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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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schlich näher und hielt den Stock wie einen sperrigen Baseballschläger. Seine leisen Schritte verloren sich im Dröhnen des Wassers. Ein feiner Dunst legte sich auf sein Haar und Gesicht und ließ ihn blinzeln. Er packte das Stück Holz fest und schob alle Skrupel beiseite. Es musste sein. Er atmete tief ein, hob den Stock hoch über die Schulter und drehte sich seitwärts Jane zu.
    Der Ast sauste ohne jede Vorwarnung und so plötzlich auf ihren Kopf herunter, dass sie sich nirgends festhalten konnte, um zu verhindern, dass sie über die Felskante stürzte, denn der Schlag hatte sie fast betäubt. Bevor sie es auch nur gemerkt hatte, flog sie schon durch die Luft und ins Wasser. Sie sank immer tiefer, um sie herum war nur glatter Fels, und sie war zu benommen, um Widerstand zu leisten. Der Sturz in den See presste die Luft aus ihrer Lunge. Blasen stiegen aus Nase und Mund, als die Wucht des Wasserfalls sie nach unten drückte. Das Blut pochte in ihren Ohren, ein roter Schleier legte sich vor ihre Augen. Ein letzter Funke ihres Bewusstseins sagte ihr, sie müsse sich zurück an die Oberfläche kämpfen, aber dieser Befehl erreichte ihre Gliedmaßen nicht mehr.
    Der Abstand zwischen Leben und Tod verringerte sich mit jeder Sekunde.
    Tenille fing fast an, sich zu amüsieren, obwohl sie lieber gestorben wäre, als das zuzugeben. Es war schon frustrierend, tagsüber nicht hinausgehen zu können, aber sie hatte Bücher zum Lesen, Musik, die sie hören konnte, Essen und auch Wärme genug, wenn sie in ihrem Schlafsack lag. Allein zu sein war für sie nie ein Problem gewesen, und Jane kam ja oft genug, sodass sie sich nicht ganz ausgeschlossen vorkam. Jane hatte heute eine gute Nachricht gebracht. Sie schien irgendwie distanziert, als wäre sie mit sich selbst beschäftigt und fände es zu mühsam, sich von ihren Gedanken loszureißen. Aber sie hatte ausführlich von ihrer Unterhaltung mit Hammer berichtet. Jetzt wusste er, dass Tenille ihn nicht verraten würde. Jane hatte ihm gesagt, Tenille wolle weder, dass er irgendwelche Signale gebe, die doch nichts brächten, noch, dass er die Schuld auf sich nehme, um ihr aus der Klemme zu helfen. Tenille hatte keine Ahnung, was ihr Vater geplant hatte, aber sie vertraute ihm. Obwohl er sich dreizehn Jahre lang aus ihrem Leben herausgehalten hatte, hatte er seine Liebe bewiesen, als es darauf ankam. Sie bezweifelte nicht, dass er zu ihr halten würde. Er würde einen Plan austüfteln, der sie beide von dem Verdacht befreien konnte. In ein paar Tagen würde sie ihr Versteck verlassen und ihr altes Leben wieder aufnehmen können.
    Sie fragte sich, wo Sharon wohnte, jetzt, da die Wohnung ausgebrannt war. Ob der Stadtrat sie in eine der leeren Wohnungen in Marshpool einquartiert hatte? Oder würde sie bei einem ihrer Liebhaber kampieren und ihren Kummer in Alkohol und Drogen ertränken? Tenille hatte nichts gegen den Gedanken, wieder bei Sharon zu wohnen. Ihre Tante hatte sie meistens sich selbst überlassen, und sie hatten einen Lebensstil entwickelt, der ihnen mehr oder weniger beiden zusagte. Aber vielleicht würde sich jetzt ihr Dad einschalten. Er wollte wahrscheinlich nicht, dass sie bei ihm wohnte, überlegte sie. Sie wusste genug über das Leben, das er führte, und ihr war klar, er würde seine Tochter nicht mittendrin haben wollen. Aber vielleicht würde er ein Auge auf sie haben und dafür sorgen, dass Sharon keine perversen Schnorrer wie Geno mehr anschleppte.
    Und vielleicht konnte sie, mit ihrem Dad im Hintergrund, die Träume verwirklichen, die sie immer beiseite geschoben hatte, weil sie völlig unmöglich waren. Träume vom Lernen, vom Studieren, und vielleicht würde sie eines Tages sogar selbst Gedichte schreiben. Wenn sie wusste, dass es einen Sinn hatte, konnte sie sich zwingen, zur Schule zu gehen, das Spiel mitspielen und den Weg gehen, den Jane ihr gezeigt hatte. Sie konnte ihrem Dad beweisen, dass es keine Geldverschwendung war, ein paar Scheine springen zu lassen. Sie könnte ihn stolz machen.
    Aber das alles lag in der Zukunft. Jetzt konzentrierte sie sich darauf, wie sie Jane dafür danken konnte, dass sie einiges für sie riskiert hatte.
    Es spielte keine Rolle, dass sie ein Versprechen gegeben hatte. In ihrer Welt waren Versprechen flexibel. Man hielt sich an sie, wenn es Sinn machte, man brach sie, wenn es nichts brachte. Jane war zu gutmütig, sie verstand nicht, dass man sich nicht auf das verlassen konnte, was die Leute sagten. Deshalb kam sie mit den

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