islands zu den Inseln der seligen Geldwäsche. Und im neuen Jahrtausend waren obskure Minibanken an völlig unbekannten Orten in Osteuropa, Afrika und im Südpazifik in Mode gekommen – le dernier cri. Das Vanuatu-Atoll lag im Südpazifik und war einst unter dem Namen Neue Hebriden in den Atlanten verzeichnet gewesen, damals eine britische Kolonie. Eine Bank dort hätte man ebenso gut »Geldwaschsalon« nennen können. Welcher Art die Überweisungen auch waren, von denen Carlton nun Kenntnis erhalten hatte – sie sollten geheim bleiben und vor allem nicht aufzuspüren sein.
Die Luftdüsen kamen heulend zum Stillstand.
Carlton zuckte erneut zusammen, als er hinter sich lautes Hupen hörte. Er starrte in den Innenspiegel. Die ungeduldigen Besitzer der Wagen hinter ihm wollten in die Waschanlage. Mit einer Hand steckte Carlton die Blätter in die Tasche, legte mit der anderen Hand den Gang ein und fuhr mit laut quietschenden Reifen aus der Waschstraße.
Wer ist L. Churchman? Mazursky hatte mit seinem Leben bezahlt. Die Antwort musste irgendwo auf diesen Seiten zu finden sein.
Auf der Rückfahrt zum Büro fiel Carlton ein, dass der bärtige Postbote seine Post nun jeden Tag durchsuchen würde, so lange, bis er den Brief von Mazursky gefunden hatte. Carlton suchte vergeblich sein Handy; offenbar hatte er es im Büro liegen lassen. Er sah eine Telefonzelle und lenkte den Shark in eine enge Parklücke. Wühlte in seinen Taschen nach Kleingeld, wurde aber nicht fündig. Eilte in den nächsten Laden.
»Wir wechseln kein Geld, Sir. Sie
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