Das Mozart-Mysterium
stand, als zweite und so weiter.
Es war verblüffend! Der fünfte Finger kam gar nicht vor, nur der erste bis vierte. Ich ordnete die Buchstaben, das Ergebnis war erstaunlich. Spielte Mizler uns einen Streich? Die Buchstaben ergaben in der neuen Reihenfolge einen altbekannten Namen, zugleich (wie Mozart schon früher sagte) der Name eines Mitgliedes der Societät: BACH! Ich musste nun noch die weiteren Abschnitte des Musikstückes untersuchen, denn die Komposition war in verschiedene Teile gegliedert, von denen genau zwei Abschnitte Fingerzahlen aufwiesen. Für den zweiten Abschnitt ergab es genau fünf Noten, die ich wieder nach den Zahlen, die darüber standen, anordnete, insgesamt hatte ich nun zwei sinnvolle Worte gefunden:
BACH, ASCHE.
Auffällig war jedoch, dass die ersten vier Zahlen, die BACH ergaben, mit Rötel notiert waren und eine andere Handschrift aufzuweisen schienen als die restlichen Fingerzahlen. Da aber alle Zahlen sinnvolle Worte darstellten, mussten alle Teil unserer Rätselsuche sein. Vermutlich war also nachträglich das erste Wort ergänzt worden, um uns die Suche zu erleichtern, denn durch das verborgene Wort BACH musste es jedem Musiker sofort klar sein, dass er auf der richtigen Spur war und diese roten Zahlen die Lösung ergeben würden.
Mozart entschied, dass wir zurück in seine eigenen Räume ziehen würden, da ab heute das Haus wieder bezogen werden konnte. Es war für mich ein schwerer Abschied, obgleich ich meine liebe Therese jederzeit treffen konnte, wenn ich wollte. Auch waren die letzten Tage und Nächte so voller Abenteuer und Anstrengungen gewesen, dass ich trotz der räumlichen Nähe nahezu keine Möglichkeit gehabt hatte, Zeit allein mit Therese zu verbringen.
Wir packten unsere sieben Sachen zusammen und ließen eine Notiz an Mozarts Adlatus senden, damit er uns mit dessen Kutsche abholte. Es dauerte keine halbe Stunde, bis er eintraf. Wir verabschiedeten uns mit dem Versprechen, morgen wieder ein Treffen zu dritt abzuhalten, um Therese unsere Fortschritte zu berichten. Mozart bestand allerdings darauf, Therese Ruhe zu gönnen und weniger mit unserer Jagd nach den Verstecken zu belästigen. Zumal wir nicht abschätzbaren Gefahren ausgesetzt waren, seit die Illuminaten uns den Kampf angesagt hatten.
Es kam uns vor, als ob wir die Wohnung nur für ein paar Stunden verlassen hätten und nicht für mehrere Tage.
Anstatt es uns gemütlich zu machen, packten wir sogleich Papier und Stifte sowie allerhand kleine Utensilien ein und machten uns auf den Weg zur Dreifaltigkeitskirche. Das Wetter meinte es gut mit uns und die Sonne strahlte aus einem tiefblauen Herbsthimmel auf uns herab. Die Kutschfahrt war nur kurz, denn die Dreifaltigkeitskirche war nicht weit entfernt und auf unserer Seite der Salzach gelegen.
Als wir den kleinen Platz vor der Kirche erreicht hatten, ergriff mich sogleich Erstaunen ob dieses beeindruckenden Bauwerkes. Wie Mozart mir erzählte, war sie nach dem Vorbild der römischen Kirche Sant’Agnese des Architekten Borronini erbaut worden. Das Äußere dieses großen Gebäudes bestand aus einer konkaven Front mit zwei seitlichen Türmen und einem Komplex mehrerer zugehöriger Gebäudeteile, die seitlich an das Hauptgebäude angrenzten. Wir stellten die Kutsche direkt vor der Kirche ab, denn es waren mehrere Holzgerüste zum Anbinden von Pferden vorhanden, wohl für die Kutschen und Pferde wohlhabender Kirchgänger.
Gleich nach dem Eintreten durch das große, schwere Holzportal strömte uns feuchte Kühle entgegen, die ein Ergebnis der dicken, isolierenden Steinmauern war, und mir einen kalten Schauer den Rücken hinablaufen ließ. Als wohltuend empfand ich den Kontrast der plötzlichen Stille zum lauten Stadtgetümmel draußen. Wie in nahezu allen Salzburger Kirchen, so war auch hier der Innenraum reich und kostbar ausgestattet. Zahlreiche Altäre verteilten sich in Chor und Seitenkapellen. Der Reichtum Salzburgs und seiner Bischöfe war ein Glück für die Kunst gewesen. Die wichtigsten Kulturdenkmäler im Stil des Barock befanden sich hier allesamt in Kirchen und Klöstern.
Mozart brachte uns die Rätselworte des achten Rätsels in Erinnerung: »Wir suchen nach einem Bach und nach Asche. Vielleicht auch in einem übertragenen Sinne.«
Nach meiner Meinung musste es sich um ein weiteres Notenheft handeln, in dem ein Werk Bachs notiert war, wohl ebenfalls ein Choral, dessen Text oder Inhalt mit Asche zu tun hatte. Also hielt ich vor allem Ausschau
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