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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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dann bedächtig. »Wo?«
    Theo und Paula hatten sich am Abend um neun Uhr in Berg am Laim bei einem unscheinbaren Italienernahe eines Supermarkts verabredet. Sie ließ ihn warten, und er zweifelte mit jeder Minute mehr, ob sie kommen würde. Doch dann wirbelte sie fast hinein, mit einem Lachen im Gesicht winkte sie ihm zu, sobald sie ihn erkannt hatte, und hängte ihren Mantel an die Garderobe. Sie hatte einen hellblauen Rollkragenpullover angezogen und eine klassische Bluejeans über knöchelhohen weißen Turnschuhen. In ihrem Haar lagen Schneeflocken, die sie mit einer entschlossenen Handbewegung wegwischte.
    Sie lachte ihn an, als er sich unsicher erhob, und gab ihm die nasse Hand. »Ich heiße Paula.«
    »Theo«, sagte er und setzte sich. Sie saß ihm gegenüber.
    »Und was machst du so, Theo?« Sie brauchte keinen Umweg.
    »Langweiliges Zeug.« Er winkte ab.
    »Beamter?«
    Er nickte. »Liegenschaftsamt. Nichts, was einen interessieren sollte.«
    »Aber du arbeitest da, dafür muss es einen Grund geben.«
    »Der ist genauso langweilig wie der Job.«
    »Aber du interessierst dich für Geschichte und Politik.«
    Der Kellner kam mit akkurat frisiertem Haar, kleinen Löckchen, messerscharf geschnittenen Koteletten.
    »Hallo, Benni«, sagte Paula.
    »Hallo, Paula«, sagte Benni in fast schon derbem Bayerisch. »Wieder die Nudeln?« Er musterte Theo leicht ungehalten, als wäre er mit Paulas Verabredung nicht zufrieden, so, wie er vielleicht mit keiner Verabredung zufrieden gewesen wäre.
    »Die Nudeln«, sagte Paula. »Du auch?« Sie schaute Theo an.
    »Ja … ja«, sagte Theo. Was mochten die Nudeln sein? Was war das für ein seltsamer Italiener?
    »Und Bier?«
    »Und Bier.«
    »Wasser«, sagte Theo.
    Paula zog sich den Pulli über den Kopf. Darunter trug sie ein T-Shirt.
    »Liegenschaftsamt also«, sagte sie.
    »Tut mir leid«, erwiderte Theo und lachte. »Geheimdienst hätte sich besser angehört. Bin leider nicht James Bond, sondern Martenthaler … Theo Martenthaler.«
    »Bin sicher, dass du auch im Liegenschaftsamt« – sie zog das Wort in die Länge, wie um es aussprechbar zu machen – »Heldentaten vollbringst.«
    »Unbedingt«, sagte Theo.
    »Geheimdienst, das würde mir nicht gefallen.« Paula verzog das Gesicht, als hätte sie Essigkonzentrat geschluckt.
    Theo erschrak.
    »Geht’s dir gut?«
    »Ja«, sagte Theo.
    Schweigen.
    Dann sie: »Normalerweise lass ich mich auf so was ja nicht ein.«
    »Ich auch nicht«, sagte Theo. »Oder was meinst du?«
    Sie lachte, wie er es von Anfang an gemocht hatte, nicht lauthals, sondern dezent und irgendwie wissend, als wollte sie mit ihrem Lachen zeigen, dass sie etwas verstanden hatte.
    »Du bist ein komischer Kerl.« Sie studierte sein Gesicht.
    »Stimmt«, sagte er. Er überlegte, ob er ihr trauen könne. Sonja hatte ihn hereingelegt. Aber das war in Moskau, und doch spürte er, dass sein Vertrauen in Menschen angekratzt war, jedenfalls wenn sie ihm nahekamen. Früher hatte er sich so etwas nie gefragt.
    › ‹
    Major Eblow fuhr bedächtig durch Moskaus Straßen, bis er vor dem Haupteingang des Nowodewitschi-Friedhofs hielt. Er stieg aus, Henri tat es ihm nach. Er wusste nicht, ob er immer noch Gefangener war. Der Bauch tat ihm weh, und auch im Kopf pochte es. Aber schlimmer war die Scham, diesen Leuten in die Falle gegangen zu sein. Das kann man sich nicht schönreden, es war eine Falle gewesen. Von Anfang an.
    »Gibt es dieses Flugzeug überhaupt?«, fragte er fast zornig, als sie den Friedhof betreten hatten.
    »Natürlich. Sie werden von ihm lesen. Ein großartiges Flugzeug, die MiG-29. Wir hatten bei den Jägern ein wenig den Anschluss verloren und nicht nur Überragendes gebaut, wenn ich da nur an die 23er denke. Die war ein bisschen wie Ihr Starfighter. Schnell und tödlich, vor allem für die Piloten. Aber die 29er ist wirklich großartig.« Er lächelte Henri freundlich an. »Alles, was wir Ihnen gegeben haben, war natürlich echt. Allerdings ist es nicht neu, jedenfalls nicht für die Amerikaner. Es gibt ja kaum noch richtige Geheimnisse. Und, Sie werden vielleicht staunen, ich finde es gut so.«
    Der Weg war vom Schnee geräumt, der sich zu beiden Seiten zu Wällen auftürmte. Sie gingen ein Stück, bis Henri fragte: »Was wollen Sie von mir?«
    »Nur ein bisschen reden.«
    »Verhören?«
    Eblow lachte. »Nein, wir unterhalten uns ein bisschen. Und wenn Sie wollen, trinken wir nachher einen Schluck, um uns aufzuwärmen.« Sein Arm beschrieb einen

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