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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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während er dir langsam über die Augen rutscht, was alle Anwesenden (deine Frau ausgenommen) für das Komischste hielten, das sie je gesehen hatten. Nicht zu wissen, dass man komische Sachen getan hatte, etwa Fakultätsvorstände zu schlagen. Oder seine Frau anzuschießen.
    Diesmal war es schlimmer gewesen.
    Wie konnte es schlimmer sein als Nora?
    Irgendetwas. Vorläufig tat sein Kopf so weh, dass er nicht einmal versuchen konnte, die unbekannten letzten Tage zu rekonstruieren.

    Gardener sah zum Wasser hinab, auf die Wellen, die gemächlich auf ihn zurollten; er hatte die Unterarme auf die Knie gelegt und den Kopf gesenkt. Wenn die Wellen zurückgingen, konnte er Entenmuscheln und glitschigen grünen Seetang sehen. Nein … eigentlich kein Seetang. Grüner Schleim. Wie Rotz.
    Ihre Frau angeschossen … starke Sache, was?
    Vom qualvollen Pochen in seinem Kopf gepeinigt, schloss Gardener die Augen, dann öffnete er sie wieder.
    Spring rein, drängte ihn eine sanfte Stimme. Ich meine, scheiß drauf, du brauchst nichts mehr von dieser Kacke, oder? Spiel am Ende des ersten Innings beendet. Nicht offiziell. Wegen Regen abgesagt. Es wird wiederholt, wenn sich das Große Rad des Karmas zum nächsten Leben weitergedreht hat … oder zum übernächsten, im nächsten werde ich ein Mistkäfer oder so etwas sein, um das hier wiedergutzumachen. Häng deinen Sackschutz weg, Gard. Spring rein. In deinem momentanen Zustand werden sich deine Beine verkrampfen, und es wird rasch vorbei sein. Jedenfalls besser als mit einem Laken in einer Gefängniszelle. Los jetzt, spring!
    Er erhob sich, stand schwankend auf den Steinen und sah ins Wasser. Nur einen großen Schritt, mehr brauchte er nicht zu tun. Das könnte er im Schlaf. Scheiße, er hätte es beinahe getan.
    Noch nicht. Will zuerst mit Bobbi sprechen.
    Der Teil seines Verstandes, der immer noch ein wenig am Leben hing, stürzte sich auf diese Idee. Bobbi. Bobbi war der einzige Teil seines alten Lebens, der irgendwie immer noch gut und intakt zu sein schien. Bobbi lebte dort unten in Haven, schrieb ihre Western, war immer noch normal, immer noch seine Freundin, wenn auch nicht mehr seine Geliebte. Seine letzte Freundin.

    Will zuerst mit Bobbi sprechen, okay?
    Warum? Damit du einen letzten Versuch unternehmen kannst, sie auch zu versauen? Das hast du, weiß Gott, schon ausreichend versucht. Deinetwegen hat sie eine Polizeiakte, und zweifellos auch einen eigenen FBI-Ordner. Halt Bobbi da raus. Spring und hör auf, Scheiße zu bauen.
    Er taumelte vorwärts und war nahe davor, es zu tun. Der Teil von ihm, der noch leben wollte, schien keine Argumente mehr zu haben, keine Verzögerungstaktik. Er hätte darauf hinweisen können, dass er in den letzten drei Jahren – mehr oder weniger – nüchtern geblieben war, dass es keine Filmrisse mehr gegeben hatte, seit er und Bobbi 1985 in Seabrook festgenommen worden waren. Aber das war ein schwaches Argument. Von Bobbi abgesehen, war er jetzt völlig allein. Sein Verstand war fast ständig in Aufruhr und kehrte immer wieder – auch wenn er nüchtern war – zum Thema der Kernkraftwerke zurück. Er erkannte, dass seine ursprüngliche Besorgnis und seine Wut zur Besessenheit verkommen waren … aber Selbsterkenntnis und Rehabilitierung waren überhaupt nicht das Gleiche. Mit seinen Gedichten war es abwärtsgegangen. Mit seinem Verstand war es abwärtsgegangen. Und das Schlimmste war, dass er sich, wenn er nicht trank, wünschte, er täte es. Das liegt einfach daran, dass der Schmerz jetzt ständig da ist. Ich bin wie eine wandelnde Bombe, die nach einem Platz sucht, wo sie hochgehen kann. Wird Zeit, mich zu entschärfen.
    Also gut. Okay. Er machte die Augen zu und bereitete sich vor.
    Während er das tat, überkam ihn eine seltsame Gewissheit, eine Intuition, die so stark war, dass sie an Hellsichtigkeit grenzte. Er spürte, dass Bobbi mit ihm reden musste, nicht umgekehrt. Das war kein Trick, den sein Verstand
ihm spielte. Sie steckte wirklich in irgendwelchen Schwierigkeiten. Schlimmen Schwierigkeiten.
    Er öffnete die Augen und sah sich um wie ein Mann, der aus einer tiefen Benommenheit erwacht. Er würde ein Telefon finden und sie anrufen. Er würde nicht sagen »He, Bobbi, ich hatte wieder einen Filmriss«, und er würde nicht sagen »Ich weiß nicht, wo ich bin, Bobbi, aber diesmal ist kein nasebohrender Deputy da, der auf mich aufpasst«. Er würde sagen: »He, Bobbi, wie geht es dir?« Und wenn sie sagte, dass es ihr prächtig ginge,

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