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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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berichtete Gemini von dem verlegten Schlüssel und dass ihn Panzini nach Hause gefahren hatte.
    »Verlegt, sagen Sie?« Gemini legte die Fingerspitzen seiner Hände aneinander und blickte nachdenklich durch Franco hindurch. »Das ist eine ziemlich merkwürdige Geschichte. Und eine höchst unerfreuliche. Wenn Sie nichts damit zu tun haben, mein Lieber, wer hat denn dann Ihren Pajero gefahren, und wie hat er das angestellt?«
    »Verdammt noch mal, woher soll ich das wissen? Ich habe mit der Sache nicht das Geringste zu tun. Außerdem waren wir befreundet, Ernesto und ich!«
    »Schon gut, beruhigen Sie sich, lassen wir es fürs Erste damit bewenden. Kommen Sie, wir gehen rüber.«
    Sie betraten den großen Besprechungsraum, wo neben Schimmel und den anderen Beratern auch die anderen Mitarbeiter der SSP bereits versammelt waren. Grußlos setzte sich Gemini und ergriff sofort das Wort. »Kolleginnen und Kollegen, Sie alle wissen, was passiert ist. Wir haben zwei unerwartete Todesfälle, erst Arthur Achatz, jetzt auch noch Panzini. Aber nicht nur das: Die Polizei ermittelt bei uns, hat einige aus diesem Kreis in die Questura bestellt. Trotz allen Mitgefühls, das wirft auf die SSP ein schlechtes Licht. Was meinen Sie, was hier los ist, wenn das durch die Presse geht?«
    Gemini hielt einen fünfminütigen Monolog, in dem er alle Mitarbeiter zu bedingungslosem Stillschweigen der Außenwelt gegenüber verdonnerte. »Für diejenigen von Ihnen, die, wie Signor Schimmel und ich, heute in die Questura müssen, gilt: Arbeiten Sie mit der Polizei zusammen, seien Sie kooperativ, weisen Sie auf die Bedeutung unserer Firma für Südtirol hin. Bitten Sie um Diskretion. Ich glaube nicht, dass irgendeiner von Ihnen etwas mit dem Tod unserer Kollegen zu tun hat. Ich gehe von zwei Unglücksfällen aus, reiner Zufall. Aber wir müssen darauf achten, unbeschadet aus der Sache rauszukommen.«
    ***
     
    In der Spurensicherung machte Reiterer seinem Ruf als Perfektionist alle Ehre. Binnen weniger Stunden konnte er eine fast lückenlose Analyse vorweisen. »Da Sie mir enttäuschenderweise meinen Wunsch nach einem allumfassenden Analysegerät nicht erfüllt haben, liebe Kollegen, musste ich für Sie eine Nachtschicht einlegen. Ich hoffe, dass Sie daran denken, wenn Sie sich das nächste Mal überlegen, wen Sie zu einem Muskateller einladen könnten. Fakt ist, dass Panzini mit Fabio Francos Wagen abgedrängt wurde. Alles passt, nicht allein der Lack, auch der Aufprallwinkel und die Gummispuren auf der Straße.«
    Reiterer machte eine bedeutungsvolle Sprechpause, die er nutzte, um seinen Espresso in einem Zug zu leeren. »Was wir nicht gefunden haben, sind irgendwelche fremden Spuren. Keinerlei Fingerabdrücke, außer denen von Franco. Auf dem Fahrersitz befanden sich Faserspuren, logisch, Franco wird kaum nackt gefahren sein. Obwohl, bei diesen Unternehmensverrätern weiß man ja nie. Wir analysieren diese Spuren jedenfalls heute noch und schauen, ob sie zu Francos Sachen passen.«
    »Angenommen, der Täter hat Handschuhe getragen, dann gäbe es auch keine Spuren, oder?«, fragte Marzoli, ehe er einen der Cantuccini in den Mund schob, die er, wie Vincenzo annahm, aus seinem Büro mitgenommen hatte.
    »Nicht am Lenkrad, aber dann würden wir trotzdem Faserspuren finden, die nicht zu Francos Sachen passen. Andererseits, wenn der Täter klug genug ist, würde er alles, was er in der Tatnacht anhatte, sofort vernichten. Ich täte das zumindest.«
    »Wir können im Moment keinerlei Motiv erkennen. Natürlich befinden wir uns noch in einer sehr frühen Phase der Ermittlungen.« Reiterer klopfte Vincenzo auf die Schulter. »Sehen Sie, das ist eine klassische Schnittstelle. Ich habe Ihnen die Fakten geliefert, ohne die Sie aufgeschmissen wären, aber Sie müssen zusehen, was Sie damit machen. Sobald ich die Ergebnisse der Faserspurenuntersuchung habe, rufe ich Sie an.«
    Mit einem weiteren Caffè Doppio gingen sie zurück in Vincenzos Büro. »Können Sie sich vorstellen, Marzoli, dass Franco so dumm ist, nachts mit seinem eigenen Wagen einen Mord zu verüben und Spuren zu hinterlassen, um ihn danach wieder auf dem Parkplatz abzustellen, als wäre nichts geschehen?«
    Marzoli dachte einen Moment nach, ehe er antwortete. Er nutzte diesen Augenblick, um sich gleich mehrere Cantuccini aus Vincenzos Etagere einzuverleiben. Kauend sagte er: »Ich könnte es mir dann vorstellen, wenn es eine bewusste Masche ist.«
    »Eine Masche?«
    Marzoli griff erneut zu.

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