Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
sich leise an Smith und Fiona. »Wenn Jaschwili hier fertig ist, treffen wir uns wieder. Das restliche Geld ist in der Tasche«, sagte er. »Ich warte in der Bar des Hotel Belgrad auf euch, gleich an diesem Ende der Borodinski-Brücke.« Dann grinste er sie an. »Wenn wir Glück haben, werde ich euch natürlich nicht wiedererkennen.«
»Du bleibst nicht?«, fragte Fiona überrascht.
Bedauernd schüttelte Kirow den Kopf. »Ich habe eine Verabredung«, erklärte er leise. »Ein privates Treffen mit einem anderen alten Freund. Ein Mann, der uns einige unserer Fragen beantworten könnte.«
»Ein alter Freund in Uniform?«, riet Smith.
»Ja, vielleicht zieht er sie hin und wieder an, Jon«, gab der Russe leicht lächelnd zu. »Obwohl pensionierte Offiziere des FSB es meist vorziehen, bei gesellschaftlichen Anlässen einen einfachen Anzug zu tragen.«
Kapitel siebenundzwanzig
Es war schon weit nach zehn Uhr abends, als Smith und Fiona Devin die Bar in der Lobby des Hotel Belgrad betraten, doch es ging noch hoch her. Männer und Frauen in Geschäftskleidung – meist Russen, gelegentlich aber auch Ausländer – belegten fast alle Nischen und Tische und standen dicht an dicht vor der Theke. Im Hintergrund spielte leise Jazzmusik, doch sie wurde von den lauten Unterhaltungen fast vollständig übertönt. Obwohl es sich beim Belgrad um ein riesiges, kastenförmiges Hotel ohne großen architektonischen Charme handelte, war es wegen seiner guten Lage in der Nähe der Metro und des Arbat und seiner vernünftigen Preisgestaltung selbst im Winter gut besucht.
Oleg Kirow saß ganz allein in einer Ecke der lebhaften Bar und zog stumm an seiner Zigarette. Zwei Schnapsgläser und eine halbleere Flasche Wodka standen vor ihm auf dem Tisch. Er wirkte nachdenklich.
Hintereinander drängten Smith und Fiona sich durch die Menschenmenge. »Dürfen wir uns zu Ihnen setzen?«, fragte Jon in nicht ganz akzentfreiem Russisch.
Mit einem ernsten, freundlichen Nicken blickte Kirow zu ihnen auf. »Natürlich. Es wäre mir eine Freude.« Er erhob sich, rückte einen Stuhl für Fiona zurecht und bedeutete einer Kellnerin, neue Gläser zu bringen. »Darf ich Sie nach Ihren Namen fragen? Oder würden Sie das bei einer derart kurzen Bekanntschaft als aufdringlich empfinden?«
»Ganz und gar nicht«, antwortete Smith höflich. Er setzte sich und schob seinen neuen schwedischen Pass über den Tisch. Jaschwili
hatte seine vollmundigen Versprechungen wahr gemacht und ganze Arbeit geleistet. Der gefälschte Pass sah aus, als hätte Jon ihn schon seit Jahren mit sich herumgetragen, und er enthielt Ein-und Ausreisestempel vieler verschiedener Länder. »Ich bin Dr. Kalle Strand, Epidemiologe bei der Weltgesundheitsorganisation.«
»Und mein Name ist Berit Lindquist«, sagte Fiona mit schelmischem Grinsen. »Dr. Strands persönliche Assistentin.«
Kirow lüpfte eine Braue. »Mit der Betonung auf persönlich ?«
Sie drohte ihm mit dem Finger. »Nicht alle Schweden sind sexbesessen, Herr Kirow. Meine Beziehung zu Dr. Strand ist rein geschäftlich.«
»Ich bitte um Entschuldigung, Fräulein Lindquist«, erwiderte der Russe, ebenfalls grinsend. Er betrachtete sie eine Weile stumm und studierte ihre veränderte Erscheinung. Dann nickte er. »Gute Arbeit. Das sollte genügen.«
»Hoffen wir es«, sagte Smith. Er widerstand dem Drang, sich an den Augenbrauen zu kratzen. Über sein dunkles Haar war eine blonde Perücke gestülpt, doch die Brauen hatte er sich passend färben müssen, und nun juckten sie wie verrückt. Die kleinen Latexbeutel in den Wangentaschen ließen sein Gesicht breiter wirken und die Polsterung um seine Hüften mogelte fünfzehn bis zwanzig Pfund zu seinem Gewicht dazu. Eine Brille aus Fensterglas mit dickem schwarzem Rand sollte von seinen blauen Augen ablenken. Auch wenn die Verkleidung nicht besonders angenehm war, so veränderten die verschiedenen Maßnahmen sein Aussehen immerhin derart, dass er gute Chancen hatte, unentdeckt durch eine Polizeikontrolle zu kommen.
Mit Fiona Devin war eine ähnliche Wandlung vorgegangen. Sie hatte ihr schulterlanges Haar kürzer geschnitten und es dunkelrot gefärbt. Hochhackige Schuhe machten sie fast drei Zentimeter größer, während neue Dessous ihre Figur sanft, aber merklich formten, sodass sie wie eine völlig andere Frau wirkte.
Als die Kellnerin kam und die alten Wodkagläser durch neue ersetzte,
verstummte Jon. Danach fragte er: »Hat Ihr Freund vom FSB Ihnen irgendetwas
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