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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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das Wissen, dass man nichts dagegen tun konnte. In gewisser Weise war es wie der Tod von Santa Claus.
    Während seine Eltern also glaubten, sein mangelndes Interesse bedeutete lediglich ein weiteres Umspringen des launischen Frühlingswindes, der durch jede Kindheit weht, handelte es sich in Wahrheit um Hillys erste erwachsene
Schlussfolgerung: Wenn er im Zaubern niemals großartig werden konnte, dann sollte er den Kasten wegstellen. Er konnte den Kasten nicht stehen lassen und nur ab und zu einen Trick als Hobby ausführen. Dazu schmerzte sein Scheitern zu sehr. Es war eine schlechte Gleichung. Das Beste wäre, sie auszuradieren und eine neue hinzuschreiben.
    Wenn Erwachsene mit derselben Entschlossenheit von ihren Besessenheiten lassen könnten, dann wäre die Welt ohne Zweifel ein besserer Ort. Robertson Davies sagt das nicht in seiner Deptford Trilogy … aber er deutet es sehr stark an.
    6
    Am 4. Juli kam David in Hillys Zimmer und sah, dass Hilly den Zauberkasten wieder hervorgeholt hatte. Er hatte viele der Tricks vor sich ausgebreitet … und zudem noch etwas anderes. Batterien. Die Batterien aus Daddys großem Radio, dachte David. »Was machst’n, Hilly?«, fragte David kumpelhaft.
    Hilly runzelte die Stirn. Er sprang auf und schob David so heftig aus dem Zimmer, dass David auf den Boden fiel. Dieses Verhalten war so ungewöhnlich, dass David zu verblüfft war, um zu weinen.
    »Raus!«, brüllte Hilly. »Du darfst dir neue Tricks nicht ansehen! Die Medici-Fürsten haben Leute hinrichten lassen, wenn sie sie dabei erwischten, wie sie die Tricks ihrer Lieblingszauberer ausspionierten!«
    Nach dieser Ansprache schlug Hilly David die Tür vor der Nase zu. David heulte um Einlass, aber erfolglos. Diese
unerwartete Härte in seinem etwas verqueren, aber ansonsten immer gutmütigen Bruder war so ungewöhnlich, dass David nach unten ging, den Fernseher einschaltete und sich vor Sesamstraße in den Schlaf weinte.
    7
    Hillys Interesse an Zauberei erwachte ungefähr zur gleichen Zeit neu, als das Bild von Jesus anfing, zu ’Becka Paulson zu sprechen.
    Ein einziger, übermächtiger Gedanke beherrschte sein Gehirn: Wenn mechanische Tricks wie die vervielfältigte Münze das Beste waren, das ihm gelang, dann würde er seine eigenen mechanischen Tricks erfinden. Die Besten, die jemals jemand gesehen hatte! Besser als Thurstons Uhrwerk oder Blackstones klappbare Spiegel. Wenn Erfindungen besser geeignet waren als Manipulation, um Keuchen und Schreie und dröhnendes Gelächter zu erzeugen, so sei es.
    In letzter Zeit fühlte er sich sehr in der Lage, Dinge zu erfinden.
    In letzter Zeit schien sein Verstand beinahe vollgestopft mit Erfindungen zu sein.
    Die Idee, etwas zu erfinden, ging ihm nicht zum ersten Mal durch den Kopf, aber seine bisherigen Vorstellungen waren vage gewesen, von Tagträumen anstelle von wissenschaftlichen Prinzipien geleitet – Raketen aus Pappkarton, Strahlenwaffen, die verdächtig nach Zweigen aussahen, auf die Styroporverpackungsmaterial gesteckt worden war, so ein Zeug halt. Von Zeit zu Zeit hatte er gute Einfälle gehabt, Einfälle, die beinahe möglich waren, aber er hatte sie jedes Mal fallen gelassen, weil er nicht wusste, wie er sie in
die Tat umsetzen sollte – er konnte einen Nagel einschlagen, oder ein Brett sägen, aber das war alles.
    Aber jetzt schien die Methode kristallklar zu sein.
    Großartige Tricks, dachte er und lötete und hämmerte und schraubte Sachen zusammen. Als seine Mutter am 8. Juli zu ihm sagte, dass sie zum Einkaufen nach Augusta führe (sie sprach in einer abwesenden Weise; seit ungefähr einer Woche hatte Marie Kopfschmerzen, und die Tatsache, dass Joe und ’Becka Paulson bei einem Brand ums Leben gekommen waren, hatte auch nicht gerade eine Verbesserung bewirkt), fragte Hilly sie, ob sie beim Radio Shack in der Mall vorbeikommen und ihm ein paar Sachen mitbringen würde. Er gab ihr eine Liste, die restlichen acht Dollar von seinem Geburtstag und fragte sie, ob sie ihm den Rest »irgendwie leihen« könnte.
    Zehn (10) Federkontakte à $ 0,70 (Nr. 1334567)
Drei (3) T-Kontakte (Feder) à $ 1,00 (Nr. 1334709)
Ein (1) Koaxialkabel-Widerstandstecker à $ 2,40
    (Nr. 19776-C)
    Wären nicht ihre Kopfschmerzen und das allgemeine Gefühl von Mattigkeit gewesen, hätte sie ihn zweifellos gefragt, wofür er diese Materialien brauchte. Sie hätte sich zweifellos gefragt, woher Hilly diese exakten Informationen haben konnte – bis hin zu den Inventarnummern –, ohne im Radio

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