Das Moor Des Vergessens
Feuerzeug aus und verzog das Gesicht, als der klebrige Alkohol an ihren Fingern haften blieb. Rückwärts wich sie in Richtung Tür zurück und überlegte, was sie als Nächstes tun könnte. Wenn sie das Feuer entfachte, wollte sie nicht allzu nah am Sofa sein. Aber sie musste dicht genug rangehen, um das Feuer in Gang bringen zu können. »Hör auf herumzupfuschen«, tadelte sie sich selbst, ging wieder einen Schritt auf das Sofa zu und machte das Feuerzeug an. Die Flamme schien höher als sonst. Sie hielt den ausgestreckten Arm an das benzingetränkte Polster und war noch einige Zentimeter davon entfernt, als mit einem plötzlichen Brausen eine Flammenwand über die Stellen zischte, die sie eingesprüht hatte. Sofort begannen die Flammen auf die Kissen und auf Geno überzugreifen. Nervös sprang Tenille zurück, zur Flucht bereit. Aber sie wollte sicher sein, dass es nicht nur ein kurzes Aufflammen war, sondern wirklich so brennen würde, wie sie es für nötig erachtete. Innerhalb von Sekunden hatte sie die Antwort. Die Flammen züngelten blitzschnell über das billige Kunststoffpolster, das zusammenschmolz und dicke schwarze Rauchspiralen aufsteigen ließ.
Es war Zeit, zu verschwinden, sagte sich Tenille, wandte sich um und rannte zur Tür. Sie warf sie hinter sich zu und lief dann die Galerie entlang zum Treppenhaus. Gott sei Dank hatte sie Janes Schlüssel. Sie konnte sich dort verkriechen, ihre Kleider in Janes Maschine waschen und behaupten, sie sei die ganze Nacht nicht in der Nähe ihrer Wohnung gewesen. Jane würde bestätigen müssen, was sie sagte, denn sie hatte keine Ahnung von dem Schlüssel. Soweit sie wusste, konnte Tenille nicht in die Wohnung zurückkehren, wenn sie sie verlassen hatte.
Tenille erreichte die Treppe und sah sich ein letztes Mal um. Der einzige Unterschied zum Normalzustand war, dass das Licht, das durch die Vorhänge schimmerte, von einem intensiveren Orange war. Sie überlegte, ob sie die Feuerwehr anrufen sollte. Sie wollte nicht, dass das Feuer weiter um sich griff und vielleicht andere Todesopfer forderte. Das wäre das Schlimmste, was passieren konnte. Aber wenn sie anrief, würde sie sich verdächtig machen. Sie wusste, dass die 999-Anrufe aufgenommen und gespeichert wurden. Die Vorhänge bewegten sich. Bald würden sie auch in Flammen aufgehen, und jemand würde sehen, was los war. Man würde die Feuerwehr rufen. Tenille wandte sich auf dem Absatz um und rannte die Treppe hinunter. Es war in Ordnung. Jemand würde es sehen.
Allerdings wusste sie nicht, dass es schon jemand gesehen hatte.
Wenn ich so spreche, tue ich das nicht, um Bligh niedrige Motive zu unterstellen. Er hat nie versucht, mit mir Unzucht zu treiben, noch habe ich je gehört, dass er eine solche Neigung gegenüber einem anderen gezeigt hatte. Nein, es ist eher so, dass der Mann meine Zuneigung zu irgendeinem anderen als persönliche Kränkung auslegte, da er mich zu seinem Protegé auserwählt hatte. Einer meiner Kameraden unter den Offizieren, Peter Heywood, war ein entfernter Verwandter, dessen Familie den Meinen Freundlichkeit erwiesen hatte, als wir gezwungen waren, uns auf die Isle of Man zurückzuziehen. Es war mir ein Vergnügen und zugleich meine Pflicht, diesen jungen Mann unter meine Fittiche zu nehmen, und Bligh tadelte mich oft dafür. »Junger Mann, der Bursche muss seinen eigenen Weg machen«, pflegte er zu sagen. Er schien nicht zu begreifen, dass meine Fürsorglichkeit für Heywood genau das Gleiche war wie seine Fürsorge für mich als seinen ihm persönlich Anbefohlenen. Seine Eitelkeit hinderte ihn daran, das gutzuheißen, was er so verstand, als zöge ich seiner Gesellschaft die eines anderen vor. Diese Dinge spitzten sich schließlich in Tahiti auf sehr unglückliche Art und Weise zu.
12
Als Jane auf ihrem Mountainbike aus dem Hof herausfuhr, atmete sie tief ein und genoss die würzige Luft des Herbstmorgens. Es war ein herrlicher Tag, überraschend mild für die Jahreszeit. Nach dem Regen in der Nacht lag ein Strahlen in der Luft, das die sich verfärbenden Blätter heller und die Grau- und Grüntöne der Landschaft dunkler erscheinen ließ. Die Sonne ging hinter dem Helvellyn auf, und ein goldener Schimmer lag über dem Gipfel. Sie wandte sich um und schaute zu dem großen Felsblock von Langmere Fell hinauf, dessen schroffe Klippen sich dunkel gegen den Himmel abhoben. Sie sah die Schafe ihres Vaters, blassgraue und cremefarbene Kleckse zwischen dem Farn und dem
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