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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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mir, ich werde im Vorzimmer eine entsprechende Notiz hinterlegen.« Er klang so, als würde er verkünden, dass ein bedeutender internationaler Vertrag unterzeichnet worden sei, mindestens so wichtig wie das Münchener Abkommen. Dann stand er in seiner ganzen Aufgeblasenheit auf und reichte Henridie Hand als Zeichen, dass er abtreten möge, damit die wichtigen Leute die wichtigen Fragen erörtern könnten.
    In Gedanken an Moskau trank Henri nach dem Abendessen in seinem Hotelzimmer einen doppelten Wodka pur und ungekühlt. Er stand am Fenster und blickte hinaus auf den Rhein. Positionslichter zeigten Schiffe an, die den Strom hinauf- und hinabfuhren. Ein Nebelhorn trötete dumpf. Er überlegte, wie es Angela ging, und wunderte sich einmal mehr, dass es zwischen ihnen klappte, aber wahrscheinlich nur, solange sie sich nicht wirklich liebten. Henri hatte noch nie eine Frau wirklich geliebt. Er hatte es sich zwei oder drei Mal eingebildet, aber das Gefühl war dann verschwunden, wohl ohne jemals existiert zu haben.
    In der Nacht schlief er unruhig. Er wälzte sich hin und her, stand immer wieder auf, versuchte es mit einem weiteren Wodka, doch am Morgen war er gerädert, weil er in der Nacht in Moskau gewesen war und alle ihm erinnerlichen Details wieder und wieder durchgekaut hatte, um schwache Stellen zu finden, Ungereimtheiten aller Art. Doch er fand keine, sah er davon ab, dass die ganze Geschichte, die die beiden Russen mit ihm ausgeheckt hatten, durch und durch absurd war.
    Er frühstückte und las dabei in der Zeitung über den unendlichen Streit über die Raketenrüstung. Der Kommentator gab sich hart – man darf den Sowjets nichts durchgehen lassen und nicht klein beigeben –, aber hier und da lugte in der Berichterstattung die Ratlosigkeit durch die Zeilen.
    Wenn diese Idioten wüssten.
    Viertel vor zehn war er wieder im Kanzleramt. Die Vorzimmerdame hatte sogar ein Lächeln für ihn übrig, als sie ihn an der Pforte abholte. Schweigend brachte sie ihn zum Minister, der schon auf ihn wartete.
    »Wir haben hier lange diskutiert«, sagte er. Er sagtenicht, wer diskutiert hatte. »Und wir haben eine Lösung gefunden, die für alle Beteiligten die beste ist. Wir als Bundesrepublik könnten der Sowjetunion schon ein Flugzeug und diese Pläne stehlen, darum geht es ja, und so wird es wenigstens Moskau verstehen. Aber wir sollten es nicht tun. Wissen Sie, gerade der Bundeskanzler – ich sage das, damit Sie wissen, wie ernst uns diese Sache ist – hat darauf hingewiesen, dass wir in dieser kritischen internationalen Lage nichts tun sollten, was diese noch verschlechtert.« Er stöhnte leise, wohl um zu zeigen, dass er ein wenig die Last des Kanzlers mittrage.
    Henris Selbstgewissheit schwand mit jedem Wort. Er hätte es wissen müssen, dass diese Bürokraten mehr Angst als Verstand hatten.
    »Aber gleichzeitig wissen wir, dass unsere amerikanischen Verbündeten« – diese geschwollene Sprache gab es also nicht nur in Sonntagsreden – »uns sehr dankbar sind für einen Hinweis, den wir ihnen gestern gegeben haben. Sie wären uns sehr, sehr dankbar, wenn sie vielleicht in dieses … in dieser Angelegenheit partizipieren könnten. Sie haben naturgemäß ein großes Interesse an solchen Informationen. Und an dem Flugzeug natürlich. Uns wäre es, offen gesagt, recht, wenn Washington diese … Sache übernähme.«
    Und wenn ihr den Dank des großen Verbündeten einsacken könntet für diesen neuerlichen Beweis unerschütterlicher Bündnistreue.
    »Der Bundeskanzler hat mich angewiesen, Ihnen zu danken. Ich werde mit Ihrem Präsidenten sprechen, damit keine Misshelligkeiten wegen des Dienstwegs aufkommen – es war ja schon recht ungewöhnlich, aber wir sind nicht so unbeweglich, wie manche behaupten –, und ich werde darauf achten, dass Ihr Einsatz nach der Abwicklung der … Sache angemessen honoriert wird.« Er legte den Kopf wieder schief, und Henri fragte sich, ob er es morgens übte, weil er glaubte, so wie ein Denker auszusehen.
    »Wie geht es nun für mich weiter, Herr Minister?«
    »Sie reisen so schnell wie möglich zurück nach Moskau. Dort finden Sie in der US – Botschaft einen Herrn Mavick. Wie mir berichtet wurde, kennen Sie ihn bereits. Er ist der Verbindungsmann der Amerikaner vor Ort, und er wird die … Sache abwickeln.«
    »Das heißt, die Amerikaner zahlen, und ich bin der Laufbursche.«
    Falten auf der Stirn. »Sie sind der wichtigste Mann in diesem … Projekt, Herr Martenthaler. Der Herr

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