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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Bildnis der Jungfrau Maria in eine Enchilada oder so etwas Ähnliches eingebacken gefunden hatte. Da waren die Wunder von Lourdes. Ganz zu schweigen von den Kindern, die Schlagzeilen in der Regenbogenpresse gemacht hatten – sie hatten Steine geweint. Das waren echte Wunder (für die Kinder, die Steine weinten, zugegebenermaßen ein ziemlich hartes), die so erhebend waren wie eine Predigt von Pat Robertson. Stimmen hören war einfach Verrücktheit.
    Aber genau das ist geschehen. Und du hörst schon eine ganze Weile Stimmen, nicht? Du hast seine Stimme gehört. Joes. Und da kam die Stimme her. Nicht von Jesus, sondern von Joe …
    »Nein«, wimmerte ’Becka. »Ich hab keine Stimmen in meinem Kopf gehört.«
    Sie stand an ihrer Wäscheleine im Hinterhof und sah mit leerem Blick zum Wald auf der anderen Seite der Nista Road. Über ihm flimmerte die Luft durch die Hitze. Weniger als eine halbe Meile Luftlinie entfernt gruben Bobbi Anderson und Jim Gardener in diesem Wald immer mehr von einem titanischen Fossil in der Erde aus.
    Verrückt, dröhnte die unversöhnliche Stimme ihres Vaters in ihrem Kopf. Verrückt vor Hitze. Komm hierher,
’Becka Bouchard, ich werde dich für dieses dumme Gerede grün und blau prügeln.
    »Ich habe keine Stimme in meinem Kopf gehört«, stöhnte ’Becka. »Dieses Bild hat wirklich gesprochen, ich schwöre es, ich bin keine Bauchrednerin!«
    Besser das Bild. Wenn es das Bild war, dann war es ein Wunder, und Wunder kamen von Gott. Ein Wunder konnte einen in den Wahnsinn treiben – und der gütige Gott wusste, dass ihr jetzt zumute war, als würde sie wahnsinnig –, aber das bedeutete nicht, dass man schon vorher verrückt gewesen war. Aber wenn man Stimmen in seinem Kopf hörte oder glaubte, dass man die Gedanken anderer Menschen lesen konnte …
    ’Becka sah nach unten und erblickte Blut, das aus ihrem linken Knie quoll. Sie kreischte erneut und rannte ins Haus zurück, um den Arzt anzurufen, den Krankenwagen oder sonst wen. Sie war wieder im Wohnzimmer, hatte den Hörer ans Ohr gepresst und wählte, als Jesus sagte:
    »Das ist nur die Johannisbeerfüllung von deinem Kuchen, ’Becka. Warum beruhigst du dich nicht einfach, bevor du einen Herzanfall bekommst.«
    Sie sah zum Sony, und der Telefonhörer fiel polternd auf den Tisch. Jesus saß immer noch auf dem Felsen. Es sah aus, als hätte Er die Beine übereinandergeschlagen. Es war wirklich überraschend, wie sehr Er ihrem Vater ähnelte – nur schien Er nicht so Furcht einflößend und ständig bereit zu sein, sofort wütend zu werden. Er sah sie mit einer Art erbitterter Geduld an.
    »Sieh nach, ob Ich nicht recht habe«, sagte Jesus.
    Sie berührte das Knie sanft, zuckte zusammen, und war auf Schmerzen gefasst. Sie hatte keine. Dann sah sie die Kerne in der roten Substanz und entspannte sich. Sie leckte sich die Johannisbeerfüllung von den Fingern.

    »Zudem«, sagte Jesus, »solltest du dir diese Vorstellungen, Stimmen zu hören und verrückt zu werden aus dem Kopf schlagen. Ich bin der Einzige, und Ich kann zu jedem reden, zu dem Ich reden möchte, und zwar so, wie auch immer Ich will.«
    »Weil du der Heiland bist«, flüsterte ’Becka.
    »Stimmt«, sagte Jesus. Er sah nach unten. Unter ihm auf dem Bildschirm tanzten ein paar Trickfilm-Salatschüsseln vor Begeisterung über das Hidden Valley Ranch Dressing, das sie gleich empfangen würden. »Und Ich möchte, dass du diesen Unsinn abschaltest, wenn es dir nichts ausmacht. Wir können uns nicht unterhalten, wenn dieses Ding läuft. Außerdem kitzelt es Mich an den Fußsohlen.«
    ’Becka trat zum Sony und schaltete ihn ab.
    »Mein Gebieter«, flüsterte sie.
    3
    Am darauffolgenden Sonntagnachmittag lag Joe Paulson fest schlafend in der Hängematte im Garten, und der Kater Ossie schlief auf Joes üppigem Bauch. ’Becka stand im Wohnzimmer, hielt den Vorhang zurück und betrachtete Joe. Schlief in der Hängematte. Träumte zweifellos von seiner Nutte – träumte davon, sie auf einen großen Stapel von Katalogen und Woolco-Wurfsendungen zu werfen, um sie dann – wie würden Joe und seine schweinischen Pokerkumpane es ausdrücken? – »zu besteigen«.
    Sie hielt den Vorhang mit der linken Hand, denn die rechte war voll von eckigen 9-Volt-Batterien. Sie brachte die Batterien in die Küche, wo sie auf dem Küchentisch etwas bastelte. Jesus hatte ihr befohlen, es zu machen. Sie hatte
Jesus gesagt, dass sie so etwas nicht konnte. Sie war ungeschickt. Das hatte ihr Daddy immer zu

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