Das Moor Des Vergessens
hinausführte, ein Missgriff, der noch durch die dunklen Holzpaneele der Wände verschlimmert wurde. Selbst am hellsten Sommertag war es dunkel und düster in dem Raum. Kein Wunder, dass die Familie nie dort aß. Stattdessen hatte Matthew es übernommen und in eine Art Zusatzraum zu seinem Schulbüro umgewandelt, nur zum Korrigieren und für die Unterrichtsvorbereitung und nicht zu verwechseln mit dem vierten Schlafzimmer, aus dem er sein Arbeitszimmer gemacht hatte und wohin er sich zurückzog, um im Internet zu surfen und Computerspiele zu spielen. Glück hat der Kerl, dachte Jane, als sie das Licht anknipste und auf die auf dem langen Tisch ausgebreiteten Papierbögen blickte.
Sie ging zu dem hohen Schrank mit Glasscheiben, wo die Gläser zu sehen waren, aber irgendwie hatte sie halb unbewusst etwas wahrgenommen und blieb so plötzlich stehen, dass sie fast stolperte. Sie hielt sich an einem schweren Eichenstuhl fest, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, und
sah auf eine Sammlung von Stammbäumen hinunter, die mit kindlicher Handschrift geschrieben waren. Manche hatten große Papierbögen benutzt, zwei hatten Stücke von Tapetenbahnen genommen, andere DIN-A4-Blätter mit Klebstreifen zu einem Mosaik aneinander geklebt, auf dem ihre Familien Platz fanden. Zwei waren auffällig zur Seite gelegt worden, und Janes Blick fiel unwillkürlich darauf. Ein Stammbaum hatte Fotos an den unteren Zweigen, der andere war hingeschmiert worden, und die Verbindungslinien waren zittrig und krumm. Aber als Jane die Nachfahren von Sam Clewlow und Jonathan Bramley zurückverfolgte, begriff sie sofort, warum Matthew diese beiden zur Seite gelegt hatte.
Jonathan und Sam hatten im neunzehnten Jahrhundert einen gemeinsamen Ahnherrn gehabt. Dorcas Mason hatte im Alter von zwanzig geheiratet und dann drei Kinder zur Welt gebracht. Sams Linie ging auf ihren erstgeborenen Sohn zurück, Jonathans auf ihr jüngstes Kind, die einzige Tochter. Jane konnte kaum glauben, was sie da vor sich sah. Die Schreibung war anders, aber durchaus im Rahmen der Abweichungen, die im neunzehnten Jahrhundert üblich waren. Es musste ihre Dorcas sein. Es konnten nicht zwei Frauen im gleichen Jahr geboren worden sein und noch dazu zeitgleich geheiratet haben. Hier war der entscheidende Beweis, den sie für ihren nächsten Schritt brauchte, der Hinweis auf Dorcas Masons Abstammung. Matthew hatte darüber nicht nur Bescheid gewusst, sondern es absichtlich verschwiegen. Wie konnte er ihr das antun? Und noch wichtiger, was wollte er damit machen?
Wut ergriff Jane, sie stürmte aus dem Esszimmer in die Küche. Diane sah auf und schaute genauer hin, als sie Janes Gesichtsausdruck bemerkte. Jane bemühte sich, die Beherrschung nicht zu verlieren, schaffte es aber nicht. »Welche Spielchen spielt Matthew, verdammt nochmal?«
Wir hatten Schwierigkeiten, die Lagune zu durchqueren, blieben zurück und schickten eines der Boote an die Küste. Bei unserem ersten Versuch, auf der Insel anzulegen, wurden wir von Kriegern in einem Kanu begrüßt, die versuchten, unser Boot zum Sinken zu bringen, und sich nur mit Gewehrschüssen vertreiben ließen. Am zweiten Tag gelang es uns, mit dem Schiff in die Lagune hineinzusegeln. Die Eingeborenen kamen in Scharen, um dabei zuzusehen. Die Kanus drängten sich nah an uns heran, die Krieger sangen und bliesen auf ihren Muschelhörnern, ein furchterregender Anblick in ihrer roten und weißen Kriegstracht, der unseren Mut auf die Probe stellte. Keiner der Eingeborenen konnte dazu bewegt werden, uns Zeichen der Freundschaft zu erweisen, obwohl wir mit ihnen im tahitianischen Dialekt reden konnten. Die Gefahr eines Gefechts lag in der Luft. Ich ließ Nachtwachen aufstellen, und am Morgen war die Zahl der Kanus so groß, dass man sie nicht mehr zählen konnte. Als wir schon drei Tage in Landnähe waren, kam ein Doppelkanu mit achtzehn Frauen längsseits, von einem Dutzend Männern herangepaddelt. Wir fassten dies als ein Freundschaftsangebot auf. Aber in Wirklichkeit war dies vielmehr das Trojanische Pferd der Eingeborenen.
22
Jake wusste, dass er etwas an sich hatte, das Frauen mochten. Vielleicht war das so, weil er wirklich mehr Vergnügen an ihrer Gesellschaft als an der von Männern fand. Oder vielleicht strahlte er eine gewisse Umgänglichkeit aus und schien ein Mann zu sein, der nicht herausforderte und keine Ansprüche stellte, sondern sich einfach auf ein ruhiges Leben einstellen wollte. Was immer es sein mochte, er
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