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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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Nacht, als Mancini erschossen wurde, war ich bei ihm.«
    Mantinger starrte sie einen Augenblick an. »Wie, du warst bei ihm? Soll das heißen, dass du ihn erschossen hast?«
    »Red nicht so einen Quatsch! Ich habe ihn nachmittags besucht. Er hatte mich angerufen, weil er gerade wieder eine depressive Phase durchmachte. Seine Frau hatte ihn seiner Meinung nach endgültig verlassen, er fühlte sich total einsam. Und dann hat er mir eine unglaubliche Geschichte erzählt.«
    »Sabrina, du solltest Romane schreiben, wirklich, du hast Talent dazu. Aber was willst du mir eigentlich sagen?«
    Sie fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Worauf hatte sie sich bloß eingelassen? Ausgerechnet Klaus, der aufrichtigste ihrer Kollegen. »Klaus, das weißt du selbst am besten. Er hat mich eingeweiht. Ich weiß alles.«
    Mantinger sah sie ernst an, verschränkte seine Hände ineinander und stützte seinen Kopf darauf ab. Dann sagte er, jedes Wort einzeln betonend: »Was heißt alles?«
    Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt. Dieser Blick! Unglaublich, wie Klaus sie ansah. War das beobachtend, lauernd? Oder eher ungläubig? Oder mitleidig, genervt, sauer? Sie riss sich zusammen, um nicht zu stottern. »Alles heißt alles. Dein Deal mit Carlos, seine Vermutung, dass du Arthur umgebracht hast, und die Gewissheit, dass du Panzini aus dem Weg geräumt hast. All das habe ich an diesem Tag erfahren, Klaus.«
    Mantinger sah sie unverändert mit diesem undefinierbaren, durchdringenden Blick an, das Kinn weiterhin auf seinen verschränkten Händen abstützend. »Wenn du einen derartigen Schwachsinn von ihm erfahren hättest, Sabrina, dann wärst du damit zur Polizei gegangen. Also erzähl mir hier keine Märchen und lass diese ungeheuerlichen Unterstellungen. Das heißt, halt – du willst ihnen die Geschichte gleich auftischen?« Er sagte das nicht laut oder wütend, sondern ruhig und sachlich.
    Parlotti legte die Hand auf Mantingers Arm. Alles floss ineinander, ihre Gefühle tobten, Bluff und Wirklichkeit waren kaum mehr auseinanderzuhalten. »Blödsinn, hast du denn gar nichts gemerkt?«
    »Was soll ich gemerkt haben?«
    Mantinger zog den Arm nicht weg. Das war ein gutes Zeichen. »Klaus, ich habe mich in dich verliebt. Ich habe mich nie getraut, dich anzusprechen. Aber jetzt muss ich es dir sagen!«
    Er war verblüfft. Das hatte er nicht erwartet, er wusste nicht, was er sagen sollte.
    Sabrina Parlotti lächelte ihn an. »Klaus, du hast Mist gebaut, das ist nicht mehr zu ändern. Aber wir müssen nach vorne schauen. Unser Schicksal hängt von meiner Aussage ab.«
    Mantinger lächelte freundlich und tätschelte ihre Hand, die immer noch auf seinem Arm lag. »Das ist die verrückteste Geschichte, die ich je gehört habe, und die spannendste. Ich freue mich, dass ich dir gefalle, das beruht auf Gegenseitigkeit. Deshalb musstest du aber nicht so eine Phantasiegeschichte erfinden.«
    »Phantasiegeschichte?« Parlotti lachte bitter auf. »Wir wissen beide, dass das keine Phantasiegeschichte ist. An dem Abend wollte ich gerade gehen, als du unten geklingelt hast. Er hat dich erwartet, dein ›Partner‹. Ich konnte schlecht nach unten gehen, dann wäre ich dir ja direkt in die Arme gerannt. Also bin ich ein Stockwerk nach oben gelaufen, bis du in der Wohnung warst. Eigentlich wollte ich dann verschwinden, aber ich war zu neugierig. Ich habe die ganze Zeit an der Tür gestanden und euch belauscht. Ich kam mir vor wie in einem Film. Ich habe gar nicht bemerkt, wie die Zeit verging.«
    Es war ein merkwürdiges Gefühl. Sie steigerte sich dermaßen in ihre eigene Geschichte hinein, dass sie sie beinahe selbst für wahr hielt. Sie hätte nicht sagen können, ob sie sensationslüsterner war, als sie dachte, oder ob sie darauf wartete, dass Mantinger sie unterbrach, um ihr klarzumachen, dass die Märchenstunde beendet sei. Aber er sagte nichts. Er ließ sie weiterreden, schaute sie nur ununterbrochen an.
    »Ich habe mitbekommen, wie Carlos dir seine Waffe präsentiert hat, mir hatte er sie auch mal vorgeführt, sie war ja sein ganzer Stolz. Nach einer Zeit, die mir vorkam wie eine Ewigkeit, hörte ich den Schuss. Ein lauter Knall, dann war es still. Ich wusste, was passiert war. Du hattest das nächste Hindernis aus dem Weg geräumt. Das Verrückte war, dass ich dabei eine gewisse Erregung empfand. Du hast keineswegs panisch die Wohnung verlassen. Im Gegenteil, ich habe gehört, wie du angefangen hast, in aller Seelenruhe Sachen wegzuräumen und Spuren zu

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