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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zusammengestellt werden – Männer mit Taschenlampen und Megafonen, die den Wald durchkämmten. Wenn David bis zum Morgen nicht gefunden worden war, würde sie Orval Davidson in Unity anrufen und ihn seine Bluthunde mitbringen lassen. Für die meisten war diese Prozedur nichts Neues. Sie kannten Suchtrupps, die meisten hatten schon einmal einem angehört; während der Jagdsaison waren sie nichts Außergewöhnliches, wenn es im Wald nur so von Fremden wimmelte, die nagelneue orangefarbene Flanellhosen von L. L. Bean anhatten und großkalibrige Gewehre spazieren trugen. Normalerweise fand man diese Verirrten lebend, an nichts anderem leidend als Sonnenbrand und hochgradiger Verlegenheit.
    Aber manchmal wurden sie tot aufgefunden.
    Und manchmal wurden sie überhaupt nicht gefunden.
    Sie würden David Brown nicht finden, und das wussten sie schon lange, bevor die Suche anfing. Kaum war Ruth angekommen, hatten ihre Gedanken sich vernetzt. Dies war ein instinktiver Akt, so unwillkürlich wie ein Blinzeln. Sie schlossen ihr Denken zusammen und suchten nach David. Ihre geistigen Stimmen vereinten sich zu einem Chor, der so stark war, dass sich David, hätte er sich in einem Umkreis von siebzig Meilen aufgehalten, die Hände vor den Kopf geschlagen und vor Schmerzen aufgeschrien hätte. Er hätte es noch in der fünffachen Entfernung gehört und mitbekommen, dass sie nach ihm suchten.
    Nein, David Brown hatte sich nicht verirrt. Er war einfach nur … nicht da.

    Die Suche, auf die sie sich vorbereiteten, war vollkommen nutzlos.
    Aber weil es der Tommyknocker-Verstand war, der das wusste, und weil sie sich immer noch als »menschliche Wesen« betrachteten, begannen sie den Tanz der Unwahrheit.
    Das »Werden« erforderte viele Lügen.
    Diese eine, die sie sich selbst erzählten, mit der sie darauf bestanden, dass sie immer noch so waren wie eh und je, war die wichtigste Lüge von allen.
    Auch das wussten sie alle. Sogar Ruth McCausland.
    3
    Um acht Uhr dreißig war die Dämmerung so finster geworden, dass man sie von der Nacht nicht mehr unterscheiden konnte, und die fünf Suchenden waren auf ein Dutzend angewachsen. Die Neuigkeit verbreitete sich rasch – ein wenig zu rasch, um normal zu sein. Sie suchten alle Gärten und Felder auf der Seite der Browns ab, wobei sie mit Hillys Bühne anfingen (Ruth selbst war mit einer starken Taschenlampe darunter gekrochen, da sie der Meinung war, wenn sich David irgendwo in der Nähe befand, dann fest schlafend dort – aber sie fand nur flachgetretenes Gras und einen seltsam elektrischen Geruch, bei dem sie die Nase rümpfte) und die Suche von dort strahlenförmig ausbreiteten.
    »Glauben Sie, dass er im Wald ist, Ruth?«, fragte Casey Tremain.
    »Muss er sein«, antwortete sie müde. Sie hatte wieder Kopfschmerzen. David war
    (nicht da)

    ebenso wenig im Wald wie der Präsident der Vereinigten Staaten. Dennoch …
    Im Hintergrund ihres Verstandes jagten die Zungenbrecher einander wie Eichhörnchen auf Trimmrädern.
    Die Dämmerung war freilich noch nicht so undurchdringlich, dass sie nicht sehen konnte, wie Bryant Brown eine Hand vors Gesicht legte und sich von den anderen abwandte. Es folgte ein Augenblick peinlichen Schweigens, den Ruth schließlich unterbrach. »Wir brauchen mehr Leute.«
    »Die State Police, Ruth?«, fragte Casey. Sie merkte, dass sie sie alle mit ernsten und nüchternen Gesichtern ansahen.
    (nein Ruth nein)
    (Außenstehende keine Außenstehenden wir kümmern uns darum)
    (kümmern uns um diese Sache wir brauchen keine Außenstehenden während)
    (während wir unsere alten Häute abstreifen und unsere neuen überziehen während)
    (wir »werden«)
    (wenn er im Wald ist werden wir ihn hören er wird rufen)
    (mit seinem Verstand rufen)
    (keine Außenstehenden Ruth pssst pssst um dein Leben Ruth wir)
    (wir lieben dich alle aber keine Außenstehenden)
    Die Stimmen schwollen in ihrem Verstand an, schwollen in der schwülen Dunkelheit an; sie sah sich um und erblickte nur dunkle Gestalten und weiße Gesichter, Gestalten und Gesichter, die einen Augenblick überhaupt nicht menschlich aussahen. Wie viele von euch haben ihre Zähne noch?, dachte Ruth McCausland hysterisch.
    Sie machte den Mund auf und dachte, sie würde schreien, aber ihre Stimme klang – jedenfalls in ihren eigenen
Ohren – normal und natürlich. In ihrem Hirn liefen die Zungenbrecher
    (Fischers Fritz fischt frische Fische frische Fische)
    schneller und schneller.
    »Ich finde, wir brauchen sie noch nicht,

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