Das Mordhaus (German Edition)
unsere Kolle gen. Warum gingen sie nicht hinein? War Schroer noch nicht da?
»Hallo zusammen«, begrüßten Diana und ich die anderen.
Alle nickten bloß und wirkten bedrückt. Mir wurde klar, dass sie von den neuesten Ereignissen der Nacht gehört haben muss ten. Fühlten sie sich ebenso schuldig wie ich? Schuldig deshalb, weil dort draußen ein Monster sein Unwesen trieb und wir es nicht schafften, es zu fassen? Aber wie auch? Es gab nichts, was uns einen Hinweis auf die Identität des Mörders gab. Vielleicht würde sich heute alles klären, sollte Paul unser Täter sein.
Schnelle Schritte auf dem Steinboden erregten die Aufmerksam keit von uns allen. Ich drehte mich um und sah Schroer, wie er mit dem Rechtsmediziner auf uns zukam.
»Guten Morgen«, sagte Schroer, schloss die Tür auf und ließ uns herein. Ein Kriminalbeamter nach dem anderen stürmte den Bespre chungsraum und nahm Platz. Die Spannung, die in der Luft lag, war zum Schneiden dick. Ich konnte kaum still sitzen vor Aufregung. Es war überaus selten, dass der Rechtsmediziner an einer der Bespre chungen teilnahm. Normalerweise reichten die kurzen Zusammen fassungen der Obduktionen, die er für uns verfasste.
Schroer stellte sich an das Flipchart, machte jedoch keine An stalten etwas zu schreiben. Stattdessen gab er knapp die Ereignis se der Nacht wieder und brachte unsere Kollegen auf den neus ten Stand. Danach fragte er, wie weit wir mit der Suche nach An gehörigen von Frau Schmidt gekommen seien. Ich berichtete ihm, dass wir die El tern ausfindig gemacht und über den Tod der Tochter aufgeklärt hatten. Schroer fragte, wie sie es aufgenom men hätten. Das war eine Frage, die er sich hätte selbst beantwor ten können. Ich berichtete ihm von dem Zustand der Eltern und beruhigte das Gemüt meines Chefs, indem ich ihm sagte, dass wir einen Seelsorger verständigt hatten. Damit gab er sich zufrie den.
Jetzt ging er auf den Grund ein, warum der Rechtsmediziner – ein gewisser Christian Hohl – vor Ort war. »In dieser Nacht ist viel pas siert«, begann Schroer. »Ich habe Herrn Hohl gebeten, einen Vortrag über die vier Toten zu halten, weil ihm sonst keine Zeit geblieben wäre, einen Bericht zu schreiben.« Er räusperte sich. »Schließlich hatte er bis gerade eben seine Hände in Frau Schmidt ...«
Seine Hände in Frau Schmidt? So eine Ausdrucksweise hätte ich von Diana erwartet und nicht von Schroer. Ich betrachtete ihn. Die letzten Tage hatten auch auf seinem Gesicht Spuren hinterlas sen. Unser Chef schien um Jahre gealtert zu sein. Abgekämpfte Augen, strähniges Haar und eine resignierte Mimik. Kam von ihm solch ein Spruch, weil er an sich und seinen Fähigkeiten zweifelte? Versuchte er mit Galgenhumor die nächsten Stunden zu überstehen?
Schroer setzte sich und erteilte das Wort an den Rechtsmedizi ner.
»Guten Morgen«, begrüßte er uns. »Ich werde Ihnen erst meine Meinung zu Frau Kormeyer und ihrer Tochter mitteilen.« Er hus tete. »Im Grunde verhielt es sich bei den beiden genauso wie bei den ers ten Opfern. Allerdings hat der Täter eine Sache anders ge macht. Er hat Frau Kormeyer zuallererst die Pulsadern an den Handgelenken aufgeschnitten und anscheinend ihr Blut aufge fangen.« Hohl rieb sich die Stirn. Er sah nicht wirklich fit aus. Be stimmt hatte er die ganze Nacht ebenso wenig geschlafen wie Diana und ich – also gar nicht. Er fuhr fort: »Der Schnitt durch die Kehle war die Todesursa che. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die Frau zwar noch am Leben, aber ohnmächtig gewesen sein. Wir haben keine Hinweise dafür gefun den, dass sie über etwas gelegt wurde, wie Frau Alberich, damit der Täter das Blut besser auf fangen konnte. Ich vermute, dass sie geses sen hat, während das Blut ablief. Sollte der Täter kurz darauf die Tochter ertränkt ha ben, müssen wir davon ausgehen, dass die Mut ter alles mitbe kommen hat, bevor sie das Bewusstsein verlor.« Hohl hielt inne und trank einen Schluck Kaffee. »Bis auf die Wunde am Hinter kopf und den Abschürfungen an den Handgelenken gab es bei Frau Kormeyer keine weiteren äußerlichen Verletzungen. Die Wunde am Hinterkopf gleicht fast der von Frau Alberich. Zu dem Kind gibt es nicht viel zu sagen. Keine Verletzungen, Blut in den Lungen und das Herz entfernt, genau die gleiche Vorgehens weise wie bei dem ersten Mädchen. Die Wundränder weisen bei den Kormeyers dasselbe Schnittmuster wie bei den Alberichs auf. Ich gehe davon aus, dass dieselbe Klinge bei den Morden benutzt worden
Weitere Kostenlose Bücher