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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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aufgegeben hat? Nun gibt es nur noch Männer- oder Frauen-Einheiten.«
    Leitner schwieg. Er kannte den Präsidenten und dessen Vorliebe für umständliche Erklärungen. Genervt wischte Leitner die Handflächen an der Hose ab.
    Der Präsident fuhr fort: »In Gefechtssituationen waren diese Einheiten nicht mehr zu kommandieren. Sobald eine Soldatin verletzt oder in Gefahr war, riskierten die männlichen Soldaten alles, um sie zu retten. Sie hörten dann auch auf kein Kommando mehr. Leben und Gesundheit oder Freiheit der Soldatin ging dann vor dem Befehl. Esherrschte Anarchie. Selbst die schwersten Strafen änderten nichts.« Der Präsident lehnte sich zurück.
    »Deshalb wurden diese gemischten Kompanien wieder aufgelöst«, sagte er.
    Leitner wusste nicht, worauf der Präsident hinauswollte, also schwieg er.
    »Dieser Typus – diese aufrechten Polizisten sind genauso schlimm. Wenn sie bei jedem Einsatz erst ihr Gewissen befragen oder die Dienstvorschrift lesen, sind Polizeieinheiten nicht mehr zu steuern. Man gibt einen Befehl und weiß nicht, was dann passiert.«
    Leitner schwieg weiter.
    »Man müsste diese Sorte komplett aus dem Polizeidienst entfernen. Bilden sich was darauf ein, dass es ihnen immer um die Sache geht. Dieser Typ von Bullen, Hans, ist die Pest. Wenn die glauben, irgendetwas oder irgendjemand würde der Sache nicht dienen, dann werden sie unruhig und reißen das Maul auf. Auf ihr Gewissen scheiße ich. Solche Typen kann man nicht führen. Bei jeder Anweisung, jedem Befehl prüfen die erst, ob es der Sache dient und ob sie in ihrem sensiblen Gewissen nicht verletzt werden. Mir sind die Polizisten lieber, die machen, was man ihnen sagt, ohne viel zu fragen, und wenn es sein muss, auch ohne viel zu denken. Besser korrupt, in Maßen natürlich, als – aufrichtig. Das sind echt die Schlimmsten, Hans.«
    Leitner wollte das Gespräch wieder in praktische Bahnen lenken.
    »Verstehe, aber wir müssten zunächst wissen, was die Kleine weiß«, sagte er.
    »Vielleicht pokert sie nur?«
    »Vielleicht.«
    »Dann versetzen wir sie an irgendeine Botschaft.«
    »Sie könnte meine Stellvertreterin werden. Dann haben wir sie im Auge.«
    »Gute Idee.«
    Der Präsident griff zum Hörer. Leitner goss sich noch eine Tasse Kaffee ein. Er hörte dem Gespräch des Präsidenten mit Gisela Kleine nicht zu. Er dachte daran, dass er heute Abend mit dem Zug nach Mülheim fahren würde, um sein neues Wohnmobil abzuholen. In wenigen Wochen würden seine Frau und er zu ihrer lang ersehnten Reise nach Portugal aufbrechen. Dort würden sie überwintern. Im nächsten Jahr würden sie ans Nordkap fahren. Seine Frau wollte unbedingt auch nach Griechenland.
    Bald, dachte er, bald habe ich das alles hinter mir. Nur diese Sache noch.
    Der Präsident legte den Hörer auf.
    »Sie ist einverstanden. Hans, du hast eine neue Assistentin.«
    »Und die Information?«
    »Interessant. Die Schmoltke hat ein Verhältnis mit einem unserer Kunden. Einem jungen Mann vom Antimilitaristischen Informationsdienst in Tübingen. Sie schickt dir sofort eine Mail mit den Details.«
    »Das ist interessant.«
    »Sag ich doch.«
    »Dann zwingen wir die verehrte Frau Staatssekretärin doch dazu, endlich Ruhe zu geben.«
    »Genau. Frisch ans Werk.«
    Leitner stand auf.
    Nur noch ein paar Wochen, dachte er, nur noch ein paar verdammte Wochen.

Komm nach Berlin
    Dengler hielt Kleins Hand.
    »Betty hat mich sofort angerufen. Ich erwische die Kerle, die dir das angetan haben. Ich verspreche es. Hast du mich verstanden?«
    Klein sah ihn und senkte die Augenlider zweimal. Sprechen konnte er nicht. Sein Kopf war bandagiert. Neben dem Kieferbruch hatte er eine schwere Gehirnerschütterung, drei Rippenbrüche sowie Quetschungen und Prellungen am ganzen Körper. Die Ärzte hatten ihm ein starkes Schmerzmittel verabreicht.
    Betty saß auf dem Stuhl neben ihm. Sie war kalkweiß im Gesicht, Tränen hatten ihre Wimperntusche verschmiert. Schwarze Schlieren zogen sich über ihre Wangen bis zum Mund.
    Dengler nahm sie an der Hand und zog sie hinaus auf den Flur.
    »Wie ist das geschehen?«
    »Sie wollten dich, nicht Martin«, sagte Betty.
    Erneut schossen ihr Tränen in die Augen.
    »Mich?«
    »Es waren drei Männer. Einer sagte deinen Namen. Als Martin darauf reagierte, schlugen sie zu. Einer hielt mich fest, die beiden anderen …«
    Sie schluchzte.
    »Kannst du die beiden Männer beschreiben?«
    Sie nickte.
    »Sie waren groß und dunkel. Schwarz gekleidet.«
    Dengler zog sein

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