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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Gefühl, dass mir etwas gefehlt hat. Ehrlich gesagt, Jane, ich habe schon viel zu oft gesehen, wie ihr euch gegenseitig zerfleischt, du und Matt, und ich will nicht jeden Tag Zeugin solcher Streitereien werden.«
    Jane war schon lange darüber hinaus, Dianes Freimütigkeit als kränkend zu empfinden, und akzeptierte sie als einen Teil ihrer Persönlichkeit genauso wie ihre Großzügigkeit und Treue. »So schlimm sind wir doch nicht«, sagte sie. »Für denjenigen, der euch erlebt, schon.« »Tut mir leid. Ich wünschte, er würde mir nicht immer alles so übel nehmen. Schließlich hat er doch ein perfektes Leben, er hat dich und Gabriel, er ist in Fellhead, wohnt in einem schönen Haus zu einem symbolischen Pachtzins, weil es zu seinem Beruf, den er ja auch sehr mag, dazugehört. Ich bin es doch, die in einer miesen Sozialwohnung sitzt und zwei Jobs hat, um über die Runden zu kommen, damit ich eine Chance für die Karriere habe, die ich machen möchte.« Diane grinste. »Er ist nicht besonders gut darin, Dank für das zu empfinden, was er hat, nicht wahr? Aber im Grunde seines Herzens ist er ein guter Mensch, weißt du. Die Kinder halten große Stücke auf ihn, und Kinder sind gut im Beurteilen von Menschen.«
    Jane wollte mit Diane wirklich nicht über dieses Thema sprechen. Sie hatte nie davon erzählt, wie Matthew sie als Kind gequält hatte, und wollte dieses Schweigen auch nicht seiner Frau gegenüber brechen. Aber sie wusste von Matthews bösem Charakterzug und glaubte nicht, dass er ihn abgelegt hatte, egal, welches Gesicht er Diane und der Welt zeigte. »Ich glaube dir«, war daher die Notlüge, für die sie sich entschied. »Wie geht's denn mit deinem Projekt?«, fragte Diane, die begriff, dass es Zeit war, das Thema zu wechseln. »Matt hat gesagt, dass du auf Schwierigkeiten gestoßen bist, aber Hoffnung hast, aus London Informationen zu bekommen.« Jane strich sich die Haare an den Schläfen zurück. »Ich dachte, ich käme voran, aber dann ging es schief.« Sie spielte mit den Fransen an einem der Sofakissen mit Applikationen, die Diane gestickt hatte. »Hast du was dagegen, wenn wir es einfach dabei belassen? Schon darüber zu sprechen deprimiert mich.« »Tut mir leid, Jane.« Diane tätschelte ihr auf merkwürdig unpersönliche Weise die Hand, als ob sie in Gedanken bereits bei der nächsten Sache wäre. Sie sprang auf. »Ich sag dir was, lass uns mal über die Stränge schlagen und uns einen Drink genehmigen.«
    »Es ist erst halb zwölf«, wandte Jane zaghaft ein. »Ja, aber ich bin schon seit sechs Uhr auf, da kommt es einem viel später vor. Komm, wir wollen mal schlimme Mädchen sein. Die Sonne scheint, und ich hab eine Flasche Pimms in der Küche.« Diane erwischte Janes Hand und zog sie vom Sofa hoch. »Ich glaube, du hast nicht genug Spaß gehabt, seit dieser Scheißkerl Jake sich abgesetzt hat.« Jane ließ es zu, dass sie sie in die große Küche im hinteren Teil des Hauses führte. Die ansehnliche Wohnung mit fünf Zimmern wäre für die meisten Ortsansässigen unbezahlbar gewesen, aber für Matthew und Diane wurde einer dieser Exzentriker, die sich in den Lake District verliebt haben, zum Glücksfall. Früher, in den siebziger Jahren, hatte die Kreisbehörde beschlossen, die für Schulleiter gedachten Häuser, die es in den Dörfern noch gab, an den Höchstbietenden zu verkaufen. Richard Grace, ein Londoner, der mit Immobilien ein Vermögen verdient hatte, bevor er in Fellhead das größte Haus als Wochenendheim kaufte, meinte, für sein Dorf am besten einen hohen Standard der Schulbildung garantieren zu können, wenn es hervorragende Lehrer in den Ort holte. Also hatte er das Schulleiterhaus gekauft und eine Stiftung gegründet, und dann stellte er dem Schulleiter das Haus für einen symbolischen Pachtzins zur Verfügung. Als in den nächsten Jahren die Immobilienpreise stetig anstiegen, hatte sich das als großes Plus erwiesen. Und jetzt wohnte ihr Bruder in dem Haus, von dem Jane immer geträumt hatte. Aber er war trotzdem nicht zufrieden. »Ich finde diese Aussicht wunderschön«, sagte sie und schaute aus dem Fenster auf die zackigen Gipfel des Langmere Fell. »Es ist herrlich«, stimmte Diane zu und holte eine Gurke und eine Zitrone aus dem Kühlschrank. »Ach, Mist, ich hab den Krug vergessen. Sei doch so lieb und hol den großen Kristallkrug aus dem Schrank im Esszimmer, ja?« »Alles klar.« Jane ging durch den Flur ins Esszimmer, das auf eine Wand aus dichtem Blattwerk

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