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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Anklage der Teilnahme an einer illegalen Demonstration, Gard unter einer wesentlich spezifischeren – Besitz einer Handfeuerwaffe ohne gültigen Waffenschein. Die anderen zahlten ein Bußgeld und wurden entlassen. Gardener bekam zwei Monate. Sein Anwalt hatte ihm gesagt, dass er Glück gehabt hätte. Gardener hatte seinen Anwalt gefragt, ob er wusste, dass er auf einer Zeitbombe
saß und sich dort einen runterholte. Sein Anwalt hatte ihn gefragt, ob er schon einmal die Hilfe eines Psychiaters erwogen hätte. Gardener hatte seinen Anwalt gefragt, ob er schon einmal erwogen hatte, sich selbst zu ficken.
    Aber er hatte Verstand genug, keine Demonstrationen mehr mitzumachen. Immerhin das. Er hielt sich davon fern. Sie vergifteten ihn. Aber wenn er sich betrank, dann kehrte sein Verstand – das, was der Stoff davon übrig gelassen hatte – fast besessen zum Thema Reaktoren zurück: zu den Brennstäben, den Sicherheitsvorkehrungen, der Unmöglichkeit, einen Störfall zu stoppen, wenn er erst einmal richtig losgelegt hatte …
    Wenn er sich betrank, stieg die Hitze in ihm auf. Die Kernkraftwerke. Die gottverdammten Kernkraftwerke. Es war symbolisch, ja, schon gut, man musste nicht Freud sein, um zu erkennen, dass er in Wirklichkeit gegen den Reaktor in seinem eigenen Herzen protestierte. Wenn es um Zurückhaltung ging, dann waren James Gardeners Sicherheitsvorkehrungen höchst unzureichend. In ihm steckte ein Techniker, den er schon längst hätte feuern sollen. Er saß da und hantierte ständig mit den falschen Schaltern. Der Bursche würde erst dann glücklich sein, wenn Jim Gardener seine eigene Kernschmelze erlitten hatte.
    Die gottverdammten Kernkraftwerke.
    Vergiss es.
    Er versuchte es. Zuerst einmal versuchte er, über die Lesung des heutigen Abends am Northeastern nachzudenken – eine Lustbarkeit, die von einer Gruppe gesponsert wurde, die sich »Freunde der Dichtkunst« nannte, ein Name, der Gardener mit Angst und Schrecken erfüllte. Gruppen mit solchen Namen hatten die Tendenz fast immer ausschließlich aus Frauen zu bestehen, die sich selbst Damen nannten (und von denen die meisten aus Überzeugung
zu der Sorte mit blau gefärbten Haaren gehörten). Diese Damen waren im Allgemeinen mit den Werken von Rod McKuen weitaus vertrauter als mit denen von John Berryman, Hart Crane, Ron Cummings oder dem guten alten versoffenen Filmriss-Krakeeler und Ehefrauenanschießer James Eric Gardener.
    Verschwinde von hier, Gard. Vergiss den New England Poetry Caravan. Vergiss die Northeastern und die Freunde der Dichtkunst, diese Schlampe McCardle. Verschwinde ganz schnell von hier, bevor etwas Schlimmes geschieht. Etwas wirklich Schlimmes. Denn wenn du bleibst, dann wird etwas Schlimmes geschehen. Es ist Blutmond.
    Aber der Teufel sollte ihn holen, wenn er mit eingeklemmtem Schwanz nach Maine zurücklief. Er nicht.
    Außerdem war da die Schlampe.
    Sie hieß Patricia McCardle, und wenn sie keine arrogante Weltklasseschlampe war, dann hatte Gard nie eine getroffen.
    Sie hatte einen Vertrag, und darin stand, keine Leistung, kein Geld.
    »Jesus«, sagte Gardener, legte eine Hand vor die Augen und versuchte, die zunehmenden Kopfschmerzen zu vertreiben, obwohl er wusste, dass es nur eine Medizin gab, die das konnte; gleichzeitig wusste er, dass es genau diese Medizin war, die das wirklich Schlimme herbeiführen würde.
    Er wusste ebenfalls, dass ihm dieses Wissen überhaupt nicht helfen würde. Und so begann wenig später, der Stoff zu fließen und der Zyklon zu stürmen.
    Jim Gardener, jetzt im freien Fall.
    4
    Patricia McCardle war die Hauptmitarbeiterin und Chef-Einpeitscherin des New England Poetry Caravan. Ihre Beine waren lang, aber knochig, die Nase aristokratisch, ähnelte aber zu sehr einer Klinge, um attraktiv zu wirken. Gard hatte sich einmal vorzustellen versucht, dass er sie küsste, und war entsetzt gewesen von dem Bild, das sich ungewollt in seinen Verstand gedrängt hatte: Ihre Nase glitt nicht nur an seiner Wange entlang, sondern schnitt sie auf wie eine Rasierklinge. Sie hatte eine hohe Stirn, nicht vorhandene Brüste und Augen, die so grau waren wie Gletscher an einem wolkenverhangenen Tag. Sie konnte ihre Ahnenreihe bis zur Mayflower zurückverfolgen.
    Gardener hatte schon einmal für sie gearbeitet, und es hatte schon einmal Ärger gegeben. Er war Teil des New England Poetry Caravan von 1988 aus einem recht grausigen Anlass geworden … aber der Grund für seine unerwartete Aufnahme war in der Welt der

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