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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Bandlinger stieß.

    Landeskriminalamt München
    Sonderkommission Theresienwiese

    Vernehmung eines Zeugen
    Es erscheint auf Vorladung
    Bandlinger, Monika
    geb. am 12. November 1962
    Wohnhaft München, Sedanstraße 11
    ausgewiesen durch den Personalausweis
Nr. 3250947609
    Frage: Wo waren Sie zum Zeitpunkt der Explosion?
    Antwort: Ich stand mit einer Freundin am Ausgang, auf dem Weg zum Bavariaring. Wie alle anderen liefen wir nach der Explosion in diese Richtung.
    Frage: Was sahen Sie, als Sie am Tatort eintrafen?
    Antwort: Ich weiß noch, dass meine Freundin sagte: Was liegt denn da? Ich dachte erst, es sei Abfall. Aber dann bemerkten wir, dass es ein Toter war. Meiner Freundin wurde ganz schlecht. Sie wandte sich ab.

    Der Lage nach muss es sich um den zerrissenen Leichnam von Gundolf Köhler gehandelt haben, dachte Dengler. Ein schlimmer Anblick.

    Und da waren zwei Männer: ein älterer, cirka 35 Jahre alt, und ein jüngerer, der war 25, 26, groß, hatte blonde, kurze Haare, und hat immer wieder geschrien: ›Ich wollt’s nicht! Ich kann nichts dafür! Bringt mich um! Ich kann nichts dafür! – Ich wollt’s nicht.‹

    Dengler schlug den Abschlussbericht der SoKo auf. Kein Wort über diese Zeugin. Warum nicht? Ihre Aussage war doch ein weiterer Hinweis, dass es sich bei Gundolf Köhler nicht um einen Einzeltäter gehandelt haben konnte.
    Vielleicht, so dachte er, hatte dieser Unbekannte die Bombe gezündet. Zu früh gezündet. Deshalb der Ruf: Ich wollt’s nicht.
    Je mehr er sich mit den Hintergründen des Bombenattentats auf das Münchener Oktoberfest befasste, desto mehr Fragen tauchten auf.
    Er musste nach dieser Zeugin suchen.
    Er sah auf die Uhr. Es war bereits kurz nach sieben. Er musste sich beeilen. Sein Zug nach München ging in vierzig Minuten.

    Es war merkwürdig, den Ausweis zu zücken und zu sagen: »Dengler, Bundeskriminalamt.« Es war so wie früher. Wieder öffneten sich alle Türen. Auch die des Kreisverwaltungsreferats in München.
    »Dengler, Bundeskriminalamt. Ich möchte den Leiter des Kreisverwaltungsreferats sprechen.«
    Der Mann an der Pforte warf nur einen kurzen Blick auf den Ausweis.
    »Einen Augenblick, bitte.«
    Ein kurzes Telefonat, ein ebenso kurzes »Bitte, ich bringe Sie hin«, und schon saß er dem Chef des Kreisverwaltungsreferates gegenüber, der in diesem Fall eine Frau war. Eine Frau, blond, etwa Mitte vierzig, mit einem Händedruck wie ein Arbeiter vom Tiefbau.
    »Grillinger«, stellte sie sich vor. »Beate Grillinger.«
    »Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte Dengler und rieb sich die rechte Hand.
    »Ich suche einen Mann«, sagte er.
    »Ich auch«, sagte die Frau und lachte, als sie Denglers verblüfftes Gesicht sah.
    Sie war eine kräftig gebaute blonde Frau, die man sich ebenso gut in einem Dirndl als Bedienung auf dem Oktoberfest vorstellen konnte, in jeder Hand vier Maß Bier. Tatsächlich trug sie aber ein dunkelblaues Kostüm und eine Perlenkette. Dengler gefiel ihr offener Blick und dass sie gern lachte.
    »Wen suchen’s denn?«, fragte sie und zog die Tastatur ihres Computers zu sich heran.
    »Ich suche einen Elmar Becker. 1980 hat er in der Schwanthalerstraße gewohnt. Danach verliert sich seine Spur.«
    Er schob ihr einen Zettel hinüber, auf der er die Daten des Mannes aus den Vernehmungsakten abgeschrieben hatte.
    »Aha.« Die Frau tippte den Namen und das Geburtsdatum in atemberaubender Geschwindigkeit in den Rechner. Es sah aus, als würden ihre Finger in kleinen Wirbeln über die Tastatur tanzen.
    »Das haben wir gleich«, sagte sie und lachte. »Wir kennen hier jeden.«
    Plötzlich wurde ihr Gesicht ernst.
    »Oh«, sagte sie. »Der lebt nicht mehr. Gestorben 1982. Am 3. Mai 1982.«
    Zwei Jahre nach dem Attentat.
    »Wissen Sie, ob er in einem Krankenhaus oder zu Hause gestorben ist? War er krank?«
    »Also hören Sie: Alles wissen wir nicht.«
    »Können Sie mir bitte die letzten gemeldeten Wohnorte ausdrucken?«
    »Sicher doch.«
    Kurz danach ratterte der Drucker.
    »Würden Sie bitte auch nach einer gewissen Monika Bandlinger schauen. Ihr Aufenthalt 1980 war … Moment, hier bitte.«
    Dengler gab ihr die Daten der Zeugin.
    »Das hamma gleich.«
    Dengler bewunderte das Stakkato ihrer kräftigen Finger auf den Tasten.
    »Da ist sie ja«, sagte Beate Grillinger. »Aber – suchen Sie nur Tote, Herr Dengler? Interessieren Sie sich nicht für die Lebenden?«

Münchener Ermittlungen
    Dengler ließ sich mit dem Taxi bis zum Stachus fahren. Er ging auf der

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