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Das Motel

Das Motel

Titel: Das Motel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett McBean
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der herrliche Duft von Bäumen und frischer Luft drang in seine Nase.
    Trotz ihrer misslichen Lage fühlte Morrie sich frei und für einen kurzen Moment sogar beinahe glücklich. Er stellte sich vor, er fahre, sein geliebtes Gewehr neben sich, irgendwo auf einen abgelegenen Berg, um dort auf die Jagd zu gehen, um ihn herum meilenweit nichts als die Nacht, die Wälder und die Tiere.
    Morrie spürte, dass seine Augen allmählich schwer wurden. Er schüttelte den Kopf und bewegte seine Gesichtsmuskeln.
    Er gähnte erneut, streckte eine Hand aus und schaltete das Radio an. Er erwischte gerade noch das Ende der Wettervorhersage:
    »… kühle zwölf Grad und es wird noch kälter. Für heute Nacht ist Regen vorhergesagt und tatsächlich sieht es ganz so aus, als bekämen wir einen heftigen Sturm – das perfekte Wetter für Halloween. So viel einstweilen zu den Nachrichten …«
    Morrie drehte den Ton leiser. Er stieß einen schweren Seufzer aus. Der Gedanke an einen Sturm gefiel ihm nicht. Besonders, solange er über diese kurvige Straße fuhr.
    Ein weiteres Gähnen, dieses Mal tiefer und lauter.
    »Du brauchst mal ’ne Pause.«
    Morrie schreckte hoch, als er Judys Stimme hörte.
    »Du solltest wirklich nicht fahren, wenn du so müde bist.«
    »Ich dachte, du schläfst«, erwiderte Morrie. »Du hast in der letzten Stunde kein einziges Wort gesagt.«
    »Schlafen? Wie könnte ich schlafen, nach allem, was passiert ist? Ich hab nachgedacht.«
    »Du musst doch auch müde sein«, sagte Morrie.
    »Völlig erledigt«, seufzte sie. »Da kommt ein Sturm auf uns zu.«
    »Jep«, bestätigte Morrie.
    »Wie weit sind wir noch von Mansfield weg?«
    »Etwa eine halbe Stunde.«
    Plötzlich setzte sich Judy kerzengerade auf. »Hey, in fünf Minuten kommt ein Motel. Wir sind gerade an dem Schild vorbeigefahren.«
    »Wir sind noch nicht mal zwei Stunden aus Lilydale raus«, erwiderte Morrie. »Ich möchte noch ein bisschen mehr Abstand zwischen uns und … das Haus bringen«, brachte er den Satz zu Ende.
    »Jetzt komm, du bist müde und es ist ein Sturm unterwegs.«
    Morrie versuchte, seinen Kopf freizubekommen und logisch zu denken. Er hatte nie vorgehabt, in einer größeren Stadt wie Mansfield anzuhalten. Sein Plan war es gewesen, daran vorbeizufahren, und, wenn er es nicht bis New South Wales schaffte, entweder einen Zwischenstopp in einem kleinen, abgelegenen Motel zu machen oder im Wagen zu übernachten, falls es notwendig sein sollte. Die Vorstellung, so nah an Lilydale abzusteigen, begeisterte ihn nicht gerade, aber er schlief tatsächlich beinahe am Steuer ein. Und dann war da noch der Sturm.
    »Mal sehen«, erwiderte er. »Wir können es uns ja mal anschauen. Wenn es abseits liegt und nicht zu ausgebucht ist, dann vielleicht.«
    »Ich denke nicht, dass wir eine Wahl haben«, sagte Judy. »Ich glaube kaum, dass du bis Mansfield durchhältst.«
    »Da wollte ich sowieso nicht übernachten.«
    »Siehst du, dann haben wir keine Wahl.«
    Trotz seines Widerwillens wusste Morrie, dass es das Klügste war. Er starrte durch die Windschutzscheibe, doch es gelang ihm kaum noch, die Fahrbahnmarkierungen scharf zu sehen.
    »Verflucht«, murmelte er.
    Er streckte seine Hand aus und drehte das Radio wieder lauter. Sie spielten irgendeinen Discosong. Er schaltete es aus.
    »Ich frage mich, ob die Polizei die Leiche schon gefunden hat«, sagte Judy und starrte weiter aus dem Beifahrerfenster.
    Morrie wollte gerade etwas erwidern, als Judy rief: »Da ist es.«
    Er trat so heftig auf die Bremse, dass die Reifen quietschten, und bog dann scharf links ab. »Nicht besonders gut ausgeschildert«, brummte er. »Hätte fast die verdammte Abfahrt verpasst.«
    Während er über den schmalen Feldweg fuhr, schaute Morrie in den Rückspiegel. Hinter sich in der Ferne, verborgen zwischen den hohen Kiefern, konnte er das Motelschild erahnen.
    »Vielleicht ist das hier ja doch ein ganz guter Unterschlupf«, sagte er. »Ist wirklich gut versteckt.«
    Die Straße wurde steiler. Morrie trat das Gaspedal ganz durch, genoss den Anblick der Kiefern, steckte seinen Kopf aus dem Fenster und atmete ganz tief ein. Kurz darauf zog er seinen Kopf wieder zurück in den Wagen. »Ahh, ich liebe den Geruch von Kiefern.«
    Er drehte den Kopf und sah, dass Judy noch immer aus dem Fenster schaute. Die steile Straße wurde wieder flacher, als sie das Motel erreichten. Es bestand aus einer Ansammlung von Hütten, die, abgesehen von einer größeren auf der rechten und einer weiteren

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