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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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dass du gekommen bist, Dad«, sagte sie.
    »Auf die Busse kann man sich ja nicht verlassen«, erwiderte er und wuchtete mit einem überraschten Stöhnen ihre Tasche hoch. »Was hast du da drin? Goldbarren?« »Ich wünschte, es wäre so. Bücher und Papier. Und 'n paar Kleider.« Jane ging neben ihm her zum Landrover auf dem Parkplatz.
    Als sie die Lichter des Bahnhofs hinter sich gelassen hatten und die frühe Abenddämmerung ihre Gesichter verbarg, räusperte sich Allan. »Du bist doch nicht in Schwierigkeiten, oder?«
    »Warum sollte ich in Schwierigkeiten sein?« Jane klang erstaunt.
    Allan stellte ihre Tasche hinten in den Landrover, zuckte ratlos die Schultern und hob die Arme. »Ich weiß nicht. Nur ... es ist ja mitten im Semester. Du hast doch Arbeit. Studenten, die du unterrichten musst. Ich hab nicht gedacht, dass du einfach so ohne Vorwarnung losziehen kannst.« »Hab ich auch nicht gemacht, Dad. Es ist ganz offiziell. Freistellung zu Forschungszwecken. Da hat sich etwas ergeben, das ich untersuchen muss, und meine Chefin hat mir zwei Wochen Urlaub dafür gegeben.«
    Sie stiegen ein, und Allan ließ den Motor an. Er hob die Stimme, damit sie ihn trotz des rhythmischen Brummens des Dieselmotors hören konnte. »Ich hab gedacht, du hast mit toten Dichtern zu tun? Wie kann es da was Dringendes geben?«
    »Es ist wegen der Moorleiche, Dad«, sagte Jane. Er lachte leise. »Fletcher Christian, was? Ich hab mich schon gefragt, wie lang es dauern würde, bis du dir eingeredet hast, dass es bei dem Toten um den von dir gesuchten Mann geht.«
    »Vielleicht ist er es nicht«, wandte Jane ein. »Ich hab ja gar nicht behauptet, dass er es ist. Und es kann sehr gut sein, dass er nichts mit Christian oder der Bounty zu tun hat. Aber dadurch hab ich einen Aufhänger, an dem ich meine Theorie festmachen kann, und das genügt, um mir Zeit zu verschaffen, damit ich etwas anderes genau untersuchen kann, was ich letzten Sommer gefunden habe.«
    »Du hast schon immer so ein Überredungstalent gehabt«, sagte Allan, und in seinem resignierten Tonfall klangen alte Konflikte an. »Wenn er also dein Mann ist, wie kommt es dann, dass er tot in einem Moorstück in Cumberland liegt?« »Ich habe keine Ahnung. Und um ehrlich zu sein, das interessiert mich am wenigsten. Das überlasse ich den Historikern.«
    Ihr Vater nickte. »Jedenfalls bin ich froh, dass es keine Probleme gibt.« Er warf einen kurzen Seitenblick auf sie. »Wir machen uns eben Sorgen um dich, so weit weg da unten.« Dies war eine verschlüsselte Frage nach Jake, das war ihr klar. Es war die vertraute Gewohnheit der Familie, über Dinge zu reden, ohne sie eigentlich zu erwähnen. »Mir geht's gut, Dad. Was man nicht heilen kann, muss man aushalten. Und ich bin gut im Aushalten.«
    »Manche kennen den Unterschied zwischen Zuckerschlecken und Mühsal gar nicht.« Sie verstummten, und die Stille wurde nur durch das Geräusch der Scheibenwischer auf der Windschutzscheibe unterbrochen.
    »Wie geht's Gabriel?«, fragte Jane, als sie nach Fellhead abbogen.
    »Ach, dem geht's prima«, sagte ihr Vater stolz. »Ein großer starker Junge. Fängt schon an zu krabbeln. Deine Mutter hat zu Diane gesagt: ›Jetzt ist es mit deiner Ruhe vorbei.‹« Er lachte leise vor sich hin. »Ich denke noch daran, als du angefangen hast zu laufen. Du hast dir in den Kopf gesetzt, dass du irgendwohin wolltest, und nichts konnte dich aufhalten. Das ist seltsam, du warst anders als Matthew. Er hat immer alles gleichzeitig gemacht, und du hast ihm die ganze Zeit zugesehen. Aber er besaß nie deine zielstrebige Hartnäckigkeit, die du schon hattest, als du noch ganz klein warst. Wenn Gabriel jetzt loslegt, werden wir einen Vorgeschmack davon bekommen, schätze ich, wie er später sein wird.« Jane kannte diesen Ausspruch. Es war einer von vielen, bei denen Matthew immer eine finstere Miene aufsetzte. »Es wird schön sein, Gabriel zu sehen. Sie verändern sich so schnell, wenn sie so klein sind. Sieht er immer noch Granddad Trevithick ähnlich?«
    »Ja. Deine Mutter sagt, das kommt nur daher, dass er keine Haare und ein rundes Gesicht hat. Aber ich glaube, sie sagt das nur, damit Dianes Mutter sich nicht ärgert. Die meint, er sähe wie Dianes Bruder im gleichen Alter aus. Was auch immer, später wird er wie er selbst aussehen.« »Ob er wohl die Locken der Greshams bekommt?« Sie streckte die Hand aus und zerwühlte das dichte Haar ihres Vaters. »Wenn ja, wird er uns bestimmt nicht dankbar sein.

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