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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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los, war binnen Sekunden bei ihr, packte sie hart am Ellbogen und schrie ihr ins Gesicht: »Lügnerin!« Nur dieses Wort.
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    Im Bonner Bundeskanzleramt war Henri nie zuvor gewesen, und wenn, hätte er sich gewünscht, dass es nicht nach einem hektischen und mehr als unruhigen Flug geschehen wäre. Die Luftmassen und Luftlöcher hat ten die Boeing und ihre Passagiere mal Hunderte von Metern stürzen lassen, dann Hunderte von Metern nach oben katapultiert, und während sich der Gestank von Erbrochenem ausbreitete, waren sie durchgeschüttelt worden wie ein rasender Viehtransporter auf einer DDR – Autobahn jenseits der Transit- und Protokollstrecken. Aber Henris Laune sank noch, als er nach der Fahrt vom Köln-Bonner Flughafen vor dem Bundeskanzleramt ab gesetzt und von einer wandelnden Büroklammer männlichen Geschlechts abgeholt wurde, die es darauf anlegte, ihr tristes Wesen durch eine Frisur auszugleichen, die es einigen Haaren erlaubte, die Ohrläppchen zu berühren. Manchen sieht man die Unterwürfigkeit im Gesicht an, so wie diesem mittelgroßen, aber übergewichtigen Typen im grauen Anzug. Es war schon ein wenig aufgedunsen und ließ nichts anderes erwarten als ein unbestimmtes Lächeln, denn nicht einmal in dieser Verhaltensdisziplin würde er sich festlegen. Der Typ murmelte eine Begrüßung und erwähnte den Kanzleramtsminister, zu dem er Henri führen werde. Sie passierten den Eingang, wo der Typ dem Mann am Eingangsschalter nur eine Karte ans Glas drückte, dann ging es weiter in einem Aufzug, in dessen Enge Henri das süßlich-herb riechende Rasierwasser genießen durfte, was die Übelkeit vom Flug wiederzuerwecken drohte. Dann Gänge entlang, die durch Milchglastüren voneinander getrennt waren, der Typ mit kleinen schnellen Schritten vorneweg – »ich darf doch« –, bis er endlich vor einer Tür anhielt, einmal klopfte und gleich öffnete – »er ist da« –, um Henri hineinzuwinken, während er zur Seite trat. Drinnen saß in einem beeindruckend großen Büro, an der Wand hinter ihm ein halb abstraktes Adenauer-Porträt, an einem mächtigen Schreibtisch ein früh ergrauter Mann mit Stahlbrille, der nun, als er Henri sah, eilig aufstand, ihm fast entgegenstürzte, um seine Hand fest zu drücken, während er sie mit der Linken umfasste, sodass sich Henris Hand im Begrüßungsschraubstock wiederfand. Er zog und erreichte es tatsächlich, dass der andere seine Fesselung löste. Henri legte die Hand hinter den Rücken und sagte: »Schön, dass Sie Zeit für mich finden.« Er wollte höflich sein, auch wenn es ihm schwerfiel, weil er Bürokraten mehr hasste als den Feind im Osten.
    »Bitte nehmen Sie Platz«, sagte der Mann, der sich als Hansmeier, dann grinsend: Detlef Hansmeier, Minister im Bundeskanzleramt, vorgestellt hatte, der Mann mit dem direkten Zugang zu Kohl und der Oberaufsicht über die bundesdeutschen Geheimdienste. Henri kannte ihn aus den Zeitungen und vom Fernsehen. Schon da war ihm die heisere Stimme aufgefallen und der Verdacht gekommen, dass der Mann diese Heiserkeit sorgfältig pflegte.
    »Möchten Sie etwas zur Stärkung?«, fragte Hansmeier, und Henri bestellte einen Wodka, ohne Eis, wenn Sie so was haben. Sie hatten so was. Als Hansmeier es telefonisch bestellt hatte und das Glas gekommen war, fragte der Kanzleramtsminister: »Wie war der Flug?«
    Henri nickte. »Danke, es ging.«
    »Gut, kommen wir zur Sache. Wie Sie uns mitgeteilt haben, haben Sie ein … Problem, das Sie nur mit dem Kanzleramt erörtern wollen.«
    Henri hatte eine Aktennotiz per Diplomatenpost verschickt, und wenige Tage später war er nach Bonn gerufen worden.
    »Ich habe mit Ihrem Präsidenten gesprochen, der aber offenkundig nicht unterrichtet ist.« Sein Tonfall deutete an, dass der BND – Präsident nicht besonders glücklich war über diesen Umstand.
    »Der Dienstweg ist lang, die Sache ist dringend, der Präsident wird es verstehen«, sagte Henri. »Und, amwichtigsten, je weniger von der Sache wissen, desto besser.«
    Hansmeier grinste flüchtig, verbot es sich dann aber. In der Tat, die Lecks im BND waren legendär. »Wie viele wissen es?«
    »Bei uns? Ich und gleich Sie.«
    Der Minister hob die Augenbrauen, Falten auf der Stirn. Die Augen blickten Henri ernst an. »Schießen Sie los!«
    »Wir können die MiG-29, modernste Version, eingesetzt ausschließlich in der sowjetischen Luftwaffe, bekommen und die Pläne vom Nachfolger dazu, der MiG-33.«
    Der Minister pfiff leise, lehnte sich

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