Das München-Komplott
schreibt?«
»Gefährliche Fragen, Dengler.«
»Waren Sie damals schon beim BKA?«
»Ja.«
»Hat das BKA damals ermittelt?«
»Nein.«
»Nein?«
»Nein, Dengler. Und da fangen die Merkwürdigkeiten auch schon an.«
»Erzählen Sie mir davon?«
»Es ist vielleicht nicht klug, das alles am Telefon zu besprechen.«
»Herr Dr. Schweikert, ich bitte Sie. Wir sind unbescholtene Bürger. Wir sind ehemalige Polizisten. Wir werden nicht überwacht. Kein Richter würde einen Lauschangriff gegen Sie oder mich unterschreiben.«
»Sie sind immer noch wie früher, Dengler. Immer noch voller guten Absichten.«
»So wie Sie das sagen, klingt das eher wie: ein bisschen naiv.«
»Sehr naiv.«
»Warum war das BKA an den Ermittlungen nicht beteiligt?«
»Das bayerische Landeskriminalamt lehnte es ab. Er waren sogar einige Beamte vor Ort damals. In einer anderen Sache. Wir hatten so um die zwanzig Mann in München. Die boten sofort ihre Unterstützung an. Sie wurde nicht angenommen.«
»Das kann ich kaum glauben.«
»Sag ich doch, ein bisschen naiv.«
»Und weiter.«
»Später zog der Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich. Wegen Verdacht auf terroristischen Hintergrund. Damit fiel es in seine Zuständigkeit. Und Rebmann, er war damals der Generalbundesanwalt, wollte dann das BKA mit den Ermittlungen beauftragen. Da liefen die Münchener Sturm. Ein Kompetenzstreit. Wurde mit harten Bandagen ausgetragen.«
»Wie hart?«
»Bis zur Einmischung höchster politischer Stellen.«
»Sehr hart also.«
»Sehr hart.«
»Und wie ging es aus?«
»Die Münchener ermittelten weiter.«
»Das heißt …«
»Der Generalbundesanwalt konnte auf keine anderen Ergebnisse zurückgreifen als auf die, die das Münchener LKA zur Verfügung stellte.«
»Ich kenne die Akten. Sie haben einige Spuren einfach nicht verfolgt.«
»Es ist lange her, Dengler.«
»Aber die Opfer gibt es noch, Herr Dr. Schweikert.«
»Da haben Sie recht, Dengler. Die Opfer … Es war verheerend. Fürchterlich. Ein Angriff auf völlig unschuldige, überraschte, willkürlich ausgesuchte Personen. Abscheulich.«
»Aber warum? Ich sehe keinen Sinn in diesem Anschlag.«
Dr. Schweikert schwieg.
»Herr Dr. Schweikert. Sehen Sie einen Sinn? Ein Motiv? Sie haben mir doch beigebracht: Keine Tat ohne Motiv. Ich sehe keins.«
»Ich gebe Ihnen einen Tipp, Dengler. Suchen Sie das Field Manual 30–31.«
»Das was?«
»Das Field Manual 30–31. Ich habe es gesucht und noch einige Polizisten mehr. Wir haben es nicht gefunden.«
»Was zum Teufel ist ein Field Manual?«
»Es ist ein Dokument der amerikanischen Armee und nur für Offiziere bestimmt. Es sind Feld-Handbücher. Anleitungen, wie man Kriege führt. Die Nummerierung besagt, um welche Themengebiete es sich handelt. Die Nummer 30 ist für die militärischen Geheimdienste bestimmt, die Nummer 31 behandelt ›Sonderoperationen‹. Dieses Dokument würde Ihnen wahrscheinlich ein Motiv liefern. Aber wir haben es damals nicht gefunden.«
»Was hat die amerikanische Armee mit dem Attentat auf das Münchener Oktoberfest zu tun? Der mutmaßliche Täter war Deutscher, ein Neonazi, würde man heute sagen.«
»Suchen Sie das Field Manual, Dengler, wenn Sie ein Motiv suchen. Mehr kann ich nicht dazu sagen.«
»Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Können Sie mir …«
Doch Dr. Schweikert hatte schon aufgelegt.
Abhörprotokoll
von: Edgar Fiedler, ITZ
an: Hans Leitner, Leiter Task Force Berlin 1
14.03 Uhr tel. Kontakt des Dengler, Georg, mit Dr. Joachim Schweikert, Freiburg. Dr. Schweikert war sein früherer Ausbilder und späterer Vorgesetzter im BKA. Inhalt: Attentat auf das Münchener Oktoberfest. Offenbar der neue Fall des Privatermittlers Dengler, Georg. Dr. Schweikert rät ihm, das Field Manual 30–31 zu uchen, offenbar ein Geheimdienstdokument der US-Army.
Mitschrift des Telefonats folgt.
Die Liebe und der Krimi
Irritiert legte Dengler auf.
Wie alt Dr. Schweikert wohl mittlerweile war? Die Auskunft, die er von ihm erhalten hatte, war verwirrend, und vielleicht war sein ehemaliger Chef selbst verwirrt.
Er würde nicht nach einem Militärhandbuch suchen.
Er würde erst recht nicht nach einem Militärhandbuch suchen, das Dr. Schweikert nicht gefunden hatte.
Er ist der beste Polizist, den ich kenne, dachte Dengler, und wenn Dr. Schweikert etwas nicht findet, dann gibt es das nicht.
Dengler merkte, wie sich seine Stirn in Falten zog und sich sein Herzschlag beschleunigte. Plötzlich hatte er das Gefühl,
Weitere Kostenlose Bücher