Das Mordhaus (German Edition)
gegenüber auf zwei Sesseln Platz. Ich betrach tete die beiden. Hatte unsere bloße Anwesenheit alle Farbe aus ihren Gesich tern weichen lassen? Frau Schmidt konnte den Trä nenfluss nicht stoppen und ihr Mann zitterte am ganzen Leib. Sa hen sie uns die schlechten Nachrichten an der Nasenspitze an, oder hatte sie einen Grund, das Richtige zu vermuten? Wussten sie von einer Drohung, die gegen ihre Tochter ging? Glaubten sie, dass sie in Gefahr schwebte? Ahnten sie, dass ihr Schwiegersohn nicht gut war für Jasmin?
»Herr und Frau Schmidt«, als ich ihre Namen aussprach, zuck ten sie zusammen, »wir haben schlechte Nachrichten für Sie. Ihre Toch ter wurde heute Nacht in ihrem Haus überfallen. Ich muss Ihnen be dauerlicherweise mitteilen, dass Jasmin und Ihre Enkelin Zoe getötet wurden.«
»Was?«, schrie Frau Schmidt.
Ich hatte der alten Frau nicht die Geschwindigkeit zugetraut, in der sie jetzt auf mich zusprang. Sie warf sich auf mich und schlug mit ihren kleinen Fäusten auf mich ein. Ich spürte es kaum.
Sie schrie: »Wieso lügen Sie uns an? Wieso lügen Sie uns an? Wie so ...«
Ich umarmte sie – naja, eher umklammerte ich sie – konnte sie ru higstellen und hielt sie weiterhin fest. Sie legte ihren Kopf auf meine Schulter und weinte. Ihr Mann kam zu uns, umfasste seine Frau von hinten und weinte ebenfalls. Ich konnte nicht sagen, wie lange wir so da saßen und Frau Schmidt trösteten. Mir kam es vor wie eine halbe Ewigkeit. Als sie sich einigermaßen beru higt hatte, wollten die Eltern wissen, was genau geschehen sei. Wir erzählten ihnen nur so viel, wie unbedingt nötig war. Die grausamen Details der Morde hätten bei beiden einen Herzin farkt auslösen können, befürchtete ich. Ich gab ihnen die Telefon nummer unseres Reviers, wo sie sich melden sollten, so bald sie bereit waren, ihre Tochter und ihre Enke lin zu identifi zieren.
Nachdem die erste Welle der Trauer nach und nach verebbte, be fragte ich sie zu Paul. »Wissen Sie, wo sich Jasmins Mann im Mo ment aufhält?«
Herr Schmidts Augen verengten sich. »Steht er unter Verdacht? Hat er unsere Kleine getötet?« Seine Hände ballten sich zu Fäus ten.
»Es liegt noch kein konkreter Verdacht gegen ihn vor«, sagte Dia na. »Er wird als Zeuge gesucht.«
»Pah!« Herr Schmidts vorher verletzter Gesichtsausdruck verän derte sich in eine Maske des Zorns. »Der ist einer von euch, nicht wahr? Da wird schön die schützende Hand drüber gehal ten, ist es nicht so?«
»Nein. Er wird wie jeder andere behandelt, ob er nun ein Krimi nalbeamter ist oder nicht.« Ich versuchte nicht weiter auf seine Äu ßerung einzugehen, auch wenn es mir schwerfiel. »Hat sich ihr Schwiegersohn in letzter Zeit sonderbar benommen?«
»Und ob!« Herr Schmidt sprang von der Couch und begann im Wohnzimmer auf und ab zu laufen. »Dieser Hundesohn hat sich mehr als komisch verhalten. Jasmin kam zu uns und weinte sich über ihn aus. Sie erzählte, dass er immer aggressiver wurde. Er blieb lange von zu Hause fort, und wenn er daheim war, machte er stän dig Ärger.« Er setzte sich wieder. »Sie wollte sich von ihm scheiden lassen.«
Ich horchte auf. Scheiden lassen ... war das der Auslöser gewe sen? »Hat sie ihm das gesagt?«
Jasmins Eltern wechselten kurz einen Blick und schüttelten dann den Kopf.
Frau Schmidt schien sich genug gefangen zu haben. »Sie hat ihm noch nichts davon gesagt. Sie hatte es vor, getan hat sie es nicht.« Sie hörte nicht auf, den Kopf zu schütteln.
»Wissen Sie, wo sich Paul aufhalten könnte?« Diana zückte ih ren Notizblock.
»Nein«, sagte Herr Schmidt. »Wir wissen kaum was über unse ren Schwiegersohn.«
Lag es am Desinteresse der Eltern oder daran, dass Paul nicht viel von sich preisgab? Das tat eigentlich nichts zur Sache. Wir mussten unseren Kollegen finden.
»Möchten Sie, dass ich einen Seelsorger anfordere?«, fragte ich.
Frau Schmidt schien in eine andere Dimension entschwunden zu sein, sie starrte zur Decke und verzog keine Miene.
Ihr Mann übernahm für sie das Antworten. »Ich glaube, das wäre das Beste.«
Wir blieben bei Jasmins Eltern, bis der Seelsorger und die Kol legen von der Polizei eintrafen. Mir fiel es nicht leicht, die beiden in der schwersten Stunde ihres Lebens allein zu lassen, aber wir mussten los. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es kurz vor halb acht war, gleich würde die Besprechung im Revier anfangen und Schroer die Aufgaben für den Tag verteilen.
Ich stieß Zigarettenqualm aus meiner
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