Das Monster von Bozen
du ein Nichts. Allem Anschein nach hast du das immer noch nicht begriffen.«
»Entschuldige, du hast ja recht. Die Fördergelder sind raus, sie müssten in drei, vier Tagen auf dem Konto sein.«
»Gut, sobald sich die Wogen geglättet haben, besorge ich Bares. Ach, und noch was: Falls die Polizei in nächster Zeit bei dir auftauchen sollte, bleib locker. Nach solchen Unglücksfällen ein wenig rumzustochern, ist Routine, es kann nichts passieren. Erzähl ausschließlich das, was ich dir eingeimpft habe. Für dich ist es am einfachsten, nicht nachzudenken. Das Denken kannst du getrost mir überlassen.« Damit legte er auf. Vor ihm lagen weitere anspruchsvolle Aufgaben.
8
Dienstag, 30. Juni
Vincenzo war noch vor Baroncini in der Questura. Er hatte es zu Hause kaum ausgehalten, war viel zu nervös, hatte schlecht geschlafen, nicht gefrühstückt. Außerdem spürte er ein merkwürdiges Ziehen in den Handgelenken, und sie waren ein wenig steif. Konnten das erste Anzeichen von Gicht sein? Oder kam es von den Liegestützen und Klimmzügen gestern Abend, die ihn von seinem Fall ablenken sollten? Nachdem er sich seinen ersten Espresso geholt hatte, gab er bei Google »Gicht« und »Symptome« ein. Schmerzhafte Anfälle nachts, Fieber, zuerst die Zehen, geschwollen, nun, das traf alles nicht zu, also war es wenigstens keine Gicht. Aber er musste das beobachten.
Während Vincenzo sich noch überlegte, welche heimtückischen Erkrankungen noch in Frage kamen, klopfte es an seiner Tür. Marzoli trat ein und setzte sich ohne Aufforderung. Sein rundes Gesicht war blass, er hatte Ringe unter den Augen. »Gut, dass Sie auch schon hier sind, Commissario. Ich habe die ganze Nacht kaum ein Auge zugekriegt. Wie gehen wir an den Fall ran?«
Vincenzo zuckte lachend mit den Schultern. »Fragen Sie mich mal. Also, ich schlage vor, dass wir zunächst alle Fakten und Namen zusammentragen. Vielleicht lassen sich auf Anhieb irgendwelche Zusammenhänge erkennen. Dann bereiten wir die Befragungen vor.«
Er ging zu seiner Pinnwand. »Wir haben einen Toten«, er schrieb »Panzini« auf das Papier, »einen Tatverdächtigen namens Fabio Franco, einen Pajero, der auf ihn zugelassen und wahrscheinlich der Tatwagen ist, und wir haben Dottore Laurenzi. Wir haben des Weiteren Gemini und Schimmel und die Berater Mantinger, Sabrina Parlotti und Junghans, also Panzinis enger Kollegenkreis. Außerdem Arthur Achatz, weil Panzini seinetwegen zu Laurenzi wollte. Fällt Ihnen noch was ein?«
»Wir brauchen ein Motiv«, stellte Marzoli fest. »Worum geht es hier eigentlich? Wir haben vielleicht einen Täter, aber kein Motiv. Panzini und Franco schienen nichts weiter als Kollegen gewesen zu sein.«
Vincenzo schrieb »Motiv« mit einem Fragezeichen. Dann setzte er Pfeile zwischen Panzini, Franco und Pajero, zog zudem einen gestrichelten Pfeil zwischen Achatz und Panzini. »Allein die Tatsache, dass der Wagen vom Penegal mit größter Wahrscheinlichkeit Franco gehört, spricht dafür, dass Täter und Motiv bei der SSP zu suchen sind. Panzini war zudem Witwer, keine Freundin, Eltern verstorben, keine Geschwister, völlig unauffällig, ich würde den Privatbereich zunächst ausschließen. Wir müssen uns auf irgendwas konzentrieren. Wir überprüfen nachher alle Alibis, die Tatzeit ist ja eng eingegrenzt, und versuchen herauszufinden, was diese SSP macht und welche Rolle die einzelnen Leute dabei spielen. Aber zuerst gehen wir frühstücken!«
***
Nachdem die Polizei abgezogen war, hatte Salvatore Gemini für den nächsten Morgen eine erneute Dringlichkeitssitzung einberufen. Vorher bat er Franco zu sich. »Dottore Franco, was sollte das gestern, warum hat die Polizei Ihren Wagen mitgenommen? Ich muss das wissen, bevor wir rübergehen.«
»Signor Gemini, ich kann mir das nicht erklären. Am Kotflügel ist eine Beule. Die war am Freitag noch nicht da, oder ich habe sie vorher übersehen. Die denken jetzt, dass Panzini mit meinem Wagen von der Straße abgedrängt worden ist, mit meinem Wagen! Können Sie sich das vorstellen?«
Gemini blickte Franco kühl in die Augen. »Und?«
»Was und?«
»Haben Sie Panzini von der Straße abgedrängt?«
Franco sah seinen Chef einen Augenblick mit offenem Mund an, ehe er antworten konnte. Dann sagte er entrüstet: »Wie können Sie so was auch nur denken? Ausgerechnet von mir? Und warum hätte ich das tun sollen?«
»Das müssten Sie mir erzählen. Wie war das am Freitag mit dem Schlüssel?«
Franco
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