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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sofort abgenommen. »Stadtverwaltung. Newt Berringer am Apparat.«
    »Schön, dass wenigstens irgendjemand am Apparat ist.
Mein Name ist Anne Anderson aus Utica, New York. Ich habe versucht, Ihren Constable anzurufen, aber er ist offensichtlich angeln gegangen.«
    Berringers Stimme war gelassen. »Er ist eine sie, Miss Anderson. Sie verstarb unerwartet letzten Monat. Der Posten wurde noch nicht neu besetzt. Dies wird wahrscheinlich auch erst bei der nächsten Stadtratssitzung geschehen.«
    Das hielt Anne nur einen Augenblick auf. Stattdessen konzentrierte sie sich auf etwa, das sie mehr interessierte.
    » Miss? Woher wissen Sie, dass ich eine Miss bin?«
    Keine Pause. Berringer sagte: »Sind Sie nicht Bobbis Schwester? Wenn Sie es sind, und wenn Sie verheiratet wären, dann würden Sie nicht Anderson heißen, richtig?«
    »Also kennen Sie Bobbi?«
    »Jeder in Haven kennt Bobbi, Miss Anderson. Sie ist unsere hiesige Berühmtheit. Wir sind sehr stolz auf sie.«
    Das ging durch das Fleisch von Annes Gehirn wie eine Glasscherbe. Unsere hiesige Berühmtheit. Gütiger Herr im Himmel.
    »Gut gemacht, Sherlock. Ich habe versucht, sie über das zu erreichen, was dort unten, wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen, als Telefon gilt, weil ich ihr mitteilen wollte, dass ihr Vater gestern gestorben ist und morgen beerdigt werden wird.«
    Sie hatte eine konventionelle Beileidsbekundung von diesem gesichtslosen Beamten erwartet – immerhin kannte er Bobbi –, aber es kam keine.
    »Wir hatten ein paar Probleme mit den Telefonen in der Gegend, in der sie wohnt«, sagte Berringer nur.
    Das nahm Anne wieder einen Augenblick den Wind aus den Segeln (einen sehr kurzen Augenblick; Anne ließ sich niemals lange den Wind aus den Segeln nehmen). Die Unterhaltung verlief nicht so, wie sie es erwartet hatte. Die
Antworten des Mannes waren etwas seltsam, zu reserviert, selbst für einen Yankee. Sie versuchte, ihn sich vorzustellen, konnte es aber nicht. Seine Stimme hatte etwas sehr Merkwürdiges.
    »Könnten Sie ihr sagen, dass sie mich anrufen soll? Im Nebenzimmer weint sich ihre Mutter die Augen aus dem Kopf, sie ist einem Zusammenbruch nahe, und wenn Roberta nicht rechtzeitig zur Beerdigung kommt, dann, denke ich, wird sie zusammenbrechen.«
    »Nun, ich kann sie nicht zwingen, Sie anzurufen, Miss Anderson, nicht?«, erwiderte Berringer mit aufreizender, behäbiger Langsamkeit. »Sie ist eine erwachsene Frau. Aber ich werde Ihre Botschaft ganz bestimmt weiterleiten.«
    »Vielleicht sollte ich Ihnen besser die Nummer geben«, sagte Anne zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich meine, wir haben hier immer noch denselben alten Anschluss, aber sie ruft so selten an, vielleicht hat sie die Nummer vergessen. Sie lautet …«
    »Nicht nötig«, unterbrach Berringer sie. »Wenn sie sich nicht erinnern kann oder sie nicht aufgeschrieben hat, dann haben wir ja immer noch die Auskunft, nicht? Schätze, Sie haben diese Nummer auch von dort.«
    Anne hasste das Telefon, weil es nur einen Bruchteil der vollen, zerschmetternden Kraft ihrer Persönlichkeit übertragen konnte. Sie glaubte, es noch niemals so sehr gehasst zu haben, wie in diesem Augenblick.
    »Hören Sie!«, kreischte sie. »Ich glaube nicht, dass Sie verstehen …«
    »Ich denke schon«, sagte Berringer. Dies war die zweite Unterbrechung, und die Unterhaltung war noch keine drei Minuten alt. »Ich werde vorm Essen hingehen und es ihr ausrichten. Danke für Ihren Anruf, Miss Anderson.«
    »Hören Sie …«

    Bevor sie zu Ende sprechen konnte, tat er das, was sie am meisten hasste.
    Anne legt auf und dachte, sie könnte lächelnd danebenstehen und zusehen, wie der Wichser, mit dem sie gerade gesprochen hatte, bei lebendigem Leibe von wilden Hunden gefressen wurde.
    Sie hatte wie verrückt mit den Zähnen geknirscht.
    10
    Bobbi rief an diesem Nachmittag nicht zurück. Auch nicht am frühen Abend, als die V 2 der Totenwache in die Fuselsphäre abhob. Nicht am späten Abend, als sie in die Umlaufbahn einschwenkte. Und auch nicht in den zwei Stunden nach Mitternacht, während derer die Trauernden zu ihren Autos hinaustorkelten, mit denen sie andere Fahrer auf dem Heimweg gefährden würden.
    Anne lag den größten Teil der Nacht wach und stocksteif im Bett, durch das Speed kurz vor der Explosion wie eine Kofferbombe, knirschte sie mit den Zähnen oder grub die Nägel in die Handflächen und sann auf Rache.
    Du wirst zurückkommen, Bobbi, o ja, das wirst du. Und wenn es so weit ist

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