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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wissen, ob im Herbst mit weiteren organisierten Protestaktionen zu rechnen war. Er nannte das Reserverad Ted.
    Ted der Strom-Mann sagte, er glaube nicht, dass man sich große Sorgen machen musste. Seabrook hatte seine Proteste gehabt, ebenso das Arrowhead-Projekt in Maine – aber seit die Bundesrichter angefangen hatten, empfindliche Strafen für das zu verhängen, was sie lediglich als »auf den Sack hauen« betrachteten, hatten die Proteste drastisch nachgelassen. »Diese Typen wechseln ihre Angriffsziele fast ebenso schnell wie ihre Rock-Gruppen«, sagte er. Arberg,
McCardle und die anderen lachten – mit Ausnahme der Frau von Ted dem Strom-Mann. Ihr Lächeln zerfaserte nur noch etwas mehr.
    Gardeners freundliches Lächeln blieb. Es war, als wäre es auf seinem Gesicht festgefroren.
    Ted der Strom-Mann wurde deutlicher. Er sagte, es wäre an der Zeit, den Arabern ein für alle Mal zu zeigen, dass Amerika und die Amerikaner sie nicht brauchten. Er sagte, selbst die modernsten kohlebetriebenen Generatoren wären so schmutzig, dass die EPA sie niemals akzeptieren würde. Er sagte, dass Sonnenenergie großartig wäre … »solange die Sonne scheint«. Wieder eine Lachsalve.
    Gardeners Kopf dröhnte und pochte, pochte und dröhnte. Seine Ohren, die auf eine beinahe übernatürliche Hörfähigkeit eingestellt waren, hörten ein leise knisterndes Geräusch, und er entspannte seine Hand einen Augenblick, bevor sie sich so verkrampfte, dass das Glas zerbrach.
    Er blinzelte, und Arberg hatte den Kopf eines Schweins. Die Halluzination war vollständig und makellos, bis hin zu den Borsten auf der Schnauze des fetten Mannes. Das Buffet lag in Trümmern, aber Arberg durchwühlte den Rest, verschlang die letzten paar Triscuits, spießte eine letzte Scheibe Salami und ein letztes Stückchen Käse mit demselben Zahnstocher auf, verfolgte sie mit den letzten Kartoffelchipkrümeln. Alles verschwand in seiner schnüffelnden Schnauze, und dabei nickte er unablässig weiter, während Ted der Strom-Mann erklärte, dass Kernenergie die einzige Alternative war, wirklich.
    »Gott sei Dank bekommt das amerikanische Volk diese Tschernobyl-Geschichte endlich in die richtige Perspektive«, sagte er. »Zweiunddreißig Menschen tot. Das ist natürlich schrecklich, aber gerade vor einem Monat gab es einen Flugzeugabsturz, der hundertneunzig Menschen das
Leben kostete. Trotzdem hört man niemanden nach der Regierung rufen, damit sie die Fluggesellschaften zumacht, oder? Zweiunddreißig Tote sind schrecklich, aber keineswegs das Armageddon, zu dem diese Kernkraftfreaks es machen wollen.« Er senkte die Stimme ein wenig. »Sie sind so verrückt wie die LaRouche-Leute, die man in Flughäfen sieht, aber in gewisser Weise sind sie schlimmer. Sie hören sich vernünftiger an. Aber wenn wir täten, was sie verlangen, dann würden sie einen Monat später dastehen und heulen, weil ihr Föhn nicht mehr funktioniert oder sie feststellen, dass sie ihre Küchenmaschinen nicht mehr dazu verwenden können, ihr makrobiotisches Essen zuzubereiten. «
    Für Gard sah er nicht mehr wie ein Mann aus. Der zottige Kopf eines Wolfs ragte aus dem Kragen seines weißen Hemdes mit den roten Nadelstreifen. Er sah sich um, die rosa Zunge hing heraus, die grünlich-gelben Augen funkelten. Arberg grunzte eine Art Zustimmung und schaufelte weiter Reste in seine rosa Schweineschnauze. Patricia McCardle hatte jetzt den glatten, schlanken Kopf eines Whippet. Der Collegedekan und seine Frau waren Frettchen. Und die Frau des Mannes vom Elektrizitätswerk war zu einem ängstlichen Kaninchen geworden, dessen rosa Augen hinter dicken Brillengläsern rollten.
    O Gard, nein, stöhnte sein Verstand.
    Er blinzelte noch einmal, und da waren sie wieder Menschen.
    »Und was diese Protestierer bei ihren Protestkundgebungen immer zu erwähnen vergessen, ist Folgendes«, kam Ted der Strom-Mann zum Ende und sah sich um wie ein Anwalt, der vor dem Höhepunkt seines Plädoyers steht. »In dreißig Jahren friedlicher Nutzung der Kernenergie hat es nie einen einzigen Todesfall als Folge der Kernenergie in
den Vereinigten Staaten gegeben. « Er lächelte bescheiden und kippte den Rest seines Scotch.
    »Ich bin mir sicher, mit diesem Wissen werden wir alle ruhiger schlafen«, sagte der Collegedekan. »Und jetzt werden meine Frau und ich wohl …«
    »Wussten Sie, dass Marie Curie an Strahlenvergiftung gestorben ist?«, fragte Gardener im Plauderton. Köpfe drehten sich zu ihm. »Ja. Leukämie als

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