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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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fallen. Die Grube war schlammig. Totzdem stieg sie hinein, ihre Arbeitsstiefel platschten im Morast. Sie beugte sich hinab und sah glattes graues Metall im Erdreich verschwinden; an einer Seite stand eine Pfütze.
    Was bist du?
    Sie legte die Hand darauf. Die Vibration sickerte in ihre Hand und schien einen Augenblick ganz durch sie hindurchzugehen. Dann hörte sie auf.
    Anderson drehte sich um und legte die Hand auf die Schaufel, sie spürte das glatte, von der Sonne leicht angewärmte Holz. Sie registrierte halb unbewusst, dass sie keine Waldeslaute hörte, überhaupt keine … keine Vögel sangen, keine Tiere raschelten durchs Unterholz, um vor dem Geruch eines Menschen zu fliehen. Sie wurde sich deutlicher der Gerüche bewusst: torfige Erde, Kiefernnadeln, Rinde und Harz.
    Eine Stimme in ihr – sehr tief drinnen, nicht aus der rechten Gehirnhälfte, sondern möglicherweise direkt aus der Wurzel ihres Verstandes schrie in Panik.
    Es geschieht etwas, Bobbi, GERADE JETZT geschieht etwas.
Verschwinde von hier totes Waldmurmeltier tote Vögel Bobbi bitte bitte BITTE …
    Ihre Hand umklammerte den Schaufelstiel, und sie sah es erneut vor sich, wie sie es skizziert hatte – die graue oberste Kante von etwas Gigantischem in der Erde.
    Ihre Periode hatte wieder angefangen, aber das machte nichts; bevor sie zum Jäten in den Garten gegangen war, hatte sie eine Binde in ihren Slip eingelegt. Eine Maxi. Und im Rucksack hatte sie noch ein halbes Dutzend. Oder vielleicht eher ein ganzes Dutzend?
    Sie wusste es nicht, und es war auch einerlei. Nicht einmal die Erkenntnis, dass ein Teil von ihr gewusst hatte, dass sie ungeachtet der albernen Vorstellungen von freiem Willen, der der Rest ihres Verstandes anhing, hierher kommen würde, beunruhigte sie. Sie war von einem strahlenden Gefühl des Friedens erfüllt. Tote Tiere … Monatsblutungen, die aufhörten und wieder anfingen … voll ausgerüstet hier einzutreffen, selbst nachdem man sich versichert hatte, dass die Entscheidung noch nicht gefallen war … das waren Kleinigkeiten, kleiner als klein, nichts als Bockmist. Sie würde einfach eine Weile graben, an diesem Miststück graben, herausfinden, ob es noch etwas anderes als glatte Metallhaut zu sehen gab. Denn alles …
    »Alles ist gut«, sagte Bobbi Anderson in der unnatürlichen Stille, dann fing sie an zu graben.

Kapitel fünf
Gardener stürzt ab
    1
    Während Bobbi Anderson mit einem Zirkel einen gigantischen Umriss zeichnete und mit einem Gehirn, das vor Erschöpfung betäubter war, als sie wusste, das Unmögliche dachte, tat Jim Gardener die einzige Arbeit, die er noch tun konnte. Diesmal tat er sie in Boston. Die Gedichte-Lesung am 25. fand an der Universität statt. Sie ging klar. Der Sechsundzwanzigste war ein freier Tag. Es war gleichzeitig der Tag, an dem Gardener stolperte – aber »stolpern« ist für das, was geschah, leider nicht ganz das richtige Wort. Es war kein kleinerer Vorfall, wie etwa mit dem Fuß bei einem Waldspaziergang unter einer Wurzel hängen zu bleiben. Es war ein Absturz, ein verdammt langer Absturz, wie ein – Extras gehen auf getrennte Rechnung – Knochenbrecher während eines Überschlags in einem langen Fall eine Treppe hinab. Eine Treppe? Scheiße, er wäre beinahe vom Antlitz der Erde heruntergestürzt.
    Der Absturz begann in seinem Hotelzimmer; er endete acht Tage später auf dem Wellenbrecher in Arcadia Beach, New Hampshire.
    Bobbi wollte graben; Gard erwachte am Morgen des Sechsundzwanzigsten und wollte trinken.
    Er wusste, dass es so etwas wie einen »teilweise geheilten Alkoholiker« nicht gab. Entweder man trank, oder man trank nicht. Er trank augenblicklich nicht, und das war gut,
aber es hatte immer lange Zeiträume gegeben, in denen er überhaupt nicht an Stoff dachte. Manchmal Monate. Ab und zu schaute er in eine Versammlung hinein (wenn zwei Wochen vergingen, in denen Gardener keine Versammlung der Anonymen Alkoholiker besuchte, fühlte er sich unbehaglich – ungefähr so, wie wenn er Salz verschüttete und sich nicht eine Prise davon über die Schulter warf) und sagte: »Hi, mein Name ist Jim, und ich bin Alkoholiker.« Aber wenn der Drang nicht da war, schien das nicht zuzutreffen. Während dieser Zeiträume war er eigentlich nicht trocken; er konnte trinken und tat es auch – das hieß trinken, im Gegensatz zum Saufen. Ein paar Cocktails gegen fünf, wenn er bei einer Sitzung oder einer Dinner Party der Fakultät war. Nur das, mehr nicht. Oder er konnte Bobbi

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