Das München-Komplott
Hauptgebäuden, die die Kollegen früher immer »die Beamtenlaufbahn« genannt hatten.
Der Präsident war stolz. Er kam gerade von einer großen Pressekonferenz. Noch in der Nacht waren sechzehn unterirdische Waffenverstecke ausgehoben worden, vier allein in der Lüneburger Heide.
Das BKA fand Sprengstoff, dreihundert Maschinengewehre, 498 Maschinenpistolen vom Typ Uzi, alles aus Beständen der Bundeswehr, Schalldämpfer, kistenweise Munition. In einem Erddepot in Simmern wurden Waffen aus Kunststoff und Porzellan gefunden, die für Metalldetektoren und Durchleuchtungsapparate an Flughäfen unsichtbar waren, sowie mündungsfeuerfreie Spezialmunition. Überall waren einzelne Waffen entnommen, aber insgesamt war es ein riesiger Fund.
»Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte Dr. Schneider zu Dengler.
»Indem Sie meine Rechnung bald überweisen.«
»Ich wusste, dass ich das Richtige tat, als ich Sie beauftragte.«
Der Präsident schien begeisterter von seiner Weitsicht als von Denglers und Engels Leistung.
»Ich wusste es«, wiederholte er noch einmal.
»Es gibt noch ein paar offene Fragen. In den Depots sind moderne Waffen. Wo kommen die her? Die Stasi gibt es seit 1989 nicht mehr. Wurden danach weitere Depots angelegt, die noch nicht gefunden wurden? Hatte der Verfassungsschutz Kenntnis von dem Anschlag auf das Oktoberfest? Wer …«
Dr. Schneider unterbrach ihn.
»Ich weiß, ich weiß, wir werden da noch hinterherwischen. Wir haben eine Sonderkommission eingerichtet. Aber die Kleinarbeit soll Sie nicht mehr beschäftigen, Dengler. Fahren Sie in Urlaub. Sie haben es verdient.«
Noch nicht, dachte Dengler, ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen.
Martin Klein wurde von der Intensivstation auf eine normale Station verlegt. Er konnte noch immer nicht sprechen, aber seine Augen waren wieder glänzend. Betty saß an seinem Bett und reichte ihm gerade eine Schnabeltasse.
»Er kann noch immer nur flüssige Nahrung zu sich nehmen«, sagte sie.
»Ich freue mich, dass du dich so gut um ihn kümmerst.«
»Das ist doch das Mindeste, was ich tun kann.«
Betty erzählte, dass die Polizei bei ihr gewesen sei. Sie habe auf dem Präsidium Verbrecherfotos angeschaut, aber keinen der Typen wiedererkannt. »Dann habe ich mit einem Beamten zusammen ein Phantombild erstellt. Direkt am Computer.«
Dengler blieb fast zwei Stunden bei seinem Freund. Dann ging er.
Er rief auf dem Stuttgarter Polizeipräsidium an und sprach mit Kommissar Weber, den er von zwei früheren Fällen kannte. Weber versprach, ihm die Phantombilder per Mail zu schicken.
»Passen Sie auf sich auf«, sagte Weber. »Sie wissen, dass Klein nicht das eigentliche Ziel des Überfalls war. Und ich habe kein Personal, um Ihnen Polizeischutz zu gewähren.«
»Ich weiß.«
Er lief über den Kleinen Schlossplatz zum Charlottenplatz.
Als er die Zeitungen aus dem Briefkasten nahm, grummelte sein Handy. Eine SMS.
Mein s üßer Georg, in drei Tagen bin ich wieder bei dir. Ich freue mich sehr, sehr, sehr auf dich. Olga.
Endlich.
Sofort stiegen seine Laune und sein Blutdruck.
Er ging in die Küche, füllte die Caffettiera und warf den Herd an. Als der Kaffee fertig war, nahm er sich die Zeitung vor. »Schlag des BKA gegen Rechtsterrorismus«, lautete die Schlagzeile. Ein Kommentator warnte im Leitartikel davor, neben dem Islamismus die rechte Terrorszene nicht zu vergessen, sie habe den linken Terrorismus der Siebzigerjahre abgelöst.
Dengler schlug die Zeitung wieder zu.
Er dachte an den Bericht der Stasi. Stunden bevor die Bombe explodiert war, hatte der westdeutsche Geheimdienst Kräfte zusammengezogen.
Sie nannten es Operation Wandervogel.
Sie hatten die Wehrsportgruppe Hoffmann, aus der der Attentäter stammte, observiert.
Kann das ein Zufall gewesen sein?
Niemals.
Dengler war sich sicher.
Sie wussten von der Bombe.
Vielleicht haben sie sie sogar selbst gelegt.
Sein Gehirn sträubte sich gegen diesen Gedanken.
Kann es sein, dass staatliche Stellen, dass der Geheimdienst die Bombe auf das Münchener Oktoberfest selbst gelegt hat?
Oder waren es die Amerikaner gewesen?
In diesem Fall muss das US-Militär über Mittel verfügen, um Sonderaktionen in Gang zu setzen, die in der Lage sind, die Regierung des Gastlandes und die öffentliche Meinung von der Realität der revolutionären Gefahr und der Notwendigkeit von Gegenaktionen zu überzeugen.
So stand es in dem Field Manual.
War das Attentat auf das Münchener Oktoberfest eine
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