Das München-Komplott
Mitarbeiter des BKA-Dauerdienstes dem Ermisch zur Kenntnis, dass BKA-Beamte, die in München bei der Bahnfahndung eingesetzt seien, den Ereignisort aufgesucht hatten. Angaben dieser Beamten zufolge sah es am Tatort aus wie nach einem »Bombenangriff«.
01.40 Uhr
Bis zu diesem Zeitpunkt waren 9 Tote und 67 Schwerverletzte festgestellt …
Denglers Gedanken glitten ab. Die Stasi bestätigte die Erzählung von Dr. Schweikert, nach der das Münchener LKA die Unterstützung des BKA abgelehnt hatte.
Außergewöhnlich, dachte er. Sie wollten sich nicht in die Karten blicken lassen. So als ob sie schon zu einem so frühen Zeitpunkt geplant hätten, die Ermittlungsergebnisse zu manipulieren.
Er blätterte weiter, wusste nicht genau, was er suchte, und blieb an einem weiteren Bericht hängen. Er las und pfiff durch die Zähne.
»Jürgen, ich glaube es nicht! Die Stasi berichtet hier über eine Operation des Verfassungsschutzes am Tag des Attentats. Offensichtlich hat der Verfassungsschutz am gleichen Tag umfangreiche eigene Kräfte eingesetzt. Als hätten sie es gewusst.«
Jürgen Engel stand auf und kam zu Denglers Tisch herüber. Beide beugten sich über ein Dokument.
Aktivitäten des Verfassungs-
schutzes im Zusammenhang mit
dem Anschlag auf das Münchener
Oktoberfest Streng vertraulich
Information G/5585/29/09/1980
Nachträglich wurden Hinweise zu Observationshandlungen des westdeutschen Verfassungs-
schutzes im BRD-Land Bayern bekannt, die mit dem Sprengstoffanschlag auf das Münchener Oktoberfest im Zusammenhang stehen.
Wie hierzu erarbeitet wurde, begannen am 26. 09. 1980 ab ca. 00.15 Uhr Kräfte des westdeutschen Verfassungsschutzes unter Beteiligung des
Bayerischen Landesamtes für Verfassungs-
schutz (BLfV)
Landesamts für Verfassungsschutz (LfV)
Baden-Württemberg
und des
Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV)
Nordrhein-Westfalen
in
8524 Ermreuth
mit umfangreichen Observations- und Ermittlungshandlungen.
Verschiedene Anhaltspunkte deuten darauf hin, dass diese gegnerischen Maßnahmen mit dem am 26. 09. 1980 in
8000 München
erfolgten Sprengstoffanschlag auf das Münchener Oktoberfest in Zusammenhang stehen könnten.
Bemerkenswert erscheint, dass der Einsatz der gegnerischen Kräfte bereits mehrere Stunden vor dem Sprengstoffanschlag begann und bis zum gegenwärtigen Zeitraum in verschiedenen Räumen der BRD fortgesetzt wird.
Den operativen Ausgangsinformationen zufolge richteten sich die Aktivitäten des Gegners unter der Deckbezeichnung
»Aktion Wandervogel«
eindeutig gegen Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann.
An der Aktion Wandervogel beteiligten sich federführend die folgenden leitenden Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
Es folgte eine Liste von sieben Namen, die Dengler sorgfältig notierte.
»Erklär mir das, Georg. Wieso beschäftigt sich unserVerfassungsschutz Stunden vor dem Attentat mit der Wehrsportgruppe Hoffmann? An jenem Tag, an dem einer von ihr eine Bombe inmitten von Hunderten von unschuldigen Menschen zur Explosion bringt. Haben die die Bombe nach München eskortiert?«
»Zumindest haben sie davon gewusst. Sie haben von der Bombe gewusst.«
»Ich kann es mir nicht vorstellen, Georg. Die haben doch auch einen Eid auf die Verfassung … So wie wir.«
»Ich glaube, die sind nicht so wie wir.«
»Ich muss Dr. Schneider informieren.«
»Warte damit noch. Lass uns noch weitersuchen. Sonst nehmen sie uns diese Dokumente ab.«
Jürgen Engel zog eine digitale Kamera aus der Tasche und fotografierte die Berichte der Stasi.
Dann wandten sie sich wieder den Akten zu.
Tritt ins Gesicht
Jan schlief lange.
Am Abend war er auf einer Veranstaltung im Sudhaus gewesen. Heute wollte er nach Berlin fliegen. Charlotte hatte ihm einen Flug am Nachmittag reserviert. Das Ticket lag am Schalter auf dem Stuttgarter Flughafen. Er freute sich.
Er hatte sich verliebt.
Bis über beide Ohren, wie man so sagte.
Er hatte sich von seiner Freundin getrennt. Er habe jemand anderes kennengelernt, hatte er zu ihr gesagt. Er war sehr ruhig gewesen. Fast kühl. Sie schrie, wurde wütend und verließ seine Wohnung türenschlagend. Das war erst ein paar Tage her, aber er hatte sie fast schon vergessen. Nurhin und wieder schickte sie eine SMS, die er nicht beantwortete.
Er hatte nur Charlotte im Kopf.
Sollte er sie seiner Mutter vorstellen? Eine Frau, die fast doppelt so alt war wie er.
Na und, sagte er zu sich selbst, und beschloss, ihr einen Besuch daheim
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