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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihr gesagt. Sie wollte hinzufügen, dass er manchmal sagte, er wundere sich, wie sie sich überhaupt ohne Gebrauchsanweisung den Hintern abwischen konnte, aber dann entschied sie, dass man so etwas nicht zu seinem Heiland sagte.
    Jesus hatte ihr gesagt, sie solle nicht albern sein; wenn sie einem Kochrezept folgen konnte, dann konnte sie auch dieses kleine Ding zusammenbauen. Zu ihrem Entzücken stellte sie fest, dass Er damit recht hatte. Es war nicht nur leicht, es machte Spaß! Ganz sicher mehr Spaß als das Kochen; sie hatte da nie den Dreh herausbekommen. Ihre Kuchen fielen immer zusammen, ihr Brot ging niemals auf. Sie hatte dieses kleine Ding gestern angefangen, sie arbeitete mit dem Toaster, dem Motor ihres alten Hamilton-Beach-Mixers und einer komischen Tafel voll mit elektronischen Bauteilen, die aus dem alten Radio im Schuppen stammte. Sie glaubte, dass sie längst damit fertig sein würde, bevor Joe aufwachte und hereinkam, um sich um zwei Uhr das Spiel der Red Sox im Fernsehen anzuschauen.
    Sie griff nach seiner kleinen Lötlampe und zündete die Flamme geschickt mit einem Streichholz an. Noch vor einer Woche hätte sie gelacht, wenn ihr jemand gesagt hätte, dass sie heute mit einer Propan-Lötlampe arbeiten würde. Aber es war einfach. Jesus hatte ihr genau gesagt, wie und wo sie die Kabel an der Elektroniktafel des alten Radios festlöten musste.
    Das war nicht alles, was Jesus ihr in den vergangenen drei Tagen gesagt hatte. Er hatte ihr Sachen gesagt, die ihr den Schlaf raubten; sie hatte Angst, zum Einkaufen in die Stadt zu gehen, weil sie fürchtete, man würde ihr das Schuldgefühl am Gesicht ablesen können (ich weiß immer genau, wenn du etwas Schlechtes getan hast, ’Becka, hatte ihr Vater zu
ihr gesagt, denn du hast ein Gesicht, das kein Geheimnis für sich behalten kann); sie hatte zum ersten Mal in ihrem Leben ihren Appetit verloren. Joe, der sich nur für seine Arbeit, die Red Sox und seine Nutte interessierte, merkte überhaupt nicht, dass etwas nicht stimmte, obwohl er gestern Abend bemerkt hatte, dass ’Becka an ihren Nägeln kaute, während sie sich Polizeirevier Hill Street ansah, und Nägelkauen war etwas, was sie vorher noch nie gemacht hatte – das war sogar eines der Dinge, die sie ihm zum Vorwurf machte. Joe Paulson dachte ganze zwölf Sekunden darüber nach, bevor er wieder zum Fernseher sah und seinen Träumen von Nancy Voss’ schweren weißen Brüsten nachhing.
    Das gehörte unter anderem zu den Dingen, die Jesus ihr gesagt hatte, und um derentwillen ’Becka kaum noch schlafen konnte und im fortgeschrittenen Alter von dreiundvierzig Jahren mit dem Nägelkauen anfing.
    1973 hatte Moss Harlingen, einer von Joes Pokerkumpeln, seinen Vater umgebracht. Sie waren oben in Greenville auf der Hirschjagd gewesen, und angeblich hatte es sich um einen dieser tragischen Unfälle gehandelt, aber der Tod von Abel Harlingen war kein Unfall gewesen. Moss hatte sich einfach mit seiner Flinte hinter einen umgestürzten Baum gelegt und gewartet, bis sein Vater etwa fünfzig Schritte von der Stelle, an der Moss sich befand, durch einen schmalen Bach stapfte. Moss hatte seinen Vater so problemlos erwischt wie eine Tontaube auf dem Schießstand. Er glaubte, er hätte seinen Vater des Geldes wegen erschossen. Moss’ Firma, Big Ditch Construction, hatte innerhalb von sechs Wochen schriftliche letzte Mahnungen für anstehende Zahlungen von zwei verschiedenen Banken erhalten, und keine wollte ihm die Zahlungsfristen verlängern – jeweils wegen der anderen Bank. Moss war zu Abel gegangen, aber sein Vater hatte sich geweigert, ihm zu helfen,
obwohl er es sich hätte leisten können. Deshalb hatte Moss seinen Vater erschossen und eine hübsche Stange Geld geerbt, nachdem der Coroner auf Tod durch Unfall erkannt hatte. Die Wechsel wurden eingelöst, und Moss glaubte wirklich (außer vielleicht von seinen tiefsten Träumen), dass er den Mord begangen hatte, um das Geld zu bekommen. Aber das wahre Motiv sah anders aus. Tief in der Vergangenheit, als Moss zehn und sein Bruder Emory sieben gewesen waren, war Abels Frau nach Rhode Island gefahren und einen ganzen Winter über dort geblieben. Ihr Bruder war plötzlich gestorben, und seine Frau brauchte Hilfe, um wieder auf die Beine zu kommen. Während ihre Mutter fort war, kam es im Hause der Harlingen wiederholt zu sexuellen Missbräuchen. Das Arschficken hörte auf, als die Mutter der Jungen zurückkam, und die Vorfälle wiederholten sich niemals. Moss

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