Das Moskau-Komplott
einen Charterdienst betrieben haben. Wenn Sie uns nicht das Gegenteil beweisen können - und ich muss darauf hinweisen, dass in Frankreich die Beweislast in solchen Fällen beim Beschuldigten liegt -, muss Ihr Flugzeug zu meinem Bedauern unverzüglich beschlagnahmt werden.«
»Dieser Vorwurf ist doch kompletter Unsinn«, entgegnete Iwan.
Boisson seufzte und hob langsam den Deckel seiner eindrucksvollen Akte. Das Erste, was er hervorzog, war das Foto eines Boeing Business Jet. »Nur der Form halber, Monsieur Charkow: Ist das Ihr Flugzeug?« Er deutete auf die Registriernummer am Heck. »N7287IK?«
»Natürlich ist das meine Maschine.«
Boisson tippte auf den ersten Buchstaben der Hecknummer, das
N.
»Ihr Flugzeug trägt eine amerikanische Registriernummer. Wann war es das letzte Mal in den Vereinigten Staaten?«
»Das kann ich nicht genau sagen. Das ist mindestens drei Jahre her.«
»Finden Sie das nicht merkwürdig, Monsieur Charkow?«
»Nein, das finde ich nicht im Geringsten merkwürdig. Wie Sie sehr gut wissen, Monsieur Boisson, führen Flugzeugeigentümer oft eine amerikanische Registriernummer, weil amerikanische Nummern einen hohen Wiederverkaufswert garantieren.«
»Aber nach Ihren eigenen Unterlagen, Monsieur, sind Sie gar nicht der Eigentümer der N7287IK.«
»Wovon reden Sie?«
»Laut Ihrer Zulassung ist der Eigentümer der N7287IK eine Firma mit Sitz in Delaware und dem sonderbaren Namen N7287 LLC. Offensichtlich ist N7287 LLC eine Tarnfirma, deren einziger Zweck darin besteht, den Anschein zu erwecken, dass die Maschine einen amerikanischen Besitzer hat. Formal besteht keinerlei Verbindung zwischen Ihnen und dieser Firma. Der Präsident von N7287 LLC ist ein Mann namens Charles Hamilton. Monsieur Hamilton ist Anwalt in Wilmington, Delaware. Er ist auch der bevollmächtigte Eigentümer des Flugzeugs, von dem Sie behaupten, es sei Ihres. Monsieur Hamilton hat Ihnen die Maschine vermietet. Ist das nicht richtig, Monsieur Charkow?«
»Formal«,
bellte Charkow, »ist das richtig, aber solche Arrangements sind in der privaten Luftfahrt absolut üblich.«
»Üblich vielleicht, aber nicht ganz ehrlich. Bevor wir diese Untersuchung fortsetzen, muss ich von Ihnen einen Nachweis verlangen, dass Sie tatsächlich der Besitzer des Boeing Business Jet mit der Registriernummer N7287IK sind. Am einfachsten wäre es vielleicht, Sie rufen Ihren Anwalt an und lassen mich mit ihm sprechen.«
»Aber in Amerika ist jetzt Sonntagmorgen.«
»Dann wird er wohl zu Hause sein.«
Iwan stieß einen russischen Fluch aus und zückte sein Handy. Der Anruf kam nicht durch. Nach zwei weiteren vergeblichen Versuchen sah er Boisson frustriert an.
»Manchmal habe ich in diesem Gebäudeteil auch Schwierigkeiten«, sagte der Franzose entschuldigend und deutete auf das Telefon am anderen Ende des Konferenztischs. »Benutzen Sie ruhig unseres. Ich bin sicher, dass es tadellos funktioniert.«
Arkadij Medwedew erhielt den Anruf eines offensichtlich benommenen Anton Uljanow, als er sich gerade im Arbeitszimmer seiner Wohnung auf den Spatzenhügeln entspannte. Sobald er wieder aufgelegt hatte, wählte er die Nummer von Elenas Fahrer, doch der meldete sich nicht. Nach einem weiteren vergeblichen Versuch rief er zweimal bei Luka Osipow, dem Chef von Elenas Begleitschutz, an, ebenfalls ohne Erfolg. Wütend knallte er den Hörer auf und starrte nachdenklich aus dem Fenster in Richtung Stadtzentrum.
Eine Vorladung zum Flughafen Nizza... dann ein Verkehrsunfall auf dem Kutusowskij Prospekt... und jetzt gingen Elenas Leibwächter nicht ans Telefon...
Das war kein Zufall. Irgendwas ging da vor. Aber im Moment konnte er verdammt wenig tun.
Die Charkow-Kinder verließen den Strand von Pampelonne nicht so schnell wie geplant, was Eltern kleiner Kinder gewiss nicht überraschen dürfte. Da war zuerst die Forderung nach einem letzten Bad im Meer. Dann das mühsame Unterfangen, zwei über und über mit Sand bedeckte Siebenjährige in trockene, für die Heimfahrt geeignete Kleider zu stecken. Und schließlich die obligatorischen Schauspieleinlagen auf dem langen Fußmarsch zu den Autos. Sonja Tscherkasowa, das Kindermädchen der Charkows, hatte alle Hände voll zu tun, und dass sie von vier bewaffneten Leibwächtern begleitet wurde, machte ihr die Aufgabe nicht gerade leichter. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass die Leibwächter in solchen Augenblicken gewöhnlich mehr Schwierigkeiten machten als die Kinder selbst.
Infolge der
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