Das Monstrum
hinterwäldlerischen Stadtverordneten oder Bobbis betrunkenen Stecher in Troy. Er war offenbar zu ihr gezogen, damit er sie ständig bumsen konnte. Okay. Sollten sie sich beide in Sicherheit wiegen. Das konnte ihr nur recht sein.
Jetzt war sie hier, im Cityscape Hotel in Bangor, und schlief schlecht … und knirschte mit den Zähnen.
Sie hatte immer mit den Zähnen geknirscht. Manchmal so laut, dass ihre Mutter in der Nacht aufwachte … ein paarmal sogar ihr Vater, der sonst wie ein Stein schlief. Als Anne drei war, erwähnte ihre Mutter es dem Hausarzt gegenüber. Dieser Bursche, ein altehrwürdiger Allgemeinmediziner aus dem Staat New York, bei dem sich Doc Warwick sofort wie zu Hause gefühlt hätte, schien überrascht zu sein. Er dachte einen Augenblick nach, dann sagte er: »Das müssen Sie sich einbilden, Mrs. Anderson.«
»Wenn das so ist, dann ist es ansteckend,«, sagte Paula. »Mein Mann hat es auch gehört.«
Sie sahen zu Anne, die einen wackeligen Turm aus Bauklötzen baute. Einen auf den anderen. Sie arbeitete mit grimmiger, ernster Konzentration. Als sie einen sechsten Klotz darauf setzte, fiel der Turm um … und als sie anfing, ihn erneut aufzubauen, hörten sie beide das harte Knochengeräusch, als Anne mit ihren Milchzähnen knirschte.
»Und das macht sie auch im Schlaf? «, fragte der Arzt.
Paula Anderson nickte.
»Nun, es wird wahrscheinlich vorübergehen«, sagte der Arzt. »Es ist harmlos.« Aber es ging natürlich nicht vorüber, und es war auch nicht harmlos; es war Bruxismus, ein Leiden, welches, ebenso wie Herzanfälle, Schlaganfälle und Magengeschwüre, besessene, geltungsbedürftige Menschen häufig befällt. Annes erster ausfallender Milchzahn war deutlich abgenutzt. Ihre Eltern sprachen darüber … dann vergaßen sie es. In der Zwischenzeit manifestierte sich Annes Persönlichkeit auf verblüffendere, beunruhigendere Weise. Mit sechseinhalb beherrschte sie die Familie Anderson bereits auf eine seltsame Art, die man nie deutlich erfassen konnte. Und sie hatten sich alle an das leise, schauderliche Flüstern von Annes knirschenden Zähnen in der Nacht gewöhnt.
Als Anne neun war, stellte der Zahnarzt der Familie fest, dass das Problem nicht verschwand, sondern schlimmer wurde, aber es wurde erst behandelt, als sie fünfzehn war und es ihr regelrechte Schmerzen bereitete. Bis dahin hatte sie ihre Zähne bis auf die Nerven abgeschliffen. Der Zahnarzt fertigte nach einem Kieferabdruck eine Zahnspange aus Gummi, dann eine aus Acryl. Sie trug diese Spangen, die »Nachtwächter« genannt wurden, jede Nacht im Bett. Mit achtzehn wurden ihre sämtlichen oberen und fast alle unteren Zähne mit Metallkronen versehen. Das konnten die Andersons sich nicht leisten, aber Anne bestand darauf. Sie hatten dem Problem erlaubt sich festzusetzen, und sie dachte nicht daran, es ihrem Geizhals von Vater zu erlauben, sich, wenn sie einundzwanzig war, abzuwenden und zu erklären: Du bist jetzt erwachsen, Anne; es ist dein Problem. Wenn du Kronen möchtest, dann bezahlst du sie auch.«
Sie hatte Goldkronen gewollt, aber das lag wirklich völlig außerhalb ihrer Möglichkeiten.
Mehrere Jahre danach hatte Annes sporadisches Lächeln ein glitzerndes, metallisches Aussehen, das außerordentlich erschreckend wirkte. Häufig zuckten Menschen tatsächlich vor diesem Lächeln zurück. Diese Reaktionen erfüllten sie mit ingrimmiger Freude, und als sie in einem der späteren James-Bond-Filme den Bösewicht Beißer, sah, da lachte sie, bis sie meinte, ihre Brust müsse bersten, und nach diesem ungewohnten Heiterkeitsausbruch hatte sie sich benommen und elend gefühlt. Als dieser riesige Mann zum ersten Mal seine Metallzähne zu seinem haiähnlichen Grinsen entblößt hatte, da hatte Anne genau begriffen, weshalb die Leute vor ihr zurückgezuckt waren, und sie wünschte sich beinahe, darauf verzichtet zu haben, sich nachträglich noch Porzellan auf die Metallkronen aufschmelzen zu lassen.
Aber, dachte sie dann, vielleicht war es besser, sich nicht so deutlich zu zeigen – es konnte ebenso unklug sein, seine Persönlichkeit zu offenbaren, wie es unklug sein konnte, sein Herz zu offenbaren. Vielleicht musste man nicht aussehen, als könnte man sich seinen Weg durch eine Tür aus Eichenbrettern beißen, wenn man etwas haben wollte, solange man selbst wusste, dass man es konnte.
Abgesehen vom Bruxismus hatte Anne als Kind und als Erwachsene jede Menge Löcher in den Zähnen gehabt, und das trotz des
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