Das Motel
den steinigen Boden und sah in einiger Entfernung, wenn auch ein wenig gedämpft durch die alten Vorhänge, dass das Licht in Hütte vier noch brannte. Sie bemerkte ebenso, dass auch die anderen beiden Parteien noch wach zu sein schienen. Sie sah auf die Uhr. Es war beinahe 20 nach zwölf.
Ein Haufen Nachteulen.
Als sie die Hütte schließlich erreichte und vor der Eingangstür stand, fiel ihr plötzlich ihre Waffe ein. Eigentlich war es die Waffe ihres verstorbenen Mannes, die sie zwischen ihren Pullovern und Hosen versteckte. Sie wünschte, sie hätte daran gedacht, bevor sie losgegangen war – sie könnte sich noch als nützlich erweisen.
Sie dachte kurz darüber nach, umzukehren und den Revolver zu holen.
Jetzt wollen wir mal nicht überreagieren, sagte sie sich. Wenn die Situation wirklich so ernst wäre, dass du eine Waffe brauchst, dann wäre es sowieso besser, direkt zurückzugehen und die Polizei zu rufen.
Sie entschied, dass dies nicht der Fall war, und klopfte beherzt an die Tür. Von drinnen hörte sie ein hastige Schritte und ein entferntes Murmeln.
»Äh, einen Moment, bitte«, rief ein Mann.
Dann folgte weiterer Lärm, dieses Mal lauter. Madge wartete in der Kälte und zitterte am ganzen Körper, trotz der dicken Kleidung und des Mantels, die sie trug, Sie horchte auf das Rumpeln und die dumpfen Schläge aus dem Inneren der Hütte.
Sie wollte gerade erneut an die Tür klopfen, als sie geöffnet wurde und Wayne vor ihr stand. Er keuchte, und Madge bemerkte, dass Schweiß über sein Gesicht lief.
Er lächelte und wischte sich diskret die Stirn.
Sie lächelte höflich zurück. »Es tut mir schrecklich leid, dass ich Sie so spät noch störe, aber ich habe gesehen, dass bei Ihnen noch Licht brennt.«
»Ja«, sagte Wayne. »Wir bleiben beide gerne lange auf. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Darf ich vielleicht reinkommen?«
»Natürlich«, sagte Wayne. Er trat zur Seite und winkte sie herein. Als Madge in der Hütte stand, schloss er die Tür.
»Kalt draußen«, sagte Wayne.
»Das kann man wohl sagen.« Madge schaute sich in der Hütte um. Das Bett zu ihrer Linken war völlig zerwühlt, die Laken und Decken ein einziges Durcheinander. Außerdem bemerkte sie, dass die Kissenbezüge fehlten. Sie beschloss jedoch, es nicht zu erwähnen. Sie hatte in all den Jahren schon seltsamere Dinge gesehen – sehr viel seltsamere. Das Bett zu ihrer Rechten schien noch immer unberührt.
Die Badezimmertür war geschlossen und die Dusche lief. Es war merkwürdig, dass Madge sie von draußen nicht gehört hatte. Sie wusste, wie laut die Dusche auch von draußen klang und war überrascht, dass sie ihr nicht aufgefallen war. Sie schob es auf den starken Wind.
Wayne ging um sie herum. »Paul ist in der Dusche. Er duscht gerne nachts. Ich hab noch nie verstanden, warum. Ich persönlich bin eher ein Morgenmensch.«
»Ich hab vorhin ein Schreien gehört. Man hat mir gesagt, es sei aus Ihrer Hütte gekommen.«
»Wirklich?«, fragte Wayne mit einem Stirnrunzeln. Er kratzte sich durch sein dichtes schwarzes Haar am Kopf. »Ach, das«, sagte er dann und nickte. Er lächelte Madge an – ein breites Clownlächeln. »Es tut mir leid, dass wir Ihnen deswegen Umstände machen. Das war eigentlich gar nichts, wirklich. Wissen Sie, Paul wollte gerade in die Dusche steigen, da hat er an der Wand eine riesige, haarige Spinne gesehen. Und er hasst Spinnen. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, er hat mir auch ganz schön Angst eingejagt mit seinem Geschrei. Und natürlich musste ich dann ins Bad kommen und das arme Ding umbringen.« Er zuckte die Achseln.
»Deshalb hat er also geschrien?«
»Ja. Wie schon gesagt, es tut mir wirklich leid, dass Sie deswegen den ganzen Weg hier rauskommen mussten. Besonders in einer so furchtbaren Nacht wie dieser. Ich, äh, hoffe, wir haben niemanden geweckt?«
Madge lächelte erleichtert. »Nein, die sind alle noch wach.«
»Dann ist es ja gut«, sagte Wayne. »Ist sonst noch was?«
»Nein. Ich bin froh, dass wir das geklärt haben. Geht es Ihrem Sohn denn gut? Spinnen können hier draußen ein echtes Problem sein.«
Wayne nickte. »Er ist immer noch ein bisschen durcheinander, aber ich hab das Bad durchsucht, und es scheinen sich keine weiteren Spinnen da drin zu verstecken.«
»Nun, dann lasse ich Sie mal wieder in Ruhe«, entgegnete Madge. »Tut mir leid, dass ich Sie gestört habe.« Sie ging zur Tür.
»Unsinn«, kicherte Wayne. »Sie müssen schließlich nachsehen, wenn irgendwas
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