Das Moskau-Komplott
Charkowas Wagen sich nun mit hoher Geschwindigkeit dem »Haus an der Uferstraße« nähere. Der Stimme Uzi Navots, der meldete, dass Elena Charkowa nun aus dem Wagen steige und in Begleitung Luka Osipows in das Gebäude gehe. Gabriel kontrollierte die Zeit auf seiner Armbanduhr:
15.54 Uhr... Sie waren bereits neun Minuten in Verzug.
Beeilung, Elena. Wir müssen unsere Maschine kriegen.
Die Nachricht von Elena Charkowas Ankunft erreichte London zehn Sekunden später, nicht akustisch, sondern in Form einer knappen schriftlichen Meldung, die auf einem plakatwandgroßen Bildschirm an der Stirnwand des Raumes aufleuchtete. Adrian Carter hatte nervös auf die Nachricht gewartet und hielt den Hörer des Telefons, das ihn per Standleitung mit Langley verband, fest an sein Ohr gedrückt. »Sie geht jetzt in das Gebäude«, sagte er ruhig. »Legt die Telefone lahm. Überall südlich der Moskwa bis zum Gartenring.«
Sie durchschritt die Eingangshalle mit Luka Osipow im Schlepptau und gelangte in ein kleines Foyer mit einem einzigen Aufzug. Osipow wollte hinter ihr in die wartende Kabine treten, doch sie hinderte ihn mit einer Handbewegung daran. »Warten Sie hier«, befahl sie, schob ihre Schlüsselkarte in den Schlitz, zog sie wieder heraus und drückte den Knopf für den neunten Stock. Osipow blieb mehrere Sekunden lang reglos stehen und verfolgte die Fahrt des Aufzugs anhand der roten Lämpchen, die außen auf dem Kontrollfeld aufleuchteten. Dann klappte er sein Handy auf und versuchte, den Fahrer draußen anzurufen. Da er kein Signal hörte, klappte er das Telefon wieder zu und fluchte leise.
Das gesamte Moskauer Netz muss zusammengebrochen sein,
dachte er.
Wir Russen kriegen nichts richtig hin.
Als sie im neunten Stock aus dem Aufzug stieg, saß dort im Vorraum der Wachmann. Er hieß Piotr Luschkow und war wie Luka Osipow ehemals Mitglied der Elitetruppe Alpha gewesen. Ein Ausdruck der Überraschung legte sich auf sein teigiges, dumpfes Gesicht. Wegen des Handy-Blockers, der in Elenas Gepäck versteckt war, hatten ihre Begleiter ihn nicht über ihr Kommen informieren können. Elena grüßte ihn flüchtig und drängte an ihm vorbei in den Flur, ohne eine Erklärung für ihr Erscheinen abzugeben. Reflexartig legte er ihr die Hand auf den Arm. Elena wirbelte herum und funkelte ihn zornig an.
»Was tun Sie da? Wie können Sie es wagen, mich anzufassen? Für wen halten Sie sich?«
Luschkow zog die Hand zurück. »Es tut mir leid.«
»Was soll das heißen, es tut Ihnen leid?«
»Ich hätte Sie nicht anfassen dürfen, Frau Charkowa.«
»Nein, Piotr, Sie hätten mich nicht anfassen dürfen. Warten Sie, bis Iwan davon erfährt!«
Sie ging den Flur entlang zum Büro. Der Wachmann folgte ihr.
»Bedaure, Frau Charkowa, aber ich kann Sie leider nicht in das Büro lassen, wenn Ihr Mann nicht bei Ihnen ist.« »Außer in einem Notfall.« »Ganz recht.«
»Und ich sage Ihnen, dass das hier ein Notfall ist. Gehen Sie an Ihren Platz zurück, Sie Esel. Ich kann den Code nicht eintippen, wenn Sie mir über die Schulter sehen.«
»Wenn es ein Notfall ist, Frau Charkowa, warum hat mich dann Arkadij Medwedew nicht benachrichtigt?«
»Sie werden es vielleicht nicht glauben, Piotr, aber mein Mann sagt Arkadij nicht alles. Er hat mich gebeten, ein paar wichtige Unterlagen aus seinem Büro zu holen und nach Frankreich zu bringen. Jetzt überlegen Sie mal, Piotr: Wie, glauben Sie, wird Iwan reagieren, wenn ich Ihretwegen mein Flugzeug verpasse?«
Der Wachmann gab nicht nach. »Ich tue nur meine Arbeit, Frau Charkowa. Und meine Anweisungen sind sehr einfach. Niemand darf ohne ausdrückliche Genehmigung von Herrn Charkow oder Arkadij Medwedew das Büro betreten. Und das gilt auch für Sie.«
Elena hob den Blick zur Decke und seufzte verzweifelt. »Dann schlage ich vor, Sie rufen Arkadij einfach an und sagen ihm, dass ich hier bin.« Sie deutete auf das Telefon, das auf einem kleinen Ziertisch stand. »Rufen Sie ihn an, Piotr. Aber machen Sie schnell. Denn wenn ich meinen Flug nach Frankreich verpasse, sage ich Iwan, er soll Ihnen die Zunge herausschneiden.«
Der Wachmann drehte Elena den Rücken zu und griff nach dem Hörer. Ein paar Sekunden später fasste er stirnrunzelnd nach unten und drückte mehrere Male auf die Gabel.
»Stimmt was nicht, Piotr?« »Das Telefon geht anscheinend nicht.« »Das ist merkwürdig. Versuchen Sie es mit meinem Handy.«
Der Wachmann legte den Hörer auf die Gabel zurück und drehte sich um - er
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