Das Moor Des Vergessens
hast.
Nach unserer gestrigen Unterhaltung erinnerte ich mich an etwas, das entfernt mit deiner These zu tun hat. WW schrieb im Jahr 1841 über die Gegend um Windermere: »Dieser Landstrich wurde lange als so abgelegen angesehen, dass Menschen, die vor dem Arm des Gesetzes flohen, sich oft auf der Suche nach einem Versteck dorthin wandten, und manche waren so kühn, dass sie häufig Ausflüge von ihrem Zufluchtsort aus machten, um neues Unrecht zu begehen.« Es erscheint seltsam, dass er dergleichen zum Ausdruck brachte, es sei denn, er hätte persönlich Kenntnis von so etwas gehabt, meinst du nicht auch?
Lass mich wissen, wie du mit Dorcas vorankommst. Beste Grüße
Anthony
»Donnerwetter«, sagte Jake leise. Sie hatte also tatsächlich etwas gefunden. Etwas, das ihre These bezüglich Fletcher Christian untermauerte.
Jetzt war er gespannt und rief die Liste der E-Mails auf, die Jane geschickt hatte. Die letzte Nachricht war an Dan Seabourne gegangen. Er erinnerte sich an Dan, seine clevere Schlagfertigkeit, sein gepflegtes Aussehen und seine nur notdürftig verhehlte Abneigung gegen Jake. Dan war Jane immer nahe gewesen. Wenn sie irgendeinem ihrer Kollegen etwas anvertrauen würde, dann wäre er es. Ungeduldig öffnete er die E-Mail und wusste, er war auf eine Goldader gestoßen. Jane erwähnte einen Brief von Mary Wordsworth über einen geheimnisvollen Gegenstand, der sich in Williams Besitz befand. Sie hatte auch eine Kopie eines Briefes von John, dem Sohn der Wordsworths, beigelegt, vermutlich, um Dan bei der Suche nach Dorcas Masons Nachkommen im St. Catherine's House zu helfen. Hastig kopierte Jake beide E-Mails und schickte sie an seine eigene Mailbox. Dann schrieb er schnell eine Notiz an Anthony Catto, in der er sich als Jane ausgab, behauptete, aus Versehen Anthonys Nachricht gelöscht zu haben, und ihn bat, sie noch einmal zu schicken. Ein Computerexperte würde zweifellos nachvollziehen können, was er getan hatte, aber er glaubte, sein Laptop würde für einen solchen Spezialisten niemals von Interesse sein. Er war überzeugt, dass er genug getan hatte, um seine Spuren zu verwischen. Nachdem er Janes E-Mail-Programm geschlossen hatte, öffnete er sein eigenes und vergewisserte sich, dass die abgeschickten Mails sicher bei ihm angekommen waren. Dann griff er nach seinem Mobiltelefon und rief Caroline an. »Ich weiß, was sie entdeckt hat«, verkündete er ohne weitere Einleitung, als sie abnahm. »Sie hat es dir gesagt?«
»Eigentlich nicht. Ich habe ihre E-Mails gelesen.« »Ist es etwas Gutes?«
Jake erklärte ihr, was er herausgefunden hatte. »Es gab jedenfalls irgendwas«, schloss er. »Ob es noch da ist, ist natürlich eine andere Sache. Aber wir können Jane die Sucharbeit machen lassen, solange ich alles mitbekomme.« »Nein, das können wir nicht«, sagte Caroline langsam. »Es gibt keinen Grund, ihr nicht ein Schnippchen zu schlagen. Mach mit deinem ursprünglichen Plan auf alle Fälle weiter. Es kann nicht schaden, zu wissen, welche Pläne Jane hat. Aber wenn wir eher als Jane an Dorcas' Nachkommen herankommen, umso besser.« »Wie sollen wir das machen?«
»Wir werden einen Experten mit der Recherche im Archiv in London beauftragen«, war Carolines rasche und nüchterne Antwort.
»Wo finden wir so jemanden?«
»Ich kenne einen Anwalt für Nachlassangelegenheiten am Lincoln's Inn. Er muss öfter solchen Problemen nachgehen. Du hast ja keine Ahnung, wie die Leute lügen, wenn es um Geld geht. Wo ist Jane jetzt?«
»Ich weiß nicht. Heute früh habe ich versucht, ihr zu folgen, aber ich habe sie wegen Straßenbauarbeiten verloren.« »Schon gut. Zumindest hast du für heute etwas vorzuweisen. Ich rufe dich an, sobald ich etwas aus London höre. Und viel Glück mit Jane, Schatz. Tu, was du tun musst.«
Der Regen fiel ohne Erbarmen auf den Lake District und ergoss sich auch auf Derbyshire. Tenille merkte es kaum. Ihr Rucksack diente ihr als Kissen zwischen Kopf und regenbespritztem Fenster des gemächlich von Ashbourne nach Buxton fahrenden Busses. Es war an diesem Tag schon ihr vierter Bus, und sie war total erschöpft. Oxford hatte in puncto Nachtlager nicht viel zu bieten gehabt. Weil sehr viele Leute bis zu den frühen Morgenstunden in der Stadtmitte unterwegs waren, gab es auch Polizeistreifen. Die wenigen Plätze, die sie in der Nähe des Busbahnhofs ausmachen konnte und die funktioniert hätten, waren schon von Leuten besetzt gewesen, neben denen sie sich nicht schlafen legen
Weitere Kostenlose Bücher