Das München-Komplott
absetzen zu können.
Vielleicht hatte er sich doch getäuscht.
Er hatte Dengler gleich erkannt. Der Privatermittler saß mit einigen Freunden an einem langen Tisch, und der auffällig kahlköpfige Kellner brachte eine Weinflasche nach der anderen. Es waren vier Männer, und später setzte sich eine gut aussehende Frau, die er auf Mitte dreißig schätzte, mit an den Tisch.
Soweit er das mitbekam, redeten sie über Belanglosigkeiten, später über den geplatzten Porsche-Deal und die Absatzkrise bei Mercedes. Dann standen drei der Burschen mit ihren Gläsern auf und gingen an die Theke. Am Tisch blieben die Frau und einer der Kerle sitzen. Sie unterhielten sich angeregt.
Alles sah sehr harmlos aus.
Vielleicht hatte die Kleine tatsächlich recht, und man konnte diese Operation einstellen.
»Kein Wort über meine Arbeit«, hatte Dengler sich an diesem Abend erbeten. Und alle hielten sich daran. Leo erzählte von seinem Tag in der Wirtschaftsredaktion. Dauernd gingen neue Schreckensmeldungen von Porsche ein. Neue Schulden, Absatzrückgang auf allen Märkten. Er erzählte von einer Reise, die er einmal auf Einladung des Konzerns unternommen hatte.
»Das muss man sich mal vorstellen. Da sitzen eine Handvoll Vorstandsleute. Jeder verdient im Jahr ein paar Millionen. Sie sitzen an einem Tisch, wir Journalisten auf den Stühlen im Hintergrund. Es ist heiß. Aber erst, wenn der Vorstandschef sein Jackett auszieht, wagen die anderen das auch.«
Plötzlich schwiegen alle.
Betty Gerlach stand am Tisch.
»Darf ich mich setzen?«
»Ja, sicher«, sagte Mario.
»Setz dich«, sagte Leopold Harder.
»Oder hast du was dagegen, Martin?«, fragte Dengler leise, was ihm einen Tritt unter dem Tisch einbrachte.
Betty Gerlach setzte sich und zog eine Zeitungsseite aus ihrer Tasche.
»Also, das ist der Hammer«, sagte sie.
Alle starrten sie fragend an.
»Hört euch mal mein neustes Horoskop an?«
»O Gott«, sagte Mario.
»Da bin ich aber echt gespannt«, sagte Leo.
»Ich lese mal vor: ›Du bist auf dem richtigen Weg und am richtigen Ort. Aber für dich hat das Schicksal nicht die lauten Menschen vorgesehen. Schaue nach dem Stillen.‹«
Alle Blicke wandten sich Martin Klein zu.
»Du bist es, Martin, nicht?«, sagte Betty.
»Ja, ganz offensichtlich«, sagte Mario.
»Die Weisheit dieses Horoskops ist unergründlich«, sagte Leopold Harder.
Dengler schwieg. Die drei kamen sich auf einmal überflüssig vor.
»Ich meine, das ist schwierig für mich, weil du noch nie ein Wort zu mir gesagt hast. Du hältst mich wahrscheinlich für eine blöde esoterische Kuh. Du bist sicher viel lieber mit deinen Kumpels zusammen, und du denkst, ich störe hier nur am Tisch.«
Martin Klein stieß ein dumpfes Geräusch aus, das wie einGrunzen klang. Dengler sah zu seinem Freund hinüber. Klein saß verlegen da, der Kopf rot bis zu den Ohren.
»Da musst du dich tatsächlich ein bisschen anstrengen«, sagte Georg zu Betty. »Lass deinen Charme spielen. Ich glaube, du könntest ihn überzeugen.«
Und zu Mario und Leopold gewandt: »Jungs, lasst uns an die Bar gehen …«
»Da muss ich mich wohl gewaltig anstrengen«, sagte Betty und wandte sich Martin Klein zu.
»Das glaube ich auch«, sagte Mario schmunzelnd, nahm sein Glas und ging zur Bar.
Bericht Betty Gerlach
Bericht
Einsatzort: Basta, Stuttgart
Ich betrat, wie verabredet, gegen 21.20 Uhr das Lokal Basta . An dem langen Tisch im vorderen Raum saßen der Privatermittler Georg Dengler, der Künstler Mario, der Horoskopverfasser Martin Klein und der Journalist Leopold Harder. Ich setzte mich zu ihnen und legte das Horoskop auf den Tisch. Ich tat so, als habe ich durch das Horoskop entdeckt, dass Martin Klein mein Mann fürs Leben sei.
Klein reagierte wie erwartet. Als Berlinerin würde ich sagen: Den hab ick ma verliebt gemacht.
Zweimal machte er den Versuch, sich zu offenbaren und mir zu gestehen, dass er die Horoskope geschrieben habe. Jedes Mal gelang es mir, dies durch einen Themenwechsel zu verhindern. Es dauerte eine Weile, bis ich ihn durch ein paar Fragen aufgelockert hatte,aber dann hatten wir tatsächlich noch ein interessantes Gespräch über das Stuttgarter Schauspiel. Klein geht zu jeder Premiere. Ich auch. Aber wir haben uns noch nie gesehen. Weder bei den Aufführungen mit Harald Schmidt noch bei den Stücken von Volker Lösch, die wir beide am besten finden.
Ich glaube, dass ich jetzt Zugang zu der Gruppe um den Privatermittler Georg Dengler habe und einen
Weitere Kostenlose Bücher