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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Fahrrad sicherheitshalber ein gutes Stück von der
Straße weg; er blieb auf Justin Hurds Nordwiese stehen, bis sie vorüber war.
    (eine Dame da ist eine Dame und ich kann sie nicht hören nur ihre Schmerzen)
    Hundert Stimmen antworteten ihm, beruhigten ihn.
    (wir wissen es Ashley schon gut … pssst … pssst)
    Ashley grinste und entblößte dabei sein rosa Zahnfleisch, das so glatt wie das eines Säuglings war.
    15
    Ihr Magen revoltierte.
    Irgendwie gelang es ihr, an den Straßenrand zu fahren und den Motor abzustellen, bevor ihr das Frühstück hoch-und herauskam, einen kurzen Augenblick, nachdem sie es geschafft hatte die Fahrertür aufzureißen. Einen Moment hing sie nur so da, hatte die Arme auf das offene Fenster der halb offenen Tür gestemmt und beugte sich ungeschickt hinaus; ihr Bewusstsein war nicht mehr als ein kleiner Funke, den sie einzig kraft ihrer Entschlossenheit am Erlöschen hinderte. Schließlich war sie imstande, sich aufzurichten und die Tür zuzuziehen.
    Benebelt und verwirrt kam ihr der Gedanke, dass es das Frühstück gewesen sein musste – an Kopfschmerzen war sie gewöhnt, aber sie musste sich so gut wie nie übergeben. Das Frühstück in diesem Rattenloch, das angeblich Bangors bestes Hotel sein sollte. Die Dreckskerle hatten sie vergiftet.
    Ich könnte sterben … mein Gott, ja, ich fühle mich tatsächlich, als ob ich sterben könnte. Aber wenn ich nicht sterbe, dann werde ich mit ihnen von hier bis zu den Stufen
des Obersten Gerichtshofs prozessieren. Wenn ich überlebe, dann werden sie sich wünschen, ihre Mütter hätten ihre Väter nie kennengelernt.
    Vielleicht war es die aufrichtende Eigenschaft dieses Gedankens, der Anne genügend Kraft gab, das Auto wieder in Bewegung zu setzen. Sie kroch mit fünfunddreißig Meilen pro Stunde dahin und hielt nach einem Briefkasten Ausschau, auf dem ANDERSON stand. Dann kam ihr eine schreckliche Idee. Angenommen, Bobbi hätte ihren Namen auf dem Briefkasten übermalt? Wenn man genauer darüber nachdachte, war das gar nicht so abwegig. Sie hatte Grund zu der Annahme, dass Schwesterchen vielleicht aufkreuzen würde, und die rückgratlose kleine Fotze hatte immer Angst vor ihr gehabt. Sie war nicht in der Form, dass sie unterwegs an jeder Farm auf dem Weg anhalten und sich nach Bobbi erkundigen konnte (nicht dass Bobbis Dorfdeppen-Nachbarn ihr eine große Hilfe sein würden, wenn man den Esel, mit dem sie telefoniert hatte, als Maßstab nehmen konnte), und …
    Aber da war er: R. ANDERSON. Und dahinter ein Haus, das sie nur auf Fotos gesehen hatte. Onkel Franks Haus. Die alte Garrick-Farm. Ein blauer Truck parkte in der Einfahrt. Das Haus stimmte, ja, aber das Licht stimmte nicht. Das wurde ihr zum ersten Mal richtig klar, als sie sich der Einfahrt näherte. Anstatt den Triumph zu verspüren, den sie für diesen Augenblick erwartet hatte – den Triumph eines Raubtiers, dem es endlich gelungen ist, seine Beute auf den Boden zu nageln –, empfand sie Verwirrung, Unsicherheit und, wenngleich sie das Gefühl nicht erkannte, weil es ihr so unbekannt war, die ersten leisen Anzeichen von Angst.
    Das Licht.
    Das Licht stimmte nicht.

    Dieser Erkenntnis folgten andere in rascher Folge nach. Ihr steifer Hals. Die Schweißringe, die ihr Kleid unter den Achseln dunkel färbten. Und …
    Ihre Hände flogen zu ihrem Schritt. Dort spürte sie klamme Feuchtigkeit, die bereits trocknete, und sie nahm einen leichten Ammoniakgeruch im Wagen wahr. Er war schon die ganze Zeit da, aber ihr Bewusstsein war eben erst darüber gestolpert.
    Ich habe mich vollgepisst. Ich habe mich vollgepisst, und ich sitze schon so lange in diesem beschissenen Auto, dass es beinahe getrocknet ist …
    (und das Licht, Anne)
    Das Licht stimmte nicht. Es war das Licht des Sonnenuntergangs.
    Aber nein – es ist halb zehn am …
    Aber es war das Licht des Sonnenuntergangs. Sie konnte es nicht bestreiten. Nachdem sie sich übergeben hatte, hatte sie sich besser gefühlt, ja … und plötzlich war ihr klar, warum. Das Wissen war die ganze Zeit da gewesen und hatte nur darauf gewartet, zur Kenntnis genommen zu werden, wie die Schweißflecken unter ihren Armen und der schwache Geruch nach trocknendem Urin. Sie hatte sich besser gefühlt, weil die Zeitspanne zwischen dem Schließen der Tür und dem tatsächlichen Anlassen des Motors nicht Sekunden oder Minuten gewesen war, sondern Stunden – sie hatte den ganzen mörderisch heißen Sommertag im Backofen des Autos verbracht. Sie war in eine

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