Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
zornig die Augenbrauen. »Du bist erbärmlich«, stieß er hervor, wandte sich seiner Einfahrt zu und verschwand hinter der Hecke. Die Genugtuung war kleinlich, sie wusste das, aber trotzdem war es eine Genugtuung. Jane trat aufs Gas und fuhr nach Langmere Stile hinauf. Es gab ihr einen Stich, als sie an Edith Clewlows Häuschen vorbeifuhr. Hat nichts mit mir zu tun. Aber sie war von diesem Gedanken nicht sehr überzeugt. Eine Meile weiter bog sie nach links ab und fuhr auf den Parkplatz des National Trust am Langmere Force. Zu dieser Zeit am Nachmittag war kein anderer Wagen da, und Jane spürte, wie sich die Stille auf sie herabsenkte, als sie die Stufen hinter sich gelassen hatte und den Waldweg zu dem zwölf Meter hohen Wasserfall entlangging, der von weit oben in den Dark Tarn hinunterstürzte.
    Nach einem kurzen anstrengenden Anstieg führte der Weg aus dem Wald heraus auf eine kleine Kalksteinplatte, deren unregelmäßige Risse und Sprünge wie ein riesiges Mosaik aussahen. Jane trat nah an den Rand, setzte sich vorsichtig hin und ließ die Beine über den Felsenvorsprung baumeln, wie sie es immer tat, seit Matthew sie als Kind zum ersten Mal herausgefordert hatte. Der Felsen bildete eine Art flachen U-förmigen Bogen um den Wasserfall, der bernsteinfarben und weiß zu ihrer Linken schäumte, und von ihrem Platz aus bot sich ihr eine atemberaubende Aussicht auf den Wasserfall und den Bergsee darunter. Jane konnte sich nicht erinnern, von Langmere Force jemals nicht fasziniert gewesen zu sein. Auch an diesem Nachmittag war es nicht anders, die Dinge rückten wieder in die richtige Perspektive, und langsam spürte sie, dass der Druck nachließ.
    Eine Gegend mit wenigen Straßen hatte den großen Vorteil, dass es einfach war, jemandem zu folgen. Man konnte weit zurückbleiben, weil man wusste, es kamen keine Abzweigungen, und man konnte den Abstand verringern, wenn man sich einer der seltenen Kreuzungen näherte. Aber er hatte nicht einmal so raffiniert sein müssen, als er an diesem Nachmittag Jane folgte. Sie war den Berg in Richtung Langmere Stile hochgefahren, und es war leicht, sie zu beschatten. Und als er hinter ihr herfuhr, hatte er ihren Wagen auf dem Parkplatz von Langmere Force bemerkt. Man konnte ihn eigentlich gar nicht übersehen, da er so einsam und allein am Anfang des Weges stand.
    Sie war schon nicht mehr zu sehen, als er anhielt. Trotzdem parkte er seinen Wagen wohlweislich in der äußersten Ecke, mehr oder weniger versteckt und von der Straße kaum zu sehen. Er holte tief Luft und rieb sich die Hände an der Hose ab. Alte Leute umzubringen, die man nicht kannte, das war eine Sache. Was er jetzt plante, war etwas ganz anderes - falls man dieses Vabanquespiel einen Plan nennen konnte. Aber bis jetzt hatte er es ganz gut gemacht. Keine lebenden Zeugen. Er würde dafür sorgen müssen, dass es so blieb. Jane beseitigen und den Weg zum Manuskript freimachen. Er stieg aus und fröstelte in der kalten Luft. Er blickte zum Wegweiser am Anfang des Weges hoch und begriff, dass der Wasserfall ihm die ideale Gelegenheit bieten könnte. Wenn er sie dort einholte, würde das Tosen des Wassers seine Schritte übertönen. Und es wäre die perfekte Stelle, um die Leiche zu entsorgen. Aber er brauchte eine Waffe. Als er zwischen den Bäumen hindurch hinaufkletterte, suchte er den Boden zu beiden Seiten des steilen Pfads nach etwas Geeignetem ab. Endlich entdeckte er etwas Passendes. Ein heruntergefallener Ast war in einzelne Teile zersägt worden, vermutlich von einem der Park-Ranger, der sie am Wegrand aufgestapelt hatte. Er wählte ein Aststück aus, das ungefähr einen Meter lang war und einen Durchmesser von sechzehn bis achtzehn Zentimeter hatte, stellte ein Ende auf den Boden und stützte sich darauf, um zu prüfen, wie stabil es war. Es wäre nicht ratsam, mit einem verfaulten Stück Holz einen Mord zu versuchen.
    Er stieg weiter bergan, und die Brust wurde ihm eng, sowohl vom Klettern als auch vor Angst. Er wollte es nicht tun, aber es musste sein. Als der Wald sich lichtete, ging er langsamer, da er nicht wollte, dass er Jane plötzlich gegenüberstand. Er hatte Recht gehabt mit dem Wasserfall, dessen Rauschen die Luft erfüllte und die Geräusche seiner vorsichtigen Schritte übertönte. Als er Jane erblickte, machte sein Herz einen Sprung. Die Götter spielten ihm geradezu in die Hände. Sie saß am Rand eines Vorsprungs aus Kalkstein, und ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Wasser unter ihr. Er

Weitere Kostenlose Bücher