Das Monster von Bozen
können, zum Beispiel noch am Freitag. Oder haben Sie keinen Zweitschlüssel?«
»Natürlich habe ich einen Zweitschlüssel. Ich brauchte den Wagen am Wochenende schlicht und ergreifend nicht. Auf dem Firmenparkplatz stand er doch gut.«
»Tja, scheinbar nicht.«
Vincenzo führte Franco, der ihn fragend ansah, nach draußen. »Steht Ihr Wagen an derselben Stelle, an der Sie ihn am Freitag geparkt haben?«
»Wo sollte er sonst stehen?« Irritiert sah er den Polizeiwagen vor seinem Pajero an. »Warum haben Sie mich zugeparkt?«
Vincenzo deutete auf die Beule am vorderen Kotflügel. »Woher stammt das?«
Franco schüttelte ungläubig den Kopf. »Also, das kann ich mir beim besten Willen nicht erklären. Ich bin nirgendwo gegengefahren. Den muss jemand vor meinem Haus gerammt haben und dann einfach abgehauen sein. Komisch, dass ich die Beule nicht schon früher bemerkt habe.«
In diesem Moment fuhr ein weiterer Polizeiwagen mit Reiterer, einem Mitarbeiter der Spurensicherung und Marzoli auf das Firmengelände. »Hallo, Signor Reiterer, das hier ist unverkennbar das betreffende Fahrzeug. Sie können sich gleich an die Arbeit machen.« An Franco gewandt fuhr er fort: »Dottore Franco, es besteht der dringende Verdacht, dass Ernesto Panzini am Penegal mit Ihrem Wagen von der Straße abgedrängt wurde. Wir müssen ihn vorläufig beschlagnahmen. Bitte geben Sie meinen Kollegen den Schlüssel.«
Franco sah Vincenzo skeptisch an. »Wollen Sie damit andeuten, dass das kein Unfall war? Sondern Mord? Mord mit meinem Auto?«
»Darüber reden wir später. Jetzt hätten wir gern den Schlüssel, bitte.«
Vincenzo bestellte Panzinis Kollegen der Reihe nach für den folgenden Tag in die Questura. Als Erster sollte Fabio Franco kommen, den er noch nicht verhaften lassen konnte, solange nicht erwiesen war, dass die Spuren an seinem Pajero tatsächlich von Panzinis Z3 stammten. Dann fuhr er mit Marzoli zurück in die Questura.
»Können Sie sich vorstellen, dass unser erster Mordfall sich derartig simpel lösen lässt? Dass dieser Franco tatsächlich so dumm ist?«
»Wenn sich herausstellt, dass es dieser Pajero war, dann ist es doch eindeutig, oder?«
»Es muss nicht Franco sein, der ihn gefahren hat. Jeder andere hätte auf diese Weise den Verdacht auf ihn lenken können.«
Marzoli nickte zustimmend. »Das ist wahr. Dann wird Reiterer sicherlich Spuren des Fahrers finden, Fingerabdrücke zum Beispiel.«
»Warten wir es ab. Wir treffen uns morgen um sieben Uhr.«
***
Er blickte versonnen auf sein drittes Glas Chianti. Die Polizei, dein Freund und Helfer. Dieser Bellini schien Power zu haben, der verschwendete keine Zeit. Ein interessanter Gegner, er freute sich auf ihn und auf das Verhör morgen in der Questura. Zu dumm, dass sie dabei nichts herausfinden würden.
Das war bestimmt frustrierend für brave, gesetzestreue Beamte. Welch eine beglückende Vorstellung! Er würde sie nach Herzenslust manipulieren, sie auf falsche Fährten locken. Er zog die Fäden, und das konnte kein Commissario auf der Welt verhindern. Weil er es nämlich gar nicht merken würde!
Danach würde es weitergehen, als wäre nichts geschehen. Mit Ausnahme des Wichtes, der blieb ein Risiko. Wenn der erfuhr, was geschehen war, wurde er bestimmt noch nervöser. Es war das Beste, ihn gleich selbst anzurufen.
»Pronto?«
»Brav, nicht mit deinem Namen gemeldet, das hast du fein gemacht. Hör zu, es gab schon wieder einen Unfall. Panzini ist tot.«
»Wie bitte? Was um Himmels willen hast du getan?«
»Beruhige dich, ich habe nichts gemacht. Ein tragisches Unglück, einfach zwei dumme Zufälle nacheinander. Hast du die Auszahlung der Fördergelder für Rödderlink in die Wege geleitet?«
»Zwei Tote innerhalb einer Woche. Und du willst mir weismachen, dass du nichts damit zu tun hast? Wie soll das bloß weitergehen? Wir wandern in den Knast, nicht wahr, lebenslänglich!«
»Hör auf, so einen Blödsinn zu verzapfen! Zwei Tragödien, die erste gewiss ein Glücksfall für uns, c’est la vie, die zweite: Passiert ist passiert. Wir machen weiter wie bisher, basta! Aber wenn du dich nicht am Riemen reißt, lasse ich dich auffliegen. Also?«
»Ich bereue es zutiefst, mich jemals darauf eingelassen zu haben. Ich bleibe trotzdem dabei, nicht wahr, du kannst auf mich zählen.«
»Ich denke, es ist umgekehrt: Du kannst auf mich zählen, denn du bist es, der mich braucht. Wie hoch sind deine Spielschulden noch? Und bei wem hast du sie? Ohne mich bist
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