Das Monstrum
als wären sie zwei bissige Hunde. Ted sah den Blick; spürte, wie sie sich aus seiner einkreisenden, freiheitsberaubenden Umarmung befreien wollte. Gardener vermutete, dass es ihre Reaktion auf das war, was er gesagt hatte, was die letzte Eskalation bewirkt hatte. Ted war zweifellos für den Umgang mit Hysterikern wie Gardener geschult worden; die Gesellschaft brachte das ihren Teds routinemäßig bei, wie die Fluggesellschaften ihren Stewardessen die Vorführung der Notfall-Sauerstoffsysteme beibringen.
Aber es war spät, Gardeners betrunkene, aber überzeugende Gegenbeweisführung war wie ein Gewittersturm losgegangen … und jetzt verhielt sich seine Frau, als wäre er der Schlächter von Riga.
»Mein Gott, ich habe euch alle und euer Gewimmer satt!
Sie waren heute Abend hier, haben Ihre unverständlichen Gedichte in ein Mikrofon gesprochen, das mit Elektrizität funktioniert, Sie haben Ihre stammelnde Stimme von Lautsprechern verstärken lassen, die mit Elektrizität funktionieren, Sie haben bei elektrischem Licht gelesen – was meint ihr Ludditen denn, woher diese Energie kommt? Vom Zauberer von Oz? Mein Gott!«
»Es ist spät«, sagte McCardle hastig, »und wir alle …«
»Leukämie«, sagte Gardener und sprach mit eindringlicher Vertraulichkeit direkt zu Teds Frau. »Die Kinder. Die Kinder sind immer die Ersten, die nach einer Kernschmelze dran glauben müssen. Aber ein Gutes hat es: Wenn wir Iroquois verlieren, dann hat der Jimmy Fund zu tun.«
»Ted?«, wimmerte sie. »Er hat unrecht, nicht? Ich meine …« Sie suchte in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch oder Kleenex und ließ sie fallen. Man hörte, das spröde Geräusch, wie etwas darin zerbrach.
»Hören Sie auf«, sagte Ted zu Gardener. »Wir können darüber reden, wenn Sie wollen, aber hören Sie auf, vorsätzlich meine Frau zu beunruhigen.«
»Ich möchte aber, dass sie beunruhigt ist,«, sagte Gardener. Er hatte die Dunkelheit jetzt vollkommen umarmt. Er gehörte zu ihr, und sie gehörte zu ihm, und das war gut so. »Es gibt zu vieles, das sie nicht zu wissen scheint. Sachen, die sie wissen sollte. Wenn man bedenkt, mit wem sie verheiratet ist und so.«
Er zeigte ihr das wunderschöne, wilde Grinsen. Diesmal betrachtete sie es ohne zurückzuweichen, sie war gebannt wie ein Reh von näher kommendem Scheinwerferlicht.
»Und jetzt zu den verbrauchten Brennstäben. Wissen Sie, was mit denen geschieht, wenn sie nicht mehr im Atommeiler benutzt werden können? Hat er Ihnen gesagt, dass die Brennstabfee sie holt? Nicht wahr. Die Leute von den
Kraftwerken verscharren sie wie die Eichhörnchen. Es gibt große hässliche Stapel Brennstäbe, wie die Beatles singen here, there and everywhere, die in hässlichen, flachen Abklingbecken liegen. Sie sind wirklich heiß, Ma’am. Und das werden sie noch sehr, sehr lange sein.«
»Gardener, ich möchte, dass Sie gehen«, sagte Arberg noch einmal.
Ihn ignorierend fuhr Gardener fort, einzig und allein mit Mrs. Ted zu sprechen. »Sie verlieren bereits den Überblick über einige dieser Stapel verbrauchter Brennstäbe, haben Sie das gewusst? Wie kleine Kinder, die den ganzen Tag spielen, müde ins Bett gehen und sich am nächsten Tag nicht erinnern können, wo sie ihre Spielsachen gelassen haben. Und dann ist da das Material, das sich einfach in Luft auflöst. Das ideale Material für irre Bombenleger. Es ist bereits genügend Plutonium verschwunden, um die gesamte Ostküste der Vereinigten Staaten damit hochzujagen. Aber ich brauche ein Mikrofon, damit ich meine unverständlichen Gedichte lesen kann. Gott verhüte, dass ich meine Stimme heben müss…«
Arberg packte ihn plötzlich. Der Mann war groß und schwabbelig, aber ziemlich kräftig. Gardeners Hemd wurde aus der Hose gezogen. Das Glas fiel ihm aus der Hand und zerschellte am Boden. Mit rollender, tragender Stimme – einer Stimme, über die vielleicht nur ein empörter Lehrer verfügt, der viele Jahre in Hörsälen verbracht hat – verkündete Arberg allen Anwesenden: »Ich werfe diesen Penner hinaus.«
Die Ankündigung wurde mit spontanem Beifall begrüßt. Nicht alle im Zimmer applaudierten – vielleicht nicht einmal die Hälfte. Aber die Frau des Strom-Manns weinte jetzt heftig, drängte sich an ihren Mann und versuchte nicht mehr, von ihm loszukommen; bevor Arberg ihn gepackt
hatte, hatte Gardener über ihr aufgeragt und sie scheinbar bedroht.
Gardener spürte seine Füße über den Boden rutschen, dann verloren sie den Halt ganz. Er
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