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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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trauen.
    »Hauptsache aber, wir kommen pünktlich los.«
    »Dann geh ich mal nach oben und zieh mich um.«
    Unsicher ging sie zur Tür.
    Sie drehte sich noch einmal um und sagte: »Also o. k. Bin gleich wieder da.«
    Ihr Liebesleben hatte in der letzten Zeit etwas gelitten. Das war wahr. Dengler hatte einige Aufträge für eine große Versicherung übernommen und oft bis tief in die Nacht an den Fällen gearbeitet. Wenn er dann spät nach Hause gekommen war, hatte er meist gleich seine Wohnung aufgesucht und sich nicht mehr bei Olga gemeldet, die einen Stock höher wohnte. Er war einfach viel zu müde gewesen.
    Aber lag es wirklich daran, dass er zu viel arbeitete? Plötzlich merkte er, dass er in Zeitungen Artikel mit guten Ratschlägen und Titeln wie »Lässt die Lust im Alter nach?« und »Wie Partnerschaft gelingt – Spielregeln der Liebe« las, und er merkte, dass die Buchhandlungen überquollen von Titeln wie »Lob des Sexismus: Frauen verstehen, verführen und behalten« oder »Der perfekte Liebhaber: Sextechniken, die sie verrückt machen«.
    Sollte es normal sein, dass das Begehren wich, wenn man einige Zeit zusammen war? Dieser Gedanke war nicht gerade beruhigend. Olga und er waren doch das ideale Paar, alle ihre Freunde sagten das. Und sie selbst fanden es auch.
    »Wie gefalle ich dir?«
    Plötzlich stand sie an der Tür.
    Sie sah hinreißend aus. Kurzer schwarzer Rock, eine blaue Bluse, die ihre Kurven betonte, indem sie sie nur andeutete.
    Sie zog den Rock ein kleines Stück nach oben. Schwarze Strumpfbänder wurden sichtbar.
    »Mehr ist da nicht drunter«, sagte sie.
    »Mehr ist da nicht drunter?«, fragte er.
    Sein Mund wurde trocken.
    Sie sah auf die Uhr.
    »Los! Wir kommen zu spät.«
    Er stand auf, und einige Minuten später verließen sie das Haus. Untergehakt gingen sie die Wagnerstraße hinunter, rechts an der Kanalstraße vorbei, überquerten erst die Charlottenstraße, dann die Konrad-Adenauer-Straße und liefen durch den Park.
    Sie kamen schließlich an der Oper vorbei und gingen auf das Gebäude des Stuttgarter Schauspiels zu. Das Foyer war erleuchtet. Man sah die Besucher mit ihren Sektgläsern und Programmheften bereits aus der Ferne. An der Außenwand war auf grünem Grund hell erleuchtet ein Schild angebracht.
    Premiere: Partnertausch. Das neue Stück von Doris Dörrie.
    Olga blieb stehen, las es und lachte laut auf.
    »Da hast du mich aber an der Nase herumgeführt.«
    Dengler wollte auch lachen, aber es kam nur ein kratziges Geräusch aus seiner Kehle, das eher wie ein Husten klang. Beinahe hätten sie das letzte Klingeln versäumt.
    Sie verbrachten einen aufregenden Abend, aber immer noch fragte sich Dengler, was gewesen wäre, wenn er Olga nicht ins Theater geführt hätte, sondern …
    Auch in dieser Nacht schliefen sie nicht miteinander.

München. Elmar Becker
    Der Brunello hinterließ keine Kopfschmerzen. Noch in der Nacht, kurz bevor er ins Bett ging, hatte er zwei Aspirin in einem Glas Wasser aufgelöst und getrunken. Ein alter Trick von ihm, noch aus BKA-Zeiten erprobt.
    Am Morgen war ihm das Aufstehen trotzdem schwergefallen. Er hatte wieder den alten Traum geträumt, den schrecklichen Traum, den Traum, der ihm damals klargemacht hatte, dass er das BKA verlassen musste. Er lag gefesselt auf einer Pritsche in einer Zelle, die seinem alten Fahnder-Büro verdächtig ähnlich sah. Gleißendes Licht blendete. Auf der Tür saß eine riesige Fledermaus und sah ihm zu. Er versuchte sich zu bewegen, aber die Fesseln ließen es nicht zu. Dann wurde die Tür aufgestoßen, und die gesamte Führungsriege des BKA trat ein.
    »Dengler, Sie haben heute noch nicht gelogen!«, schrie der Präsident.
    »Dengler, Sie haben heute noch nicht gelogen!«, schrie der Abteilungsleiter.
    »Dengler, Sie haben heute noch nicht gelogen!«, riefen sie im Chor und tanzten um die Pritsche.
    Schweißgebadet wachte er auf und brauchte einige Minuten, bis er begriff, dass er kein Zielfahnder mehr war.
    Dengler sah auf die Uhr. Fünf Uhr am Morgen, seine übliche Zeit für Albträume. Er stand auf und ging ins Bad.
    Kurze Zeit später saß er an seinem Schreibtisch. Willkürlich zog er eine der Mappen mit den Zeugenaussagen heraus. Er blätterte sie langsam durch, überflog den Text und las hin und wieder einige Passagen.
    Überall Blut, Schmerz, Leid. Aus all diesen Aussagen klang der Schrecken eines hinterhältigen Anschlags. Er las eine Stunde in den Dokumenten des Grauens, bis er auf die Aussage der Monika

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