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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatte sie vollkommen vergessen. Er erinnerte sich nicht mehr daran, wie er in der Dunkelheit wach gelegen hatte, wie er in Todesangst wach gelegen und in der Tür auf den Schatten seines Vaters gewartet hatte. Er hatte absolut keine Erinnerungen mehr daran, wie er dagelegen hatte, den Mund auf den Unterarm gepresst, und wie ihm salzige Tränen der Scham und Wut aus den heißen Augen quollen und über sein kaltes Gesicht zum Mund rannen, während Abel Harlingen sich Schmalz auf den Schwanz schmierte und ihn grunzend und seufzend in den Hintereingang seines Sohnes schob. Das alles hatte einen so schwachen Eindruck in Moss hinterlassen, dass er sich nicht erinnern konnte, wie er sich in den Arm gebissen hatte, bis er blutete, um nicht aufzuschreien, und er konnte sich sicher nicht mehr an Emorys atemlose, vogelähnliche Schreie vom Nachbarbett erinnern – »Bitte, Daddy, nein, Daddy, ich nicht heute Nacht, bitte, Daddy.« Natürlich vergessen Kinder sehr leicht. Aber eine leise Erinnerung
mochte dennoch geblieben sein, denn als Moss Harlingen tatsächlich abdrückte und den arschfickenden Hurensohn abknallte, als das Echo hallte und dann widerhallte, um schließlich im unendlichen bewaldeten Schweigen der Wildnis von Maine zu verhallen, da flüsterte Moss: »Nicht du, Em, nicht heute Nacht.«
    Alice Kimball, die an der Grundschule von Haven unterrichtete, war eine Lesbe. Das hatte Jesus ’Becka am Freitag gesagt, nicht lange, nachdem die Dame selbst hier gewesen war, groß und solide und respektabel in ihrem grünen Hosenanzug, um für die Krebshilfe zu sammeln.
    Darla Gaines, das hübsche siebzehnjährige Mädchen, das die Sonntagszeitung brachte, hatte ein paar Gramm »geiles Dope« zwischen Matratze und Rost ihres Bettes. Das hatte Jesus ’Becka gesagt, nachdem das Mädchen vorbeigekommen war, um für die vergangenen fünf Wochen zu kassieren (drei Dollar und fünfzig Cent Trinkgeld, und ’Becka wünschte sich nun, sie hätte sie ihr nicht gegeben), und sie und ihr Freund rauchten dieses Dope vor dem Geschlechtsverkehr in Darlas Bett, und den Geschlechtsverkehr nannten sie den »liegenden Mambo«. Sie rauchten an Werktagen fast jeden Nachmittag Dope und machten von halb drei bis drei den »liegenden Mambo«. Darlas Eltern arbeiteten beide bei Splendid Shoe in Derry und kamen nicht vor vier nach Hause.
    Hank Buck, auch einer von Joes Pokerkumpanen, arbeitete in einem großen Supermarkt in Bangor und hasste seinen Boss so sehr, dass er ihm eines Tages, als der Boss ihn weggeschickt hatte, um ihm bei McDonald’s sein Mittagessen zu holen, eine halbe Packung Ex-Lax-Abführtropfen in den Schokoladenshake geschüttet hatte. Der Boss hatte etwas Spektakuläreres als nur einen Stuhlgang erlebt; Viertel nach drei an diesem Nachmittag hatte er etwas in seine Hose gemacht,
das das Äquivalent einer Scheiße-A-Bombe war. Die A-Bombe – oder S-Bombe, wenn man das bevorzugt – war losgegangen, während er in Paul’s-Down-East-Supermarkt Sülze aufgeschnitten hatte. Es war Hank gelungen, bis Feierabend ernst zu bleiben, aber als er in sein Auto stieg, um nach Hause zu fahren, hatte er so sehr gelacht, dass er sich fast selbst in die Hose geschissen hätte. Er hatte zweimal an den Straßenrand fahren müssen, so heftig hatte er gelacht.
    »Gelacht«, sagte Jesus zu ’Becka. »Was hältst du davon?«
    ’Becka fand, dass es ein gemeiner, mieser Trick war. Und diese Sachen waren erst der Anfang, schien es. Jesus wusste über jeden, mit dem ’Becka zu tun hatte, etwas Unerfreuliches oder Beunruhigendes.
    Sie konnte mit diesen schrecklichen Informationen nicht leben.
    Sie konnte aber auch nicht ohne sie leben.
    Eines war sicher: Sie musste etwas dagegen unternehmen.
    »Das tust du bereits«, sagte Jesus. Er sprach hinter ihr, aus dem Bild auf dem Sony. Natürlich tat Er das. Die Vorstellung, dass Seine Stimme aus ihrem eigenen Kopf stammte - die war irgendwie … nun … dass sie irgendwie die Gedanken der Menschen lesen konnte … das war nur eine vorübergehende schreckliche Illusion. Das musste sie sein. Die Alternative war grauenhaft.
    Satan. Hexerei.
    »Eigentlich«, sagte Jesus, und bekräftigte Seine Existenz mit der trockenen, strengen Stimme, die so sehr der ihres Vaters glich, »bist du mit diesem Teil fast fertig. Löte nur noch dieses Kabel an den Punkt links von diesem langen Gnupsi … nein, nicht da … dort. Braves Mädchen! Vergiss nicht, nicht zu viel Lötzinn! Das ist wie mit Haarwachs, ’Becka. Ein kleiner

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