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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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das?»
    «Sie war tot, klinisch gesehen. Eine Minute hat es gedauert, bis sie sie zurückgeholt hatten. Von da an hat sie von wundersamen Dingen berichtet.»
    «Und zwar?»
    Die Frau druckste herum. Es war ihr sichtlich unangenehm, darüber zu sprechen. «Man hat ja schon einiges von diesen Nahtoderfahrungen gehört. Der Tunnel, das Licht und so weiter. Daran kann man glauben oder nicht. Bei Rosie hatte es sich wohl anders abgespielt. Als sie mir davon erzählte, ist es mir kalt den Rücken heruntergelaufen   … Aber was rede ich da? Das sind sehr intime Dinge, die mir Rosie im Vertrauen mitgeteilt hat. Es wäre ihr bestimmt nicht recht, wenn ich sie einem Fremden auf die Nase binden würde.»
    «Das kann ich gut verstehen. Mir würde es genauso wie Ihnen gehen. Doch in diesem Fall bitte ich Sie, eine Ausnahme zu machen. Es ist sehr wichtig für uns, herauszufinden, was sich in den letzten Monaten ihres Lebens abgespielt hat.»
    Kilian setzte seine ganze Überredungskunst ein. Sehr behilflich war dabei sein seriöser Blick mit einem Schuss Mitgefühl und Hilflosigkeit.
    «Nun, gut», fuhr sie fort, «aber erzählen Sie niemandem davon.»
    «Versprochen.»
    «Um das Ausmaß dieser Erfahrung richtig zu verstehen, muss man Rosies Vorgeschichte kennen. Sie hatte eine tiefe emotionale Bindung zu ihrer Großmutter, die vermutlich geisteskrank gewesen ist. Sie ist aus nicht geklärten Umständen ums Leben gekommen. Niemand weiß, ob es sich um einen Selbstmord oder einen Unfall gehandelt hat. Eines Abends soll sie aus dem Haus gegangen und nicht mehr zurückgekehrt sein. Nach Monaten hat man sie dann in einer Gletscherspalte gefunden.»
    «In einer Gletscherspalte?»
    «Die Marthalers, so lautete ihr Mädchenname, stammen ursprünglich aus dem Berchtesgadener Raum, wo sie auf einem Bauernhof in den Bergen lebten. Der Tod der Großmutter hatte die kleine Rosie sehr mitgenommen. Sie glaubte, die Großmutter würde sie nachts von den Bergen aus zu sich rufen. Manchmal soll sie ihr sogar in der Kammer, in der sie schlief, erschienen sein. Ihre Eltern fassten daraufhin den Entschluss, den Bauernhof zu verlassen. Mitte der Achtziger kamen sie nach Ochsenfurt, wo der Vater Arbeit fand. Mit der Zeit verblasste die Erinnerung an die Großmutter, und Rosie entwickelte sich prächtig. Die Berge ließen sie jedoch nie wieder los. Immer musste sie nach Italien in Urlaub reisen. In Südtirol gefiel es ihr am besten. Da wollte sie gar nicht mehr weg.
    Tja, und dann geschah das Unfassbare bei Luccas Geburt. In der einen Minute, in der sie zu sterben drohte, glaubte sie, ihre Großmutter zu sehen. Zuerst hörte sie ein Schluchzen, dann ein Weinen und Wehklagen, bis die Großmutter, ganzin Weiß gekleidet, an ihr Bett herangetreten sei. Ihre Augen waren von Tränen gerötet. Sie forderte Rosie auf, mit ihr zu gehen. Daraufhin soll sie wahrhaftig aus ihrem Körper gefahren sein und sich tot auf dem Operationstisch gesehen haben. Aber etwas stimmte nicht. Die Großmutter brachte sie nicht in das Licht, sondern an einen dunklen Ort, wo die Toten leben. Auch die Schatten derer, die noch leben, aber bald dorthin kommen würden.
    Sie offenbarte Rosie, dass sie bald ihre Rolle zu übernehmen habe. Sie habe sie deswegen dorthin gebracht. In ein paar Monaten würde sie zurückkehren und Rosie endgültig holen. Schrecklich, ich mag gar nicht darüber nachdenken.»
    «Was meinen Sie   … Entschuldigung, was meinte Rosie, worin die Aufgabe der Großmutter bestand?»
    «Das sage ich Ihnen nicht. Sie halten mich dann bestimmt für verrückt.»
    «Nein, das tue ich nicht. Wirklich.»
    Die Frau machte eine lange Pause, kämpfte mit sich, bis sie schließlich antwortete. «Die Großmutter soll eine Weiße Frau gewesen sein, und Rosie sollte ihr nachfolgen.»
    «Wie bitte?»
    «So hat es mir Rosie erzählt. Ich weiß, das klingt alles ziemlich abgehoben. Aber seitdem es diese Erscheinungen bei uns gibt, bin ich mir da nicht mehr so sicher.»
    «Sie meinen, Rosie geht als Weiße Frau um?»
    «Ich sage dazu nichts. Soll jeder glauben, was er will. Wenn ich es nicht selbst aus Rosies Mund gehört hätte   … Glauben Sie mir: Ich habe mit Esoterik und diesem ganzen Geisterzeugs nichts am Hut, aber diese mysteriösen Erscheinungen jagen mir gehörig Angst ein.»
    «Manche Geisteskrankheiten sind erblich. Kann es sein, dass sich Rosie in den letzten Monaten verändert hat?»
    «Ich habe keine Anzeichen dafür festgestellt. Sie stand mitten im Leben und wusste

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