Das München-Komplott
vorzuschlagen.
Verheiratet ist sie auch noch. Darüber würde seine Mutter nicht sehr glücklich sein. Was hätte Vater gedacht?
Er duschte und zog sich an.
Draußen schien die Sonne. Der Sommer war endlich da. Am Abend würde er Charlotte lieben. Pfeifend machte er sich auf den Weg zum Bahnhof.
Normalerweise mied er die Unterführung am Bahnhof. Doch heute stand da ein Typ und winkte ihm zu.
»Hey, du bist doch der Jan, oder? Ich muss dir was sagen.«
Komischer Typ, dachte er. Wirkte eher wie ein Rechter. War bestimmt auch schon dreißig.
Seine Neugier überwog. Er ging den Weg hinunter zur Unterführung.
»Moment«, sagte der Typ und wartete, bis einige Studenten die Unterführung verlassen hatten.
»Was gibt’s? Ich muss auf den Zug«, sagte Jan.
»Ich soll dir was ausrichten. Vom nationalen Widerstand.«
»Wie bist du denn drauf?«
»Richte deiner adligen Fotzenschlampe aus, sie soll ihre Finger vom nationalen Widerstand lassen, sonst geht’s ihr schlimmer als dir.«
Ein Schlag traf ihn in den Rücken, der ihn umwarf.
Zwei Männer, die er nicht bemerkt hatte, waren hinter ihn getreten.
Er wollte schnell aufstehen und fliehen.
Da traf ihn ein Tritt ins Gesicht.
Und noch einer.
Er verlor das Bewusstsein.
Später fanden ihn einige Passanten und alarmierten den Notarzt, der ihn sofort in die Uniklinik brachte.
Kurz danach wurde er operiert.
Zweiter Tag in der Stasi-Unterlagenbehörde
Am Morgen rief Dengler noch vom Hotel aus Betty an. Martin Klein ging es unverändert schlecht. Er konnte noch immer nicht sprechen und wurde weiterhin künstlich ernährt.
»Es ist so furchtbar«, sagte sie und weinte.
Um neun Uhr saßen er und Jürgen Engel wieder über den Akten.
Um elf schrie Engel auf.
»Georg, hier sind Lagepläne. Pläne mit Waffendepots der Neonazis.«
In den Akten lagen Karten. Auf ihnen hatte die Stasi sorgsam Waffenverstecke eingetragen.
»Ich muss jetzt den Chef anrufen«, sagte Engel.
»Warte noch«, sagte Dengler. »Die nehmen uns das Material weg. Lass uns noch bis zum Abend suchen.«
»Dann bin ich meinen Job los«, sagte Engel und wählte.
40 Minuten später betraten zwanzig Beamte einer Einsatzgruppe des BKA die Behörde. Sie verschloss und versiegelte den Raum und stellte zwei bewaffnete Wachen vor die Tür.
»Immerhin ist das Material nun sicher«, sagte Engel.
»Ich hoffe es«, sagte Dengler.
Charlotte sucht Jan
Charlotte wartete vergebens auf Jan. Sie hatte eine große Seeforelle gekocht, zwei Flaschen Weißwein vom Weingut Dr. Heger kalt gestellt – aber Jan erschien nicht. Sie versuchte es auf Jans Handy, doch sofort sprang die Mailbox an.
Sie war beunruhigt. Dass er die Verabredung nicht absagte, sondern gar nicht erschien, das passte nicht in das Bild, das sie von ihm hatte. Hatte sie sich getäuscht? Sie wurde ärgerlich. Ein freier Nachmittag und ein freier Abend hatten für sie Seltenheitswert. Warum ging Jan so achtlos mit ihrer knapp bemessenen freien Zeit um?
Der Präsident des Bundeskriminalamtes rief sie an. Es sei ein Erfolg zu berichten. Der eingesetzte Stuttgarter Privatdetektiv habe zahlreiche Waffenlager der rechtsextremistischen Szene aufgedeckt.
»Rechtsterroristisch muss man es wohl nennen«, sagte er. Noch am Abend würden Kräfte des BKA und einiger Landeskriminalämter zuschlagen.
Charlotte von Schmoltke rief sofort danach im Lagezentrum an und bat darum, dass sie sofort die Einzelmeldungen zur Inneren Sicherheit erhielt. Sie schaltete ihren Rechner an und rief die Nachrichten ab. Der Sicherheitsbericht des Tages ging kurz danach ein.
Sie las:
Tübingen 11.30 Uhr
Drei unbekannte, wahrscheinlich rechtsextremistische Täter schlugen am Vormittag den Leiter des Antimilitaristischen Informationsdienstes Jan Nauber zusammen. Nauber wurde von Passanten aufgefunden. Er liegt mit schweren Verletzungen in der Universitätsklinik Tübingen. Der Antimilitaristische Informationsdienst gilt als linksextrem und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Jan Nauber ist der Sohn desehemaligen Heeresinspekteurs Klaus Nauber, der im letzten Jahr wahrscheinlich aufgrund einer Verwechselung in New York erschossen wurde.
Sie griff zum Telefon und rief die Flugbereitschaft an.
»Ich muss nach Tübingen. Ja, dienstlich, natürlich. So schnell wie möglich. Einen Hubschrauber. Prima.«
Waffendepots
Es war ein merkwürdiges Gefühl, wieder in Wiesbaden zu sein, dachte Dengler. Er ging über die überdachte Verbindungsbrücke zwischen den beiden
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