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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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gehe ich jetzt.« Jimmy schien niedergeschlagen zu sein.
    »Ich könnte mitkommen«, sagte Dan. »Zu zweit ist es einfacher.«
    Jimmy schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich komme lieber ohne die Spanische Inquisition aus, die wir damit auf den Plan rufen würden.«
    Er stand auf und klopfte Dan auf die Schulter. »Ich ruf dich später an.«
    Dann beugte er sich vor und küsste Dan auf den kahlen Schädel.
    Schweigend sahen sie ihm nach, als er wegfuhr. »Er ist ein netter Typ«, sagte Dan. »Ich weiß.«
    Dan kniff beim Blick auf das glänzende Wasser leicht die Augen zusammen. »Ich gebe zu, ich habe mit ihm etwas angefangen, weil ich dachte, er könnte eine nützliche Quelle für uns sein.« Er seufzte tief. »Aber jetzt beginne ich, ihn viel zu sehr zu mögen.«
    Diesmal hatte Jane keine Lust, sich mit seinem Gejammer abzugeben. Sie stand auf und ging zum Wagen zurück. Nach ein paar Metern drehte sie sich um und sagte: »Weißt du was, Dan? Vier alte Menschen sind gestorben. Jemand hat gestern Abend versucht, mich umzubringen. Und dein Liebesleben ist mir scheißegal. Du scheinst mich wohl mit jemandem zu verwechseln.«

 
     
     
    Als ich wieder zu mir kam, begriff ich schnell, dass sie mich hatten liegen lassen, weil sie mich für tot hielten. Ich wusste, dass sie, wenn ich da liegen blieb, bestimmt wiederkämen und das zu Ende bringen würden, was sie auf so feige Weise begonnen hatten. Ein fürchterlicher Schmerz pochte in meinem Kopf und meine Schulter blutete heftig. Aber ich wusste, wenn ich nicht wegging, würde ich bestimmt umkommen. Ich kam mühsam auf die Knie und wurde fast ohnmächtig vor Schmerz. Dann sah ich etwas, das ich zuerst für eine Erscheinung hielt. Es nahm die Gestalt meiner Frau Isabella an, und ich glaubte mich dem Tode näher, als ich zuerst gedacht hatte. Aber als die Erscheinung zu mir sprach, verstand ich, dass es wirklich Isabella war. »Lieber Mann, ich bin gekommen, um dir zu helfen«, sagte sie. »Sie haben mir gesagt, du seist tot, aber ich habe ihnen nicht geglaubt. Sie töten alle weißen Männer.« Mit ihrer Hilfe kam ich auf die Beine, und zusammen stolperten wir in den Banyanwald in der Nähe. Ich war in Sicherheit, fürchtete aber, das würde nicht lange so bleiben.

37
    Dr. River Wilde hatte die Fähigkeit entwickelt, das zu kriegen, was sie wollte. Es hatte etwas mit Entschlossenheit zu tun, aber noch wichtiger war ein tiefes Verständnis dafür, was die Menschen motiviert. Wohlüberlegte Schmeichelei, berufliches Entgegenkommen und die Bereitschaft, hier und da jemandem einen Gefallen zu tun, oft schon, bevor darum gebeten wurde - all dies half ihr, die Welt so zu beeinflussen, dass sie sich ihrem Willen beugte. Als sie ihren Anruf beendet hatte, war der Pathologe am anderen Ende überzeugt, dass sie ihm einen Gefallen tat, wenn sie Letty Brownrigg obduzierte.
    Da Lettys Leiche bereits in den Leichensaal des Krankenhauses gebracht worden war, dauerte es nicht lange, bis alles vorbereitet war. Als Jimmy nach Coniston losfuhr, stand River kurz davor, die tote Frau zu obduzieren. Ihr Assistent und der uniformierte Constable, den Ewan Rigston gebeten hatte, dabei zu sein, ignorierten recht lässig, was hier gleich stattfinden würde, und unterhielten sich über Fußball. River sah zu dem sich so leger gebenden Polizisten hinüber und fragte: »Sind Sie schon einmal bei einer Obduktion dabei gewesen?«
    »Ja«, antwortete der unerschütterliche junge Mann. »Öfter als die meisten. Sie schicken immer mich. Mein Dad war Metzger. Leichen machen mir nichts aus.« »Da bin ich aber froh«, sagte River. »Ich mag es nicht, wenn ich abwarten muss, bis die Leute ihr Mittagessen losgeworden sind.«
    »Bei mir passiert das nicht. Ist ja nur Fleisch, oder? Ich meine, was immer einen menschlich macht, das ist schon lange weg, wenn sie auf den Tisch kommen«, sagte er. »Wir sind alle nur Haut mit Blut und Gedärm drin, wenn wir erst mal tot sind. Ich habe nie verstehen können, wie empfindlich die Leute werden, wenn ihre Angehörigen obduziert werden müssen.«
    »Manche Leute haben aus religiösen Gründen etwas dagegen«, sagte River, während sie begann, den Schädel der Frau nach Anzeichen von Quetschungen und Abschürfungen abzusuchen.
    »Und das macht ja besonders wenig Sinn, wenn man es genau überlegt«, sagte der Polizist. »Gut, ich akzeptiere, dass manche Leute an die Auferstehung des Körpers glauben. Aber wenn man diesen allmächtigen Gott hat, müsste er doch

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