Das Monstrum
Hampden erreicht hatte, waren Wolken vor seine außerordentliche Vision gezogen, und als er in Orono war, war nichts übrig als ein schwacher Schimmer. Er vermutete, dass es ein vorübergehender Hitzschlag gewesen war. Nur das Erbrechen war echt gewesen, das roch er an seinen Kleidern. Am ersten Tag der Konferenz war er blass und schweigsam, sagte wenig und trauerte seiner überwältigenden, flüchtigen Vision nach.
Das war auch der Morgen, an dem Mabel Noyes zur Unperson wurde, während sie im Keller des Junque-A-Torium hantierte. Es wäre nicht richtig gewesen, zu sagen, dass sie »durch einen Unfall« starb oder infolge von »unsachgemäßer Handhabung«. Keiner dieser Ausdrücke beschrieb genau, was mit ihr geschehen war. Mabel schoss sich keine Kugel in den Kopf, während sie ein Gewehr reinigte, oder steckte einen Finger in die Steckdose; sie ließ einfach ihre eigenen Moleküle zusammenfallen und hörte auf zu existieren. Es ging schnell und war kein bisschen unsauber. Ein blauer Lichtblitz, und sie war verschwunden. Nichts blieb übrig außer einem schwelenden BH-Träger und einem Gerät, das wie ein Silberpolierer aussah. Und genau das hatte das Gerät auch sein sollen. Mabel hatte sich gedacht, dass es ihr eine schmutzige, mühsame Arbeit erleichtern würde, und sich gefragt, warum sie bisher nie so ein Gerät hergestellt hatte – oder warum, um Himmels willen, man es nirgendwo kaufen konnte, denn es war völlig einfach herzustellen, und diese Schlitzaugen in Korea hätten es wahrscheinlich tonnenweise auf den Markt werfen können. Weiß Gott, die Schlitzaugen in Korea warfen auch andere Sachen tonnenweise auf den Markt, aber sie vermutete, dass sie dafür eigentlich dankbar sein sollte, da die Schlitzaugen in Japan offenbar zu hochnäsig geworden
waren, um sich noch um die Kleinigkeiten zu kümmern. Sie hatte angefangen, sich alle möglichen Dinge vorzustellen, die sie aus dem Trödel in ihrem Laden herstellen konnte. Wunderbare Dinge. Sie schaute in die Kataloge und war erstaunt, dass sie nicht darin waren. Mein Gott, dachte sie, ich glaube, ich werde reich werden! Sie hatte lediglich eine Art Kurzschluss in dem Gerät geschaffen, und daher wurde sie in weniger als 0,0006 Nanosekunden in die Twilight Zone versetzt.
Im Grunde genommen vermisste sie niemand in Haven.
Die Stadt lag erschlafft am Grunde einer Schüssel voll stehender Luft. Aus dem Wald hinter dem Garrick-Anwesen war Motorenlärm zu hören, während Bobbi und Gardener gruben.
Sonst schien die ganze Stadt im Halbschlaf zu liegen.
12
Ruth döste an diesem Nachmittag nicht.
Sie dachte über die Geräusche nach, die von Bobbi Andersons Grundstück herüberschallten (zumindest sie betrachtete es nicht mehr als das alte Garrick-Anwesen), und über Bobbi Anderson selbst.
Mittlerweile existierte in der Stadt eine gemeinschaftliche Quelle des Wissens, ein Tisch der Gedanken, den sich alle teilten. Vor einem Monat hätte Ruth eine solche Vorstellung für Irrsinn gehalten. Jetzt war es unbestreitbar. Das Wissen war da, wie die anschwellenden, flüsternden Stimmen.
Ein Teil davon war das Wissen, dass Bobbi das alles ins Rollen gebracht hatte.
Es war unabsichtlich geschehen, aber sie hatte alles in
Bewegung gesetzt. Jetzt arbeiteten sie und ihr Freund (der Freund war ein völliges Nichts für sie, sie wusste nur von ihm, weil sie ihn gesehen hatte, wie er abends mit Bobbi auf der Veranda saß) zwölf bis vierzehn Stunden täglich, und sie machten es immer schlimmer. Ruth glaubte nicht, dass der Freund eine Ahnung hatte, was er da machte. Er war irgendwie außerhalb des gemeinschaftlichen Netzes.
Wie machten sie es immer schlimmer?
Sie wusste es nicht, sie wusste nicht einmal sicher, was sie überhaupt machten. Das war ebenfalls blockiert, nicht nur für Ruth, sondern für alle in Haven. Mit der Zeit würden sie es erfahren, das Wissen würden sie nicht erlangen, sondern wissend »werden«, so wie die Menstruation jeder Frau in der Stadt zwischen ungefähr acht und sechzig etwa zur gleichen Zeit aufgehört hatte. Es hatte etwas mit Graben zu tun, mehr hatte Ruth nicht herausbringen können. Eines Nachmittags döste sie leicht und träumte, dass Bobbi und ihr Freund aus Troy einen gewaltigen silbernen Zylinder mit einem Durchmesser von etwa zweihundert Fuß freilegten. Nachdem sie einen großen Teil ausgegraben hatten, sah sie einen viel kleineren Zylinder, möglicherweise aus Stahl, mit vielleicht zehn Fuß Durchmesser und fünf Fuß hoch, der
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