Das Mordhaus (German Edition)
morgens ... was hatte ich die letzten Stun den nicht alles erlebt ... einen Leichenfund, noch einen Leichen fund und meine wiedergewonnenen Erinnerungen, die gerne weiterhin im Strudel des Vergessens hätten schwimmen können. Diana sah aus, wie ich mich nach den ganzen Erlebnissen fühlte, richtig beschissen! Schlafmangel, Stress und die Totenschau zoll ten ihren Tribut. Sie hatte Ringe unter den Augen, ihr rotes Haar zerzaust, die Mundwin kel gaben sich der Erdanziehung hin. Al les in allem gab sie ein Bild des Jammers ab.
»Wie geht es dir?«, fragte ich sie, obwohl eine Antwort nicht nötig war.
Sie zuckte mit den Schultern. »Wie soll es mir schon gehen?« Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Den Umständen entspre chend.«
Ich nickte verständnisvoll. Das war die Kehrseite der Medaille. Je der, der gerne Kriminalfilme schaute oder Bücher zu diesem Thema las, war fasziniert davon, wie die Helden der Geschichten agierten. Der Hauptdarsteller war selbstredend ein Topmodel und löste die Fälle innerhalb eines Wimpernschlags. Danach wurde er gefeiert und ... trallala ... Blödsinn! Dass Ermittlungsar beit ein hartes Brot war und einen an den Rand seiner Belastbar keit beförderte, wurde mit Freude in diesen Erzählun gen ausge spart.
»Wie wollen wir vorgehen?«, fragte Diana.
»Wie immer«, antwortete ich, trat meine Zigarette aus und ging zum Haus.
Sie folgte mir mit gesenktem Kopf. Bei ihr konnte man den Stress sehen, der an einem zehrte während eines harten Falls. Derartiges sollten sie in ihren tollen Krimiserien zeigen. In der Realität werden die Ermittler von Mordfällen nach und nach selbst zu Leichen ... rein optisch und seelisch natürlich.
Mit leicht zitternden Händen drückte ich die Klingel. Ein freundli ches Ding, Dang, Dong ertönte. Licht fiel auf den ge pflegten Rasen und mein Herz verkrampfte sich. Ich hatte ge hofft, niemand würde da sein und wir kämen drum herum, die schreckliche Botschaft überbringen zu müssen.
Geräusche im Haus, ein Schlüssel drehte sich im Schloss und die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Helligkeit durchbrach die Dunkel heit. Ein Gesicht schob sich in den Spalt. Es war ein älterer Herr, scheinbar Jasmins Vater.
»Haben Sie mal einen Blick auf die Uhr geworfen? Was wollen Sie?«, brummte er.
Diana und ich zogen die Dienstausweise. »Tomas Ratz, Kriminal polizei. Das ist meine Kollegin Diana Balke. Dürfen wir reinkom men?«
Schmidts Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, als er unse re Ausweise betrachtete.
Dann schüttelte er den Kopf. »Ich lasse doch niemanden um diese Uhrzeit in mein Haus! Woher soll ich wissen, dass sie keine Betrüger sind, so, wie sie es in den Nachrichten zeigen?«
Kluger Mann. Vorsicht war besser als Nachsicht.
Ich gab ihm meinen Ausweis, damit er ihn näher betrachten konn te. »Ich versichere Ihnen, dass wir keine Betrüger sind.« Ich räusper te mich. »Es geht um Jasmin, Herr Schmidt, wir müssen mit Ihnen sprechen.«
Kaum hatte ich den Namen seiner Tochter ausgesprochen, ließ der alte Mann meinen Ausweis fallen und stolperte rückwärts. Diana und ich reagierten sofort, stürmten ins Haus und fingen ihn auf, be vor er Bekanntschaft mit dem Boden machte. Das war die Reaktion, die eigentlich fast immer kam, wenn die Kriminal polizei vor der Tür stand, auch wenn es nicht um den Tod eines geliebten Menschen ging. Leider hatte er den richtigen Riecher, wir waren nicht hier, um mit ihm ein Pläuschchen zu halten, son dern um ihm zu sagen, dass seine Tochter ermordet worden war.
Frau Schmidt erschien an der Treppe zum ersten Stock. »Was ist hier los?« Ihre Stimme überschlug sich vor Angst.
Diana ließ Schmidt los und machte ein paar Schritte auf sie zu. »Wir sind von der Kriminalpolizei. Wir müssen mit Ihnen reden.«
Der Blick der alten Frau wanderte von Diana zu mir und ihrem Mann und zurück zu Diana.
Meine Partnerin hob beschwichtigend die Hände. »Wir haben ihm nichts getan.«
Herr Schmidt fing sich langsam und konnte aus eigener Kraft ste hen. »Es geht um Jasmin«, sagte er und sah zu seiner Frau hoch. »Komm runter, Hannelore.«
Sie schlug sich eine Hand vor den Mund und kam vorsichtig hin unter. Schon von Weitem konnte ich Tränen sehen. Sie kuller ten in dicken Tropfen über ihre faltige Haut.
Diana stützte Frau Schmidt und ich kümmerte mich um ihren Mann. Schleichend, Schritt für Schritt, gingen wir zusammen ins Wohnzimmer. Das Ehepaar setzte sich auf eine große Couch und wir nahmen ihnen
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